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Kein Ende in Sicht
Guantanamo - Gefangenenlager auf Jahre

Fast 17 Jahre betreiben die USA auf dem Marinestützpunkt Guantánamo Bay in Kuba ein Gefängnis für mutmaßliche Terroristen. Eingerichtet wurde es nach den Anschlägen vom 11. September 2001. US-Präsident Obama wollte das Camp nach Amtsantritt im Januar 2009 schließen lassen, scheiterte aber am US-Kongress.

Von Burkhard Birke | 15.12.2018
    Eine US-Flagge weht hinter einem Stacheldrahtzaun.
    Derzeit sitzen noch vierzig Gefangene in Guantanamo ein. Ein bekennender Al-Kaida-Terrorist wurde im Mai nach Saudi-Arabien überstellt, wo er eine Haftstrafe bis 2027 absitzt. (dpa/M. Brown)
    "Heute halte ich ein weiteres Versprechen: Ich habe gerade Verteidigungsminister Mattis per Dekret aufgefordert, unsere Strategie für militärische Gefangene zu überarbeiten und die Gefangenenlager in Guantanamo in Betrieb zu lassen."
    Mit dieser Erklärung in seiner Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Donald Trump Anfang des Jahres die Politik seines Vorgängers Barack Obama endgültig rückgängig gemacht. Neun Jahre zuvor hatte Obama in seiner ersten Rede zur Lage der Nation angekündigt, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen und einen Schlussstrich unter ein dunkles Kapitel amerikanischer Geschichte zu ziehen.

    Obama ist mit seinem Vorhaben gescheitert: Am Ende seiner Amtszeit saßen noch immer 41 Gefangene in den Sondergefängnissen auf dem US- Marinestützpunkt auf der Insel Kuba. Zurzeit sind es noch vierzig: Denn ein bekennender Al-Kaida-Terrorist wurde im Mai nach Saudi-Arabien überstellt, wo er eine Haftstrafe bis 2027 absitzt.
    Ein Gefangener in Camp 4 von Guantanamo (2008). 
    Ein Gefangener in Camp 4 von Guantanamo (2008). (dpa / picture-alliance)
    "Wir sind vorbereitet, neue Häftlinge aufzunehmen. Wir könnten 40 zusätzlich aufnehmen. Dann läge die Gesamtzahl bei 80. Das würde natürlich ein paar Wochen dauern und sie würden gruppenweise kommen. Mit zwei zusätzlichen Wachkompanien könnten wir sogar 160 zusätzlich aufnehmen - insgesamt wären das dann 200 Gefangene."
    1.800 Soldaten passen auf 40 Gefangene auf
    Seit einem halben Jahr führt Konteradmiral John Ring das Kommando über die Wachmannschaften auf Guantanamo. 1.800 Soldatinnen und Soldaten passen auf 40 Gefangene auf - 45 Wächter pro Inhaftiertem! Die meisten Soldaten bleiben kaum länger als neun Monate.

    Rings Mission ist klar: das Gefangenenlager für die Internierung von weiteren 'enemy combatants', feindlichen Kämpfern, insbesondere vom islamischen Staat und Al Kaida vorzubereiten. Es wäre das erste Mal in mehr als zehn Jahren, dass neue Gefangene nach Gitmo, wie die Amerikaner Guantanamo umgangssprachlich nennen, überstellt würden.
    "Wir planen gerade für 25 Jahre. Für die Gefangenen brauche ich wirklich das Lager Nummer acht. Für die Soldaten brauche ich demnächst neue Unterkünfte. Das soll jetzt eine Entwicklungsgesellschaft klären. Sie soll den Bedarf für eine Unterbringung der Soldaten und der Gefangenen für 25 weitere Jahre feststellen."
    Konteradmiral John Ring von der Joint Task Force Guantanamo.
    Konteradmiral John Ring von der Joint Task Force Guantanamo. (Deutschlandradio / Burkhard Birke)
    Jahresbudget von 80 Millionen Dollar
    Mit knapp 90 Millionen US-Dollar soll zunächst ein neuer Trakt im Gefangenen-Lager auf dem Militärstützpunkt Guantanamo gebaut werden. Auch die Unterbringung der Truppen soll in den nächsten Jahren für Abermillionen verbessert werden. Dazu kommen die laufenden Kosten: Das Jahresbudget für die Bewachung der 40 Männer beträgt ca. 80 Millionen Dollar. Es sind wohl die teuersten Gefangenen der USA, die hier leben. Das US-Verteidigungsministerium bezifferte vor einigen Jahren die Kosten pro Gefangenem auf 2,7 Millionen Dollar pro Jahr.
    Gefangene im April 2002 geschlossenen Camp X-Ray in Guantanamo Bay
    Gefangene im April 2002 geschlossenen Camp X-Ray in Guantanamo Bay (picture alliance / dpa / J. Scott Applewhite)
    Carol Rosenberg, seit knapp 20 Jahren Sonderkorrespondentin für Guantanamo bei der Zeitung Miami Herald, kommt auf elf Millionen - sie rechnet Kosten für Personal und den Militärstützpunkt teilweise mit ein. Und, warum das Ganze? Von den 40 Häftlingen, die aus 13 Ländern stammen, wurde bisher nur einer verurteilt und sitzt nun seine lebenslange Strafe ab. Ein anderer ist für schuldig erklärt und wartet auf sein Strafmaß. Nur gegen neun laufen Prozesse.
    Terroristen nicht nach Genfer Konvention behandelt
    Fünf sind sogar erwiesenermaßen unschuldig, bleiben aber inhaftiert wie Schwerstverbrecher. Carol Rosenberg vom Miami Herald:
    "Diese Menschen sind nicht verurteilt. Es sind Gefangene eines unkonventionellen Krieges, des Krieges gegen den Terror. Aus Sicht der Menschenrechtsvertreter ist das problematisch, denn das ist ein Krieg, bei dem es keinen Gegner gibt, der kapitulieren könnte. Und es heißt, wir können sie erst gehen lassen, wenn der Krieg vorbei ist, aber da der Kampf gegen den Terror der ewige Krieg genannt wird, sprechen wir beim Miami Herald von den ewigen Gefangenen."
    Formal müsste der US-Kongress diesen Krieg beenden.
    Der Krieg gegen den Terror ist jedoch von Dauer - der ewige Krieg? Festgehalten werden die Gefangenen als ‚enemy combatants‘, Feinde im Kampf - Zivilisten, die keinen offiziellen Krieg führen, sondern als Terroristen agieren. Das ist für die USA der Vorwand, diese Menschen nicht nach der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention zu behandeln. Mit Guantanamo hat man einen Ort gefunden, an dem US-Recht nicht angewandt werden muss.
    Die Prozesse laufen nach Kriegsrecht ab.
    Mutmaßliche Drahtzieher vom 11. September 2001 in Guantanamo
    Beide Türme des brennenden World Trade Center in New York stürzen nach dem Terror-Anschlag am 11.9.2001 in sich zusammen. 
    Beide Türme des brennenden World Trade Center in New York stürzen nach dem Terror-Anschlag am 11.9.2001 in sich zusammen. (picture-alliance / dpa)
    Nur gegen neun der Inhaftierten wird jedoch überhaupt noch vor der Militärkommission prozessiert. Unter ihnen befinden sich der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Scheich Mohammed, und vier seiner Gefolgsleute.
    Ein Feigenblatt, sagt Andreas Schüller, Menschenrechtsanwalt vom "European Center for Constitutional and Human Rights".
    "Die Militärkommissionen an sich sind auch eine Farce, weil sie rechtsstaatlichen Verfahren nicht gerecht werden, weil sie speziell eingerichtet wurden in Guantanamo, um dort die konkreten Fälle abzuarbeiten, aber vorne und hinten nicht geeignet sind, was zum Beispiel die Unabhängigkeit der Arbeit der Anwälte und Anwältinnen angeht, was die Beteiligung der Betroffenen angeht, was die Prozessordnung betrifft."
    Gedenktafel an die Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 mit einer US-Flagge.
    Gedenken in New York am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. (picture alliance / dpa / EPA / John Taggart)
    Vom Al Kaida-Trainingscamp ins US-Gefängnis
    Menschenrechtsanwalt Schüller und andere beklagen auch und vor allem, dass in Guantanamo die meisten der Gefangenen ohne Prozess, ohne Beweis ihrer Schuld einsitzen - Menschen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren - so wie seinerzeit die Franzosen Nizar Sissi und Mourad Benchalli. Die jungen Männer aus der Banlieue von Lyon waren nach ihrer Flucht aus einem Al Kaida-Trainingscamp in Pakistan festgenommen worden. Später landeten sie in Guantanamo, bis Frankreich sie nach zweieinhalb Jahren rausholte. Noch heute hat Mourad Benchalli Albträume:
    "Die Amerikaner haben besondere Verhörmethoden erfunden. Sie ließen uns nicht schlafen, verlegten uns alle halbe Stunde in eine andere Zelle, legten uns Handschellen in schmerzhaften Körperhaltungen an, drehten die Klimaanlage voll auf, übergossen uns mit kaltem Wasser, beschallten uns mit Musik, dann diese Lichtstrahler."
    Völlig entkleidet, gegen den Willen kahl geschoren
    Meist verliefen die Verhöre schmerzhaft und ohne Ergebnis, sagt Mourad, dem nie eine aktive Beteiligung am Terror nachgewiesen werden konnte, der in seiner Heimat dann aber eine Zeit lang wegen Beihilfe zum Terrorismus einsaß. Noch schlimmere Demütigungen verschweigt der Enddreißiger. Systematische Folter war das, auch wenn dem Franzosen das Waterboarding, der simulierte Tod durch Ertrinken, erspart blieb. Beim Prozess gegen Khalid Scheich Mohammed und seine mutmaßlichen Mitstreiter kamen unter dem neu ernannten Richter Parrella kürzlich weitere Details der CIA-Verhörpraktiken in den Sondergefängnissen ans Licht der Öffentlichkeit. Demnach mussten sich die Verdächtigten bei den Verhören völlig entkleiden, wurden rektal hydriert und gegen ihren Willen kahl geschoren.

    Diese "erweiterten Verhörmethoden", so der beschönigende Ausdruck, waren bis 2005 nicht nur für Guantanamo von höchster Stelle abgesegnet.
    "Als wir von diesen Verhörpraktiken erfuhren, war klar, dass sie gegen die Verfassung verstießen, wo Folter und Grausamkeit verboten sind. Und auch der Verteidigungsminister darf nichts Illegales anordnen."
    Ein US-Offizier schließt eine Zellentür in Camp Delta auf Guantanamo ab.
    Ein US-Offizier schließt eine Zellentür in Camp Delta auf Guantanamo ab. (AP)
    Navy-Ermittler überrascht von Verhörmethoden
    Mark Fallon war damals leitender Ermittler der Navy: Er und seine Leute mussten die Beweise gegen die mutmaßlichen Terroristen beschaffen. Überrascht wurden sie von den Verhörmethoden, die damals vor allem von Guantanamo-Kommandant Geoffrey Miller, einem Artilleriegeneral, systematisch angewandt wurden.
    Gegen Geoffrey Miller und andere Verantwortliche für die Misshandlung und Folter der Gefangenen in Guantanamo hat das "Center For Constitutional and Human Rights" unter anderem in Frankreich Prozesse angestrengt - als Abschreckung. Bislang allerdings mit mäßigem Erfolg. Die dunkelste Phase von Guantanamo reicht bis 2006, 2007 etwa. Bis 2006 war auch Murat Kurnaz aus Bremen in dem Lager gefangen. Auch er einer, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Viereinhalb Jahre dauerte seine Haft ohne jede Anklage.
    Zwecks Beweisaufnahme darf nichts verändert werden
    Wo heute Vögel in der heißen Tropenluft zwitschern, wurden früher Menschen wie Tiere in Käfigen gehalten: Über Camp X-Ray, dem ersten Gefangenenlager auf dem Stützpunkt Guantanamo, wächst im wahrsten Sinne des Wortes Gras. Üppige Tropenvegetation frisst sich in die Maschendrahtzäune und Gebäuderuinen. Zwecks späterer Beweisaufnahme darf hier nichts verändert werden.
    Heute wird das "Camp X Ray" nicht mehr genutzt.
    Heute wird das "Camp X Ray" nicht mehr genutzt. (Burkhard Birke / Deutschlandradio)
    Nach Camp X-Ray - ziemlich zentral auf dem 117 Quadratkilometer großen Marinestützpunkt gelegen - wurden am 11. Januar 2002 die ersten Gefangenen gebracht. Die Bilder von den Männern in den orangenen Anzügen gingen um die Welt. Der Franzose Nizar Sissi war damals einer von ihnen.
    "Wie in einem Konzentrationslager habe ich mich gefühlt. Das Erste, was ich sah, waren Soldaten, Stacheldrahtzäune, Hunde, Gefangene - teilweise nackt, die verprügelt wurden. Und alles, was man über die Foltermethoden erzählt, hat wirklich stattgefunden."
    "Alle Dschihadistengruppen beziehen sich auf Guantanamo"
    Wie Mourad hat Nizar in Frankreich nach seiner Rückkehr wegen Unterstützung von Terror im Gefängnis gesessen. Mittlerweile ist er ein freier Mann. Das Trauma von Guantanamo hat er allerdings nie richtig verwunden. Nizar ist geläutert, glaubt aber:
    "Guantanamo ist die perfekte Maschinerie, um tödlichen Hass gegen die Amerikaner und den Westen zu säen. Alle Dschihadistengruppen beziehen sich darauf."
    779 Menschen waren im Laufe der Jahre in Guantanamo festgehalten worden. Unter Präsident Bush wurden 532, unter Obama 197 in eines von 30 anderen Ländern überstellt, beziehungsweise freigelassen.
    9 Menschen starben in Haft, beziehungsweise begingen Selbstmord.
    Wie Hochsicherheitsgefängnisse auf dem US-Festland
    Laut CIA sollen 121 der Freigelassenen sich erneut oder überhaupt erstmalig Terrorgruppen angeschlossen haben. Grund genug für die Administration in Washington, die 40 verbliebenen weiter wie Schwerverbrecher, ohne die Rechte von Kriegsgefangenen zu behandeln. Zumindest die Haftbedingungen haben sich mittlerweile jedoch deutlich verbessert. Camp X-Ray blieb nur etwa ein halbes Jahr in Betrieb, auch über Camp Iguana, wo Minderjährige untergebracht waren, wächst Gras. Andere zentrale Camps werden von der tropischen Vegetation überwuchert, bedauernswerterweise auch jenes, wo die Bücherei mit angeblich mehr als 30.000 Objekten für die Gefangenen untergebracht ist. Andere Lager wurden und werden umgebaut, wie Camp 5.
    Eine US-Flagge weht am 21.08.2013 auf dem Gelände des geschlossenen Gefangenenlagers "Camp X-Ray" auf Guantánamo Bay auf Kuba.
    "Camp X-Ray" auf Guantánamo Bay auf Kuba ist geschlossen, andere Gefangenenlager sind es nicht. (dpa/Johannes Schmitt-Tegge)
    Man habe sich an Hochsicherheitsgefängnissen auf dem US-Festland orientiert, erläutert der zuständige Offizier beim Besuch. Aus Sicherheitsgründen will er anonym bleiben. Camp 5 ist ursprünglich 2004 eingerichtet worden. Nach zwei Jahren Umbau und Renovierung bildet es zusammen mit Camp 6 den 40 Insassen Platz.
    Um in die Lager zu kommen, sind gleich mehrere Sicherheitsschranken und Schleusen wie beim Flughafen zu passieren. In den Trakten selbst sind Zellen über zwei Etagen angeordnet, in der Mitte ein großer Raum, wo durch eine Lichtboje sogar Tageslicht hereinströmt.
    Betreut durch Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern
    Schemenhaft können wir die Inhaftierten sehen. Eine Doppelreihe von mit Draht durchwoben Fenstern trennt uns. Einige tragen Zivilkleidung, andere khaki-farbene Anzüge. Einer liest, ein anderer läuft unruhig auf und ab - wie ein Tier im Käfig.
    "Hier sehen Sie eine größere Fläche mit Tageslichteinfall. Die Gefangenen dürfen sich innerhalb dieses Zellenblocks und in den Erholungsräumen 22 Stunden am Tag frei bewegen."
    Die Guantanamo-Häftlinge werden älter. Einige sind seit mehr als 16 Jahren in Gefangenschaft. Deshalb wurde auch für Millionen US-Dollar eine Kranken- und eine Intensivstation mit jeweils drei Betten eingerichtet. Krankenschwestern, mehrere Ärzte und drei Psychologen stehen zur Betreuung bereit.
    "Die Krankheitsbilder der Gefangenen entsprechen der vergleichbaren Bevölkerungsgruppe in den USA. Männer zwischen 33 und 70 Jahren mit entsprechenden akuten und chronischen Beschwerden. Stoffwechselprobleme infolge der westlichen Ernährung, Vorstufen von Diabetes, zu hoher Blutzucker und Blutdruck, ein wenig Übergewicht."
    "Zusammen essen, beten, Fernsehen schauen"
    Berichtet der leitende Arzt der Marine, der auf Anonymität wert legt und keine Zweifel daran lässt, dass auf nicht religiöses Fasten nach wie vor mit Zwangsernährung reagiert wird. Weder er noch die diensthabenden Offiziere sind bereit, genauere Angaben zu den Häftlingen, ihrer Gefährlichkeit zu machen. Also fragen wir Carol Rosenberg, die langjährige Guantanamo- Korrespondentin des Miami Herald.
    "Etwa die Hälfte der Gefangenen darf in Gemeinschaft leben. Sie dürfen zusammen essen, beten, Fernsehen schauen. Es wird ihnen Ablenkung geboten. Denn vor einigen Jahren waren die Gefangenen ständig in ihren Zellen eingesperrt, und da kam es häufig zu Reibereien mit den jungen Wärtern."
    Die Gefangenenlager und Militärgerichte befinden sich am östlichen Ende von Guantanamo, abgeschirmt von der heilen Welt, die ansonsten so viele US-Stützpunkte überall auf der Welt kennzeichnet: Es gibt eine Kirche, ein Baseballfeld, mehrere Restaurants und einen Supermarkt der Navy, ein Irish Pub, eine Schule, einen Hamburger- und einen Sandwichladen.
    Ungefähr 6.000 Menschen leben auf Guantanamo
    Erreichen kann man Guantanamo nur auf dem Seeweg oder mit dem Flugzeug, und zwar, indem man Kuba umfliegt. Im Zuge der Raketenkrise in den sechziger Jahren hatte Kubas damaliger Präsident Fidel Castro dem Stützpunkt den Wasserhahn abgedreht. Seither ist der älteste Überseestützpunkt der USA autark mit Meerwasserentsalzungsanlage und auch bei der Energieversorgung. Sämtliche Nahrungsmittel und Waren müssen allerdings für teures Geld auf Schiffen oder per Flugzeug herbeigeschafft werden.
    Straßenbild mit Schwein auf Guantanamo. 6.000 Menschen arbeiten hier für die US-Regierung, darunter auch viele Philippiner.
    Ungefähr 6.000 Menschen leben auf Guantanamo, ein Großteil davon Zivilisten, die meisten aus den USA, aber es gibt auch viele Philippiner, die für die US-Regierung arbeiten. (deutschlandradio / Burkhard Birke)
    Jay Overton ist Sprecher der Naval Base Guantanamo:
    "Ungefähr 6.000 Menschen leben hier, ein Großteil davon sind Zivilisten, die meisten aus den USA, aber es gibt auch viele Philippiner, die für die Regierung arbeiten. Seit Mitte der sechziger Jahre, als wir aufgehört haben, Kubaner einzustellen, wurden Jamaikaner beschäftigt. Unsere Vertragsfirmen heuern auch Arbeiter aus anderen Ländern an."
    Selbst während der Raketenkrise arbeiteten allerdings noch bis zu 5.000 Kubaner auf dem US-Militärstützpunkt. Der heute achtundachtzigjährige Rodi Rodriguez aus der kubanischen Stadt Guantanamo war einer von ihnen. 36 Jahre lang arbeitete er für die Amerikaner.
    "Ich bin derjenige, der an die Grenze geht und das Geld für die Rentner entgegennimmt. Momentan sind wir 49 oder 50, die Rente von den Amerikanern bekommen."
    Der Kubaner Rodi Rodriguez empfängt noch heute Rente aus seiner Zeit als Mitarbeiter auf der US-Militärbasis Guantanamo. Hier sitzt er mit Burkhard Birke bei ihm zuhause beim Interview.
    Der Kubaner Rodi Rodriguez empfängt noch heute Rente aus seiner Zeit als Mitarbeiter auf der US-Militärbasis Guantanamo. (Burkhard Birke / Deutschlandradio)
    4.000-Dollar-Scheck für 117 Quadratkilometer Land
    Rodi hat gerne bei den Amerikanern gearbeitet, aber auch er ist wie die meisten Kubaner der Meinung, der Stützpunkt sollte Kuba übertragen werden. Die Rechtslage freilich ist eindeutig. Im amerikanisch-spanischen Krieg 1898 eroberten US-Truppen die Landzipfel am Eingang der Bucht von Guantanamo von den Spaniern. Seither steht das Gebiet unter amerikanischer Militärkontrolle.
    "Mit zwei Pachtverträgen wurde der Grundstein für den Stützpunkt gelegt: Der erste stammt aus dem Jahr 1903, der zweite von 1934. Danach zahlen wir 4084 Dollar pro Jahr."
    Erläutert Jay Overton. Den 4000-Dollar-Scheck für 117 Quadratkilometer Land hat früher die Schweizer Botschaft übergeben. Heute erledigt das die US-Botschaft in Havanna. Die kubanische Regierung löst die Schecks jedoch nicht ein.
    "Die US-Amerikaner haben illegale Dinge dort getan, deshalb sind wir der Auffassung, dass der Marinestützpunkt illegal ist. Laut Vertrag darf Guantanamo als Kohlelager oder Marinestützpunkt, nicht aber als Gefängnis genutzt werden. Ein Gefängnis dort zu unterhalten ist illegal."
    Alternative als Ärzte- oder Meeresforschungszentrum
    Aus dieser Zweckentfremdung leitet der frühere UN-Botschafter Kubas, Nestor Garcia, einen Anspruch auf das Territorium ab. Eine halbe Milliarde Dollar kostet die Amerikaner schätzungsweise der Unterhalt des Stützpunktes pro Jahr. Viel Geld für eine strategisch weniger bedeutende Bucht, die übrigens auch von kubanischen Schiffen durchfahren werden darf.
    Es gab deshalb schon mehrfach Überlegungen, Guantanamo, das auch immer wieder Aufnahmelager für Flüchtlinge war, aufzugeben.
    "Zu einem Zeitpunkt wurde diskutiert, ob man Guantanamo nicht unter UN- Hoheit stellen und dort ein Meeresforschungszentrum einrichten sollte. Auch eine gemeinsame Verwaltung des Territoriums durch die USA und Kuba wurde diskutiert und der Vorschlag Obamas, ein internationales Ärztezentrum einzurichten. All diese Ideen werden momentan jedoch nicht ernsthaft verfolgt."