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Katalonien-Krise
Zeichen der Annährung zwischen Madrid und Barcelona

Die Positionen von Spaniens neuem Regierungschef Pedro Sánchez und dem ebenfalls katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra sind grundverschieden. Dennoch gibt es in Spanien mit diesen beiden Hoffnung auf eine Lösung der Katalonien-Krise. Torra, Nachfolger von Carles Puigdemont, ist bereit zum Dialog.

Von Marc Dugge | 04.06.2018
    Torra spricht in Mikrophone
    Quim Torra, Kataloniens Regionalpräsident, beschimpfte einst Spanier auf heftigste Weise, hat sich dafür mittlerweile entschuldigt (imago / Agencia EFE)
    Am Samstagmittag ist Sozialistenchef Pedro Sánchez zum neuen Ministerpräsidenten Spaniens vereidigt worden. Fast zeitgleich hat in Barcelona der neue katalanische Regionalpräsident Quim Torra seinem Kabinett den Amtseid abgenommen. Torra ist glühender Separatist, Sánchez ein vehementer Gegner der Abspaltungspläne. Trotzdem ruhen viele Hoffnungen auf den beiden, die verfahrene Lage zu verbessern. Zu Recht?
    Pedro Sánchez hat schon ziemlich deutlich gesagt, was er von dem Neuen in Katalonien hält. Und das war nicht sehr schmeichelhaft: "Herr Torra ist nicht mehr und nicht weniger als der Le Pen Spaniens. Daher soll Herr Torra wissen, dass die Sozialisten sich seinen Forderungen und seiner Politik entgegenstellen werden. Die Sozialdemokratie in diesem Land setzt sich dafür ein, dass alle Menschen gleiche Rechte und Freiheiten genießen."
    Quim Torra - ein zutiefst überzeugter Separatist
    Torra sei ein Rassist an der Spitze der katalanischen Regierung, so Sánchez Mitte Mai. Tatsächlich hat der Katalane wiederholt Spanier auf heftigste Weise beschimpft. Für einige seiner Äußerungen hat er mittlerweile um Entschuldigung gebeten. Nichtsdestotrotz: Quim Torra ist ein zutiefst überzeugter Separatist. Bei der Amtseinführung seines Kabinetts sagte er am Samstag: "Das Ziel ist, dass Mandat des 1. Oktobers zu erfüllen. Das heißt: Weiter in Richtung des Ziels eines unabhängigen Staates Katalonien fortzuschreiten, der die Staatsform einer Republik hat."
    Gleichzeitig zeigte sich Torra aber auch bereit für einen Dialog. Zwar ist er treuer Gefolgsmann von seinem Vorgänger, dem Hardliner Carles Puigdemont. In Torras neuem Kabinett ist allerdings niemand dabei, der als Separatist Probleme mit der spanischen Justiz hat. Das wird in Madrid als Zeichen der Entspannung gewertet. Und auch Sánchez gab sich vergangene Woche vor dem Misstrauensvotum versöhnlich: "Der Schlüssel, um die Katalonien-Krise zu lösen, hat viel damit zu tun, das Denken in Blöcken zu überwinden. Daher muss es darum gehen, Freiräume für Dialog und Übereinkünfte zu schaffen. Diese Freiräume müssen aber im Rahmen des Autonomiestatuts für Katalonien und der spanischen Verfassung stattfinden."
    "Anderer Zungenschlag"
    Das heißt konkret: Eine Unabhängigkeit kommt für ihn auf keinen Fall in Frage. So wie schon Rajoy wird auch Sánchez nur auf dem Boden der Verfassung agieren – und versuchen, sich in dieser Frage nicht aufs Glatteis führen lassen. Der Politologe Pablo Simón: "Es kann mit Sánchez zumindest einen anderen Zungenschlag, einen anderen Ton in der Auseinandersetzung geben. Vielleicht erleben wir auch eine symbolische Annäherung - wenngleich diese niemals die Verfassung verletzen wird. Das könnten die Separatisten als eine Geste des guten Willens verstehen, die rechtfertigt, dass sie sich offener und weniger radikal in ihren Forderungen geben."
    Eine solche Geste könnte beispielsweise sein, die katalanischen Politiker, die derzeit bei Madrid im Gefängnis sitzen, näher an ihre Heimat zu verlegen. Torra wird heute zu diesem Gefängnis reisen, um die Inhaftierten zu besuchen. Am Abend bat er Pedro Sánchez öffentlich um ein gemeinsames Treffen. Bei der Gelegenheit solle Sánchez offenlegen, was er in Sachen Katalonien zu tun gedenke, so Torra in einem Fernsehinterview. Er machte da schon mal deutlich, was er von Sánchez erwartet: Mehr als symbolische Gesten.