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Katalonien
Volksbefragung gegen den Willen der Regierung

Katalonien lässt nicht locker! In der spanischen Region haben bis zum Mittag bereits mehr als eine Millionen Wähler an einer Volksbefragung über die Unabhängigkeit teilgenommen. Dabei hatte das Oberste Gericht die Abstimmung untersagt.

09.11.2014
    Demonstration für eine unabhängiges Katalonien in Barcelona am 8.11.2014
    Die Katalanen fordern weiterhin ein unabhängiges Katalonien. (dpa / picture-alliance / Vladimir Astapkovich)
    Mehr als eine Million Katalanen haben sich an einer umstrittenen symbolischen Volksbefragung über die Abspaltung ihrer Region von Spanien beteiligt. Laut der Regionalregierung gaben bis um 13 Uhr 1,14 Millionen Wähler über 16 Jahren ihre Stimme ab. Die Zahl der Wahlberechtigten wird von der Regionalregierung auf 5,4 Millionen geschätzt. Laut jüngsten Umfragen befürwortet etwa die Hälfte die Unabhängigkeit.
    Regionalpräsident Artur Mas sagte nach seiner Stimmabgabe in Barcelona, sein Ziel sei ein rechtskräftiges Referendum über die katalanische Unabhängigkeit. "Trotz enormer Schwierigkeiten auf unserem Weg, stehen wir hier am 9. November, und viele Menschen nehmen an diesem besonderen Ereignis teil", sagte Mas vor Journalisten. "Wir verdienen das Recht, in einem rechtskräftigen Referendum abzustimmen, und das ist etwas, was vielleicht in Madrid verstanden wird." Sollte dies nicht der Fall sein, werde seine Region den Prozess dennoch weiter vorantreiben.
    "Niemand wird die Einheit Spaniens zunichte machen."
    Die Volksbefragung wird von der spanischen Zentralregierung als illegitim betrachtet, da das Verfassungsgericht jede Form der Volksbefragung durch die Regionalregierung verboten hat. Das Ergebnis ist rechtlich in keiner Weise bindend, hat jedoch politische Bedeutung. Denn im Fall einer Mehrheit für eine Abspaltung Kataloniens würde die Verhandlungsposition von Regionalpräsident Mas gegenüber der Zentralregierung gestärkt.
    Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte gestern erklärt, es werde unter seiner Regierung keine Abspaltung geben. "Solange ich Regierungschef bin, wird man die Verfassung und die Souveränität respektieren, und niemand wird die Einheit Spaniens zunichte machen."
    Staatsanwaltschaft ermittelt
    Mehrere politische Gruppen reichten am Sonntag Klage gegen die Regionalregierung ein. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie prüfe, ob die Nutzung von Schulen als Wahllokale und die Versendung von Wahlmaterial gegen eine Anordnung der Zentralregierung verstößt, die der Regionalregierung die Nutzung öffentlicher Ressourcen für die Volksbefragung untersagt hatte. Die Polizei erklärte, eine Liste der benutzten Wahllokale zu erstellen.
    Die Beamten nahmen nach eigenen Angaben fünf Menschen vorübergehend fest. Sie waren in ein Wahllokal im nördlichen Bezirk Girona eingedrungen, hatten Wähler beschimpft und Wahlurnen zerstört. Weitere Zwischenfälle wurden nicht gemeldet.
    Unter den Katalanen, die über eine eigene Kultur und Sprache verfügen, gibt es seit langem Bestrebung zur Abspaltung von Spanien. Die Unzufriedenheit in der vergleichsweise wohlhabenden Region wurde zuletzt durch die schwache Konjunktur in Spanien und eine Reihe von Korruptionsaffären in Madrid weiter angefacht.
    (tgs/tzi)