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'Kein Grund für Rücktritt der bayerischen Landwirtschaftsministerin Barbara Stamm'

Wagener: Am Telefon begrüße ich nun den CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos. Schönen guten Morgen!

    Glos: Guten Morgen Herr Wagener.

    Wagener: Herr Glos, Kanzlerkandidat Edmund Stoiber. Es sollte nicht darüber gesprochen werden. Laurenz Meyer, der Generalsekretär der CDU, ist ziemlich sauer, dass über das Wochenende dieses Thema dennoch sehr hochgespielt wurde. Er sagte wörtlich, vor einigen laufenden TV-Kameras hätten wohl einige Politiker das Wasser nicht halten können. Fühlen Sie sich damit angesprochen?

    Glos: Nein!

    Wagener: Kurz und bündig nein. Sie waren aber einer derjenigen, die Edmund Stoiber ins Spiel gebracht haben?

    Glos: Wir haben in Kreuth alles gesagt, was es zu sagen gibt. Wir haben noch einmal wiederholt: grundsätzlich müssen CDU als auch CSU den Kanzlerkandidaten oder die Kandidatin stellen können. Unser oberstes Ziel ist, Schröder wieder abzulösen. Dem Ziel muss sich alles unterordnen. Auf dem Weg dahin müssen wir die Wahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gewinnen. Das sind unsere vordringlichen Sorgen und im nächsten Jahr werden wir prüfen, wer dem Ziel der Ablösung von rot/grün am besten gerecht wird und hinter wem die Partei, und zwar beide Parteien besser gesagt, die Union, in der Gesamtbreite steht, wer die meisten Chancen hat. Diese Persönlichkeit muss dann an die Spitze eines starken Teams. Nur so haben wir Aussichten.

    Wagener: Herr Glos, damit wir uns nicht falsch verstehen. Es gilt aber doch noch die Vereinbarung zwischen den beiden Parteien, dass das Thema Kanzlerkandidatur in diesem Jahr keine Rolle spiele, also auch nicht diskutiert werden sollte?

    Glos: Wissen Sie, man kann niemand einen Maulkorb umhängen und kann auch niemand verbieten, etwas zu sagen. Man kann nur an die Vernunft appellieren und die sagt, es gibt derzeit ganz andere politische Themen, die die Menschen interessieren. Das Kabinett Schröder befindet sich in Auflösung. Der Kanzler grinst. Er tut als ob er für alle Fehler, die dort passiert sind, nicht zuständig sei, weist alles von sich. Das sind die Probleme, die die Opposition zu interessieren haben.

    Wagener: In Bayern interessiert vor allen Dingen das Thema BSE. In Berlin sind zwei Minister deswegen schon zurückgetreten. Barbara Stamm, so heißt es über das Wochenende in München, stehe kurz vor dem Rücktritt. Erlebt sie diese Woche noch als Ministerin?

    Glos: Aber ja. Warum sollte sie zurücktreten. Sie hat im Gegensatz zu dem Berliner Chaos dafür gesorgt, dass in Bayern koordiniert, geordnet und sorgfältig vorgegangen wird. Barbara Stamm hat nach wie vor das Vertrauen des Ministerpräsidenten. Sie hat nach wie vor das Vertrauen der Landtagsfraktion. Das wird sich jetzt bei der laufenden Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Kreuth zeigen. Nur weil in Berlin so eine Art Ministerwahnsinn ausgebrochen ist, muss doch nicht eine bayerische Ministerin zurücktreten.

    Wagener: Obwohl sie vergangene Woche in Kreuth ein schlechtes Bild abgegeben hat. Das sagen ja auch Ihre Parteifreunde.

    Glos: Es gibt Zeitungsberichte, die anonym sind. Hier werden keine Namen genannt. Ich habe nicht das Gefühl, dass Barbara Stamm in Kreuth ein schlechtes Bild abgegeben hat. Ich kann nur sagen, ich habe nach wie vor volles Vertrauen zu Barbara Stamm.

    Wagener: Herr Glos, 400.000 deutsche Rinder sollen wahrscheinlich getötet, gekeult werden. So heißt der Fachausdruck. Viele sind dagegen. Auch die neue Ministerin Renate Künast möchte das noch einmal überdenken. Im Zuge der Preisstabilität wäre das denn eine denkbare Maßnahme, oder wie steht die CSU dazu?

    Glos: Es wäre natürlich auf der einen Seite eine marktentlastende Maßnahme. Auf der anderen Seite glaube ich wäre es natürlich noch vernünftiger, diese Rinder, wenn man sie aus dem Markt nehmen will, auf BSE zu untersuchen und dann das Fleisch anderen Menschen zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel außerhalb der Europäischen Union. Es gibt so viele Hunger und Not in der Welt, und wenn das Fleisch gesund ist, dann kann man doch sicher woanders Hunger und Not abhelfen. Zum anderen wundert mich schon, dass solche Vorschläge ausgerechnet von denen kommen, die den Tierschutz im Grundgesetz verankern wollten, jeglichen Tierversuch damit im Grunde verbieten wollten, dass die sich jetzt einfach darüber hinwegsetzen, wenn es darum geht, 400.000 Rinder vorzeitig zu töten. Ausgerechnet die gleichen, die sich dafür rühmen, eine Weihnachtsgans am Leben gelassen zu haben, das ist für mich kurios und widersinnig.

    Wagener: Wie erklären Sie sich denn die Tatsache, dass die bisher von BSE befallenen Tiere durch die Bank weg getötet und verbrannt wurden? Wo ist die Wissenschaft, die diese Tierkadaver einfordert, um zu untersuchen, was es mit BSE auf sich hat?

    Glos: Ich glaube, diese Fragen müssen wir der Wissenschaft und den Spezialisten überlassen. Es kann nicht sein, dass Politiker diese Fragen sofort ein Stück besser beantworten können. Ich kann es jedenfalls nicht. Ich hoffe, die jetzt dafür zuständigen Minister können es bald.

    Wagener: Michael Glos, der CSU-Landesgruppenchef in Berlin. - Recht herzlichen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Link: Interview als RealAudio