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Keine Begabung verschenken

Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat 300 junge Leute für drei Tage nach Berlin eingeladen: Leute mit Begabung, man könnte auch sagen mit Hochbegabung. Denn fast alle sind Preisträger von Schülerwettbewerben wie "Jugend forscht". Nun werden sie noch einmal besonders geehrt, denn der sogenannte Tag der Talente soll zeigen, wie wichtig Begabungen sind.

Von Esther Körfgen | 03.09.2007
    "Ich denke, es ist eine Gabe, und man muss gucken, was man draus macht. Also ich denke, man hat auch eine Verantwortung, was damit zu machen."

    Das sagt Johanna Herdtfelder. Die 22-Jährige hat aus ihrem Talent schon jede Menge gemacht. Im vergangenen Jahr wurde sie mit ihrer Band El-Isa zum begehrten "Treffen Junge Musik-Szene" ausgewählt, jetzt dürfen sie hier spielen. Es ist schön, so anerkannt zu werden. Oder?

    "Es ist zweigeteilt. Ich kenne das noch aus der Schulzeit, da war es bei mir das Zeichnen, wo ich ein bisschen aufgefallen bin, das Zeichnen und das Schreiben. Und das war natürlich einerseits schön, immer wieder Lob zu kriegen und Komplimente und so, aber man muss auch lernen damit umzugehen, also es gibt auch Neid und Eifersucht und so, dann auch im eigenen Freundeskreis teilweise."

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man aufpassen muss, dass man durch so etwas nicht zu abgehoben oder, ja, arrogant wird."

    Martin Maas könnte mit seinen Auszeichnungen ein ganzes Album füllen, will er aber nicht. Der 20-Jährige möchte einfach nur tun, was er offenbar gut kann: Computerprogramme entwickeln. Zuletzt eines, mit der sich Text-Dateien versteckt verschicken lassen - von außen nicht sichtbar, für jeden einfach zu bedienen. Die Erfindung hat ihm gerade erst den Bundessieg von "Jugend forscht" eingebracht. Das ist schon was wert.

    "Zum Beispiel bei der Bewerbung bei Firmen und hoffentlich auch für die Bewerbung für das Studium und einen Job hat mir dieser Sieg durchaus eingebracht. Ich arbeite momentan für eine Firma in Kalifornien und werde dort vermutlich auch im nächsten Sommer ein Praktikum machen. Und von daher hat es sich auf jeden Fall gelohnt."

    Der Tag der Talente soll den Teilnehmern mit Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden ein bisschen Klarheit verschaffen, was sie mit ihrer Begabung anfangen können - beruflich etwa. Martin Maas glaubt, dass jeder Mensch ein Talent hat. Es müsse nur entsprechend gefördert werden - von der Schule.

    "Allerdings habe ich durchaus die Erfahrung gemacht dass es Schulen gibt, in denen das nicht der Fall ist, wo die Schüler nicht ausreichend motiviert sind, auch nicht die Möglichkeiten, die es gibt, wahrzunehmen. Und ich denke, es sollten auch die Lehrer versuchen, ein bisschen mehr aus sich herauszugehen und auch die Begeisterung der Schüler für die Wissenschaft oder für Musik oder was auch immer zu wecken."

    Dazu muss den Lehrern aber auch genug Zeit gegeben werden, sprich, die Schulen müssen sie dazu freistellen. Das fordert Stefanie Stegemann-Boehl vom Bundesministerium für Bildung. Schließlich gelte es, die Hochbegabten nicht nur zu fördern, sondern überhaupt erst mal zu erkennen: die Aufgabe für die Zukunft schlechthin.

    "Wir haben bei den Bundeswettbewerben auf jeden Fall mit Leuten zu tun, die schon motiviert sind, und deshalb auch an Wettbewerben teilnehmen. Sie erst dazu zu bringen, sich für einen Gegenstand so zu interessieren, dass sie an einem Wettbewerb teilnehmen, da könnte man sicher noch viel mehr machen und müsste da auch mehr machen."

    Wie viele Hochbegabte es genau gibt, ist unbekannt. Drei Prozent eines jeden Jahrgangs sollen es schätzungsweise sein. Das heißt, das Bundesministerium könnte statt der 300 theoretisch 300.000 einladen. Allerdings wäre ein weiterer Sinn der Veranstaltung damit hinfällig: sich einfach mal kennenzulernen. Und das sei sehr wichtig, meint Ilona Schulze, Bundessiegerin bei "Jugend forscht" vor 40 Jahren. Der Preis hatte sie damals ermutigt, ihrem Talent nachzugehen und Chemie und Physik zu studieren.

    "Häufig ist es ja so, dass Kinder und Jugendliche gar nicht wissen, dass es ganz viele ihrer gleichen Veranlagung gibt, nur weil in der Klasse zufällig keiner ist, der die gleichen Interessen hat wie sie selber. Und ich nehme an, dass ein Tag wie dieser auch sehr gut dazu beitragen kann."