Ensminger: Weil der Wagen des palästinensischen Parlamentspräsidenten sich dem Militärposten mit hoher Geschwindigkeit genähert habe, seien die Soldaten zunächst von einem Angriff ausgegangen und hätten in die Luft geschossen, teilte die israelische Armee in einer Stellungnahme mit. Die Soldaten hätten das Fahrzeug nicht sofort erkannt, obwohl die Fahrt zuvor abgesprochen worden sei. Der israelische Außenminister Peres entschuldigte sich telefonisch beim Parlamentspräsidenten. Das Ganze fand gestern Abend statt. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand. Trotzdem werden auch solche Ereignisse weiter für Unmut auf Seiten der Palästinenser sorgen. Ohnehin wird die israelische Regierung wegen ihrer Politik gegen die Palästinensische Autonomiebehörde und Palästinenserchef Arafat auch international kritisiert. So warf der ägyptische Außenminister dem israelischen Regierungschef Sharon wegen der Fortsetzung des Hausarrests gegen Arafat Wortbruch vor, und Bundesaußenminister Fischer forderte eine vollständige Aufhebung des Arrests. Am Telefon ist Ghazi Hanania. Er ist stellvertretender Präsident des palästinensischen Parlaments. Herr Hanania, Sie waren gestern beim Beschuss des Parlamentspräsidenten dabei. Was ist denn genau passiert?
Hanania: Die Reise wurde mit den Israelis abgesprochen, und auf einmal haben sie auf sein Auto geschossen, sieben Kugeln haben den Wagen getroffen, und das war wirklich gefährlich. Der Präsident hatte mit eine Woche vorher gesagt, dass er wirklich Angst hatte, weil er die Israelis sehr oft trifft, und er darf nicht mit einem normalen Auto fahren, deshalb hat er ein gepanzertes Auto bestellt.
Ensminger: Nun hat sich der israelische Außenminister Peres entschuldigt. Nehmen Sie die Entschuldigung an?
Hanania: Das hat er getan, aber es war nicht der einzige Fall. Gestern waren auch zwei schwangere Frauen, die zur Entbindung ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Sie hatten eine Genehmigung von den Israelis. Einer von ihnen wurde in die Brust geschossen, und der Mann der anderen wurde heute Morgen getötet.
Ensminger: Das sind schlimme Vorfälle. Nun geht es den Palästinensern natürlich auch um die Aufhebung des Arrests gegenüber Palästinenserchef Arafat. Eine teilweise Lockerung ist in Sicht. Warum geben Sie sich damit nicht zufrieden?
Hanania: Eigentlich gibt es überhaupt keine Lockerung.
Ensminger: Die Panzer ziehen sich zurück.
Hanania: Der nördliche Teil von Ramallah war besetzt, aber alle drei Richtungen waren noch frei. Arafat hat sich in Ramallah immer frei bewegt. Insofern ist das, was sie jetzt gesagt haben, gar nicht neu. Jedes Mal, wenn wir einen Schritt in Richtung Frieden tun, nicht nur wir, auch der deutsche Außenminister, die EU, die Amerikaner und die arabischen Länder, trifft die israelische Regierung irgendeine Entscheidung, die all unsere Bemühungen zunichte macht.
Ensminger: Die Palästinenser haben angekündigt, dass die politischen Kontakte zu Israel vorerst abgebrochen werden sollen. Wollen Sie jetzt Härte zeigen?
Hanania: Wir haben in letzter Zeit überhaupt keine Hoffnungen mehr, mit den Israelis weiter zu verhandeln, denn beim letzten Treffen von palästinensischen Offiziellen mit Sharon haben wir Sharon die Namen von zwei Leuten gegeben, die verhaftet werden sollten. Trotzdem haben sie nichts gemacht. Was die Israelis bis jetzt getan haben, ist wirklich eine Fortsetzung der Gewalt und der Aggression, obwohl letzte Woche eine Begegnung der Sicherheitschefs beider Seiten stattgefunden hat, um dieser blutigen Gewalt wirklich ein Ende zu setzen. Und das ist verwirklicht worden. In den letzten drei, vier Tagen war es relativ ruhig bei uns.
Ensminger: Mehrere Palästinenser sind verhaftet worden, die man mit der Ermordung des israelisches Tourismusministers in Verbindung bringt. Sharon verlangt aber mehr. Er will die Auslieferung. Warum erfüllen Sie diese Forderung nicht?
Hanania: Die Auslieferung kann er nicht verlangen, denn nach der Oslo-Vereinbarung darf er das nicht. Aber schauen Sie, wenn Arafat die drei Millionen Palästinenser verhaftet, dann kommt Sharon am nächsten Morgen und sagt, es sind noch andere in Deutschland und Amerika, die verhaftet werden müssen.
Ensminger: Das heißt Sie glauben Sharon nichts mehr?
Hanania: Nein.
Ensminger: Was bedeutet das für die zukünftige Friedenspolitik? Gibt es noch eine Chance?
Hanania: Das wird sehr schlimm. Wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht einmischt, dann wird es schlimm. Heute soll Javier Solana zu uns kommen. Wir hoffen, dass er etwas erreichen kann.
Ensminger: Das heißt Sie setzen vor allen Dingen auf die Europäische Union im Moment?
Hanania: Das sind die einzigen Leute, die die Situation wirklich ernsthaft behandeln.
Ensminger: Außenminister Peres hat sich ja doch immer wieder gesprächsbereit gezeigt. Ist er zur Zeit Ihr einziger Ansprechpartner von israelischer Seite, dem Sie auch vertrauen können, wenn Sie schon Sharon nicht mehr vertrauen?
Hanania: Wir haben immer Vertrauen zu Herrn Peres gehabt, aber er hat in letzter Zeit nichts zu sagen bei der israelischen Regierung. Sharon hört ihm nicht zu, und er ist von Sharon überhaupt nicht beauftragt. Deshalb ist es schwierig, mit Peres zu reden.
Ensminger: Sie haben die Übergriffe der israelischen Armee angesprochen. Es gab aber in den letzten Tagen auch immer wieder zahlreiche Selbstmordanschläge. Warum bekommt man das von Ihrer Seite nicht in den Griff?
Hanania: Natürlich bekommen wir das in den Griff. In den letzten zwei Wochen gab es überhaupt keine Selbstmordangriffe. Und seitdem Arafat eine Feuerpause erklärt hat, gab es überhaupt keine Angriffe mehr.
Ensminger: Aber es gab in den vergangenen Tage welche.
Hanania: Klar gab es in den vergangenen Tage welche, und zwar von der anderen Seite. Das ist die Spirale der Gewalt, der man ein Ende setzen muss.
Ensminger: Wie durchbrechen Sie die Spirale?
Hanania: Von unserer Seite ist die Bereitschaft vorhanden, das zu machen. Aber wenn die Israelis immer wieder anfangen, unsere Bevölkerungsmitglieder zu ermorden, dann gibt es wirklich keine Möglichkeit, die Spirale durchzubrechen.
Ensminger: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Hanania: Die Reise wurde mit den Israelis abgesprochen, und auf einmal haben sie auf sein Auto geschossen, sieben Kugeln haben den Wagen getroffen, und das war wirklich gefährlich. Der Präsident hatte mit eine Woche vorher gesagt, dass er wirklich Angst hatte, weil er die Israelis sehr oft trifft, und er darf nicht mit einem normalen Auto fahren, deshalb hat er ein gepanzertes Auto bestellt.
Ensminger: Nun hat sich der israelische Außenminister Peres entschuldigt. Nehmen Sie die Entschuldigung an?
Hanania: Das hat er getan, aber es war nicht der einzige Fall. Gestern waren auch zwei schwangere Frauen, die zur Entbindung ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Sie hatten eine Genehmigung von den Israelis. Einer von ihnen wurde in die Brust geschossen, und der Mann der anderen wurde heute Morgen getötet.
Ensminger: Das sind schlimme Vorfälle. Nun geht es den Palästinensern natürlich auch um die Aufhebung des Arrests gegenüber Palästinenserchef Arafat. Eine teilweise Lockerung ist in Sicht. Warum geben Sie sich damit nicht zufrieden?
Hanania: Eigentlich gibt es überhaupt keine Lockerung.
Ensminger: Die Panzer ziehen sich zurück.
Hanania: Der nördliche Teil von Ramallah war besetzt, aber alle drei Richtungen waren noch frei. Arafat hat sich in Ramallah immer frei bewegt. Insofern ist das, was sie jetzt gesagt haben, gar nicht neu. Jedes Mal, wenn wir einen Schritt in Richtung Frieden tun, nicht nur wir, auch der deutsche Außenminister, die EU, die Amerikaner und die arabischen Länder, trifft die israelische Regierung irgendeine Entscheidung, die all unsere Bemühungen zunichte macht.
Ensminger: Die Palästinenser haben angekündigt, dass die politischen Kontakte zu Israel vorerst abgebrochen werden sollen. Wollen Sie jetzt Härte zeigen?
Hanania: Wir haben in letzter Zeit überhaupt keine Hoffnungen mehr, mit den Israelis weiter zu verhandeln, denn beim letzten Treffen von palästinensischen Offiziellen mit Sharon haben wir Sharon die Namen von zwei Leuten gegeben, die verhaftet werden sollten. Trotzdem haben sie nichts gemacht. Was die Israelis bis jetzt getan haben, ist wirklich eine Fortsetzung der Gewalt und der Aggression, obwohl letzte Woche eine Begegnung der Sicherheitschefs beider Seiten stattgefunden hat, um dieser blutigen Gewalt wirklich ein Ende zu setzen. Und das ist verwirklicht worden. In den letzten drei, vier Tagen war es relativ ruhig bei uns.
Ensminger: Mehrere Palästinenser sind verhaftet worden, die man mit der Ermordung des israelisches Tourismusministers in Verbindung bringt. Sharon verlangt aber mehr. Er will die Auslieferung. Warum erfüllen Sie diese Forderung nicht?
Hanania: Die Auslieferung kann er nicht verlangen, denn nach der Oslo-Vereinbarung darf er das nicht. Aber schauen Sie, wenn Arafat die drei Millionen Palästinenser verhaftet, dann kommt Sharon am nächsten Morgen und sagt, es sind noch andere in Deutschland und Amerika, die verhaftet werden müssen.
Ensminger: Das heißt Sie glauben Sharon nichts mehr?
Hanania: Nein.
Ensminger: Was bedeutet das für die zukünftige Friedenspolitik? Gibt es noch eine Chance?
Hanania: Das wird sehr schlimm. Wenn sich die internationale Gemeinschaft nicht einmischt, dann wird es schlimm. Heute soll Javier Solana zu uns kommen. Wir hoffen, dass er etwas erreichen kann.
Ensminger: Das heißt Sie setzen vor allen Dingen auf die Europäische Union im Moment?
Hanania: Das sind die einzigen Leute, die die Situation wirklich ernsthaft behandeln.
Ensminger: Außenminister Peres hat sich ja doch immer wieder gesprächsbereit gezeigt. Ist er zur Zeit Ihr einziger Ansprechpartner von israelischer Seite, dem Sie auch vertrauen können, wenn Sie schon Sharon nicht mehr vertrauen?
Hanania: Wir haben immer Vertrauen zu Herrn Peres gehabt, aber er hat in letzter Zeit nichts zu sagen bei der israelischen Regierung. Sharon hört ihm nicht zu, und er ist von Sharon überhaupt nicht beauftragt. Deshalb ist es schwierig, mit Peres zu reden.
Ensminger: Sie haben die Übergriffe der israelischen Armee angesprochen. Es gab aber in den letzten Tagen auch immer wieder zahlreiche Selbstmordanschläge. Warum bekommt man das von Ihrer Seite nicht in den Griff?
Hanania: Natürlich bekommen wir das in den Griff. In den letzten zwei Wochen gab es überhaupt keine Selbstmordangriffe. Und seitdem Arafat eine Feuerpause erklärt hat, gab es überhaupt keine Angriffe mehr.
Ensminger: Aber es gab in den vergangenen Tage welche.
Hanania: Klar gab es in den vergangenen Tage welche, und zwar von der anderen Seite. Das ist die Spirale der Gewalt, der man ein Ende setzen muss.
Ensminger: Wie durchbrechen Sie die Spirale?
Hanania: Von unserer Seite ist die Bereitschaft vorhanden, das zu machen. Aber wenn die Israelis immer wieder anfangen, unsere Bevölkerungsmitglieder zu ermorden, dann gibt es wirklich keine Möglichkeit, die Spirale durchzubrechen.
Ensminger: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio