Um ein Uhr nachts in einem kleinen Kiosk im Moskauer Zentrum ist Verkäuferin Natalia gerade dabei, das Bierregal aufzufüllen. An der Rückwand des Kiosks stapeln sich Bierdosen und Flaschen in einem Regal aus Holzbrettern, das vor lauter Bier kaum zu sehen ist. Im Sortiment sind mehrere Dutzend Marken aus dem In- und Ausland. Wer mit einer russischen Sorte vorlieb nimmt, der muss für einen halben Liter Bier, kaum mehr als 25 Rubel zahlen – umgerechnet rund 55 Cent. Auch die Dreiliter-Plastikflaschen kosten nicht mehr als zwei Euro. Die sind besonders beliebt, sagt Natalia.
"Die Leute trinken schrecklich viel Bier – auch die Minderjährigen. Ich verkaufe denen nichts und lasse mir einen Pass zeigen, um zu gucken, ob sie auch 18 sind. Das ist doch Gesetz. 15-, 16- oder 17-Jährigen verkaufe ich keinen Alkohol. Ich finde das sind Kinder. Aber die zeigen mir dann oft den Mittelfinger."
Und gehen wohl weiter zum nächsten Kiosk - denn Natalia gehört zu den wenigen, die sich tatsächlich einen Pass zeigen lassen. Seit 2005 ist das gesetzlich vorgeschrieben. Natalias Chef meint oft, sie solle es doch nicht so genau nehmen. Bierverkäufe machen schließlich mehr als die Hälfte des Umsatzes aus.
Das Gesetz sagt auch, dass jeder Strafe zahlen muss, der in der Öffentlichkeit Bier trinkt und zwar 100 Rubel, das sind aber nicht mal drei Euro. Doch Bier trinken auf der Straße und in Parks sei immer noch ein täglicher Anblick, sagt Sergej Michejew, Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien. Er hat Ursachen für Russlands hohen Alkoholkonsum und die Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft untersucht. Die Polizei sehe meist tatenlos zu – so gesellschaftlich akzeptiert ist das Trinken in der russischen Gesellschaft Öffentlichkeit:
"Das Konsumieren von Alkohol in der Öffentlichkeit ist ein Massenphänomen, vor allem beim Bier. Selbst wenn die Polizei das stoppen wollte – sie könnte das gar nicht. Da müsste hinter jeder Säule ein Polizist stehen. Und was die Verkaufsverbote und Altersbeschränkungen angeht: Die großen Supermärkte und Ketten halten sich dran, die kleinen weniger – vor allem in den Regionen."
Ein Nachtverkaufsverbot gilt in Russland, das viele 24-Stunden-Supermärkte hat, bisher nur für Wodka und anderen hochprozentigen Alkohol. Laut Gesetz darf er nur zwischen zehn Uhr morgens und zehn Uhr abends verkauft werden.
Doch von Januar 2013 an dürfen auch Bier und Wein nachts nicht mehr über die Theke gehen - zumindest nicht offiziell. Ein entsprechendes Gesetz hat Präsident Dmitri Medwedew im Sommer unterschrieben, als Teil seiner Anti-Alkoholkampagne, die auch Werbung für Alkohol massiv einschränken soll.
Die Russen sind schon jetzt verwirrt: In manchen Geschäften hängen Grafiken in Uhrenform, die die neuen Verkaufsregeln erklären. Und erst seit diesem Jahr gilt Bier überhaupt als Alkohol – bisher galt es als Lebensmittel und wurde entsprechend gering besteuert, sagt Wadim Drobis vom Moskauer Alkoholforschungsinstitut Ziffra, das der Alkoholindustrie nahe steht:
"Die Bierindustrie hat gefürchtet, dass der Markt zusammenbrechen würde, als die Steuern verdreifacht wurden. Aber das ist nicht geschehen. Weder die Produktion ist runtergefahren worden, noch hat der Bierkonsum abgenommen. Bier wird von Konsumenten in Russland gar nicht als Alkohol wahrgenommen und ist auch billiger als jeder andere Alkohol."
Für die Regierung ist es eine Sache, strengere Gesetze im Kampf gegen Alkohol zu machen – aber die Umsetzung habe keine Priorität – man wolle sich nicht unbeliebt machen, sagt der Experte Sergej Michejew:
"Es gibt Menschen, die glauben, dass der Sturz Gorbatschows und der Zusammenbruch der Sowjetunion wesentlich damit zu tun hat, dass Gorbatschow so streng gegen Alkoholismus vorgegangen ist und Verkaufsverbote einführte. Denn die Menschen waren sauer auf ihn und seine politischen Gegner nutzten das aus – diese Erfahrungen Gorbatschows machen vielen Angst."
Und so gilt in Russland auch in Bezug auf die Gesetze im Kampf gegen Alkoholismus und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit, das im Land ohnehin beliebte Sprichwort: "Russland ist groß und der Zar weit weg".
"Die Leute trinken schrecklich viel Bier – auch die Minderjährigen. Ich verkaufe denen nichts und lasse mir einen Pass zeigen, um zu gucken, ob sie auch 18 sind. Das ist doch Gesetz. 15-, 16- oder 17-Jährigen verkaufe ich keinen Alkohol. Ich finde das sind Kinder. Aber die zeigen mir dann oft den Mittelfinger."
Und gehen wohl weiter zum nächsten Kiosk - denn Natalia gehört zu den wenigen, die sich tatsächlich einen Pass zeigen lassen. Seit 2005 ist das gesetzlich vorgeschrieben. Natalias Chef meint oft, sie solle es doch nicht so genau nehmen. Bierverkäufe machen schließlich mehr als die Hälfte des Umsatzes aus.
Das Gesetz sagt auch, dass jeder Strafe zahlen muss, der in der Öffentlichkeit Bier trinkt und zwar 100 Rubel, das sind aber nicht mal drei Euro. Doch Bier trinken auf der Straße und in Parks sei immer noch ein täglicher Anblick, sagt Sergej Michejew, Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien. Er hat Ursachen für Russlands hohen Alkoholkonsum und die Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft untersucht. Die Polizei sehe meist tatenlos zu – so gesellschaftlich akzeptiert ist das Trinken in der russischen Gesellschaft Öffentlichkeit:
"Das Konsumieren von Alkohol in der Öffentlichkeit ist ein Massenphänomen, vor allem beim Bier. Selbst wenn die Polizei das stoppen wollte – sie könnte das gar nicht. Da müsste hinter jeder Säule ein Polizist stehen. Und was die Verkaufsverbote und Altersbeschränkungen angeht: Die großen Supermärkte und Ketten halten sich dran, die kleinen weniger – vor allem in den Regionen."
Ein Nachtverkaufsverbot gilt in Russland, das viele 24-Stunden-Supermärkte hat, bisher nur für Wodka und anderen hochprozentigen Alkohol. Laut Gesetz darf er nur zwischen zehn Uhr morgens und zehn Uhr abends verkauft werden.
Doch von Januar 2013 an dürfen auch Bier und Wein nachts nicht mehr über die Theke gehen - zumindest nicht offiziell. Ein entsprechendes Gesetz hat Präsident Dmitri Medwedew im Sommer unterschrieben, als Teil seiner Anti-Alkoholkampagne, die auch Werbung für Alkohol massiv einschränken soll.
Die Russen sind schon jetzt verwirrt: In manchen Geschäften hängen Grafiken in Uhrenform, die die neuen Verkaufsregeln erklären. Und erst seit diesem Jahr gilt Bier überhaupt als Alkohol – bisher galt es als Lebensmittel und wurde entsprechend gering besteuert, sagt Wadim Drobis vom Moskauer Alkoholforschungsinstitut Ziffra, das der Alkoholindustrie nahe steht:
"Die Bierindustrie hat gefürchtet, dass der Markt zusammenbrechen würde, als die Steuern verdreifacht wurden. Aber das ist nicht geschehen. Weder die Produktion ist runtergefahren worden, noch hat der Bierkonsum abgenommen. Bier wird von Konsumenten in Russland gar nicht als Alkohol wahrgenommen und ist auch billiger als jeder andere Alkohol."
Für die Regierung ist es eine Sache, strengere Gesetze im Kampf gegen Alkohol zu machen – aber die Umsetzung habe keine Priorität – man wolle sich nicht unbeliebt machen, sagt der Experte Sergej Michejew:
"Es gibt Menschen, die glauben, dass der Sturz Gorbatschows und der Zusammenbruch der Sowjetunion wesentlich damit zu tun hat, dass Gorbatschow so streng gegen Alkoholismus vorgegangen ist und Verkaufsverbote einführte. Denn die Menschen waren sauer auf ihn und seine politischen Gegner nutzten das aus – diese Erfahrungen Gorbatschows machen vielen Angst."
Und so gilt in Russland auch in Bezug auf die Gesetze im Kampf gegen Alkoholismus und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit, das im Land ohnehin beliebte Sprichwort: "Russland ist groß und der Zar weit weg".