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"Keine direkte Relevanz für unsere Kunden"

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat keine Auswirkungen auf den Gaspreis, betont Christoph Preuss, Sprecher des Unternehmens Rheinenergie in Köln. Schon seit Jahren werde die Koppelung an den Ölpreis in seinem Unternehmen nicht mehr angewandt.

Christoph Preuss im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Jasper Barenberg: Sie ist seit Jahren in der Kritik, sie ist seit Jahren umstritten: die Regel, die den Preis für Erdgas fest an den jeweiligen Preis für Öl bindet. Jetzt kommt Bewegung in die Sache durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Der BGH hat die Koppelung zwar nicht prinzipiell untersagt, ausschließlich aber darf der Gaspreis für Privatkunden künftig nicht mehr vom Ölpreis abhängen. Damit kippen die Richter zwei Verträge der Stadtwerke in Dreieich bei Offenbach und des Unternehmens Rheinenergie in Köln. Mit dessen Sprecher Christoph Preuss hat mein Kollege Jürgen Liminski vor dieser Sendung gesprochen und ihn gefragt, ob das Gas für die Verbraucher denn jetzt billiger wird.

    Christoph Preuss: Das Problem ist, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, wenn der BGH etwas urteilt, dass das dann direkte und unmittelbare Folgen auch auf die Preise hat. Beim vorliegenden Fall ist es ja so, dass der Bundesgerichtshof festgestellt hat, dass bestimmte Koppelungsmechanismen zwischen Heizöl- und Erdgaspreis nicht zulässig sind. Auswirkungen auf den Preis hat das nicht, denn der Preis bildet sich mittlerweile im Erdgasmarkt auch nach wettbewerblichen Komponenten und Gesichtspunkten und weniger jetzt nach irgendwelchen fixen Klauseln in Verträgen.

    Jürgen Liminski: Aber der Ölpreis steigt unaufhörlich in den letzten Tagen. Jetzt müsste es doch eigentlich aufhören und der Gaspreis dann mindestens bleiben?

    Preuss: Im Jahr 2009 hat die Rheinenergie hintereinander weg drei Preissenkungen des Erdgaspreises um insgesamt mehr als 30 Prozent vorgenommen. Nach einer dann relativ moderaten Erhöhung jetzt zum Januar ist für April keine weitere Preiserhöhung vorgesehen. Das heißt, man sieht im Moment jetzt schon auf dem Marktgeschehen de facto, dass sich der Erdgaspreis vom Ölpreis durchaus auch mal entkoppeln kann.
    Eine Information, glaube ich, ist in diesem Kontext wichtig. Die heute vom Bundesgerichtshof verworfene Klausel wird in den Verträgen der Rheinenergie bereits seit Anfang 2008 nicht mehr verwendet. Insofern hat sie auch keine direkte Relevanz für unsere Kunden.

    Liminski: Aber die Koppelung bestand bis dahin wenigstens und deshalb vielleicht noch mal etwas genauer die Frage: Wann wird es für die Verbraucher billiger, oder ist diese Hoffnung vergebens?

    Preuss: Es ist für die Verbraucher de facto bereits im vergangenen Jahr billiger geworden. Das hat aber nichts mit den Klauseln zu tun, denn wenn man sich den Preisverlauf der Gaspreise sagen wir mal über die zehn Jahre von 2001 bis 2010 hinweg mal genau ansieht, wird man feststellen, dass auch in den Phasen, in denen die Heizölpreisbindung noch in den Verträgen stand, das keineswegs eine Einbahnstraße gewesen ist. Dieser Eindruck scheint vor wohl im Moment etwas vorzuherrschen.

    Es hat ebenso viele Preissenkungen gegeben, wie es auch Preiserhöhungen gab, denn die Klauseln, die in den Verträgen standen, sahen ebenso zwingend eine Preissenkung vor bei rückläufigen Heizölpreisen, wie sie eben die Möglichkeit zur Preiserhöhung gegeben haben, wenn der Heizölpreis gestiegen ist.

    Liminski: Das Urteil dürfte aber die Verbraucher doch etwas sensibilisiert haben. Haben Sie eine Strategie, wie Sie den Verbraucher, ich sage mal, denn noch stärker berappen können?

    Preuss: Ich denke mal, man muss jetzt doch einfach mal vielleicht offen aussprechen, dass diese Automatismen, die nach Gerichtsverhandlungen stattfinden, dass immer direkt sozusagen die Energieversorger uni sono als Abzocker-Branche oder was auch immer verteufelt oder hingestellt werden, ein bisschen objektiviert wird, denn wir als Rheinenergie sind in erster Linie ein großes Stadtwerk, wir sind kein Energiekonzern, weil wir befinden uns mehrheitlich nach wie vor im öffentlichen Besitz, und wir halten uns zugute, dass wir unsere Kunden über die Jahre hinweg grundsätzlich ehrlich, anständig und fair behandelt haben.

    Man muss allerdings auch mal sagen dürfen, dass die Energiepreis-Diskussion oft wirklich eine ist, bei der es schwer fällt, wirklich die Sachargumente hinter der Polemik zu erkennen, denn wenn man mit vielen Leuten spricht und fragt, was zahlst du für deine Energie, dann lautet die Standardantwort in der Regel, das weiß ich nicht, aber es ist sowieso zu teuer. Auf diese Art und Weise kann man natürlich keine sachgerechte Diskussion führen.

    Liminski: So wie Sie die Diskussion führen, ist sie vielleicht auch nicht immer sachgerecht. Aber mal eine ganz andere Frage, eine Sachfrage: Wenn der Preis jetzt nicht mehr an den Ölpreis gekoppelt ist, wie setzt er sich zusammen?

    Preuss: Ich kann nur noch mal darauf hinweisen: Wir haben eine direkte Ölpreisbindung in unseren Verträgen seit mehreren Jahren nicht mehr. Der Erdgaspreis, den unsere Kunden zahlen, setzt sich in allererster Linie zusammen aus den Erdgasbeschaffungskosten, die wir haben, aus den Netznutzungsentgelten, die wir zu zahlen haben, aus den Gemeinkosten, die ein Unternehmen wie das unserige hat, in Bezug auf Personal, auf Instandhaltung der Sachanlagen, die zur Erdgasversorgung und zur Abrechnung dienen. Die Verträge, die wir heute anwenden, die schreiben auch zwingend vor, dass wir Kostensenkungen in diesen Bereichen, beispielsweise Erdgasbeschaffungskosten oder auch Netznutzungsentgelte, zeitnah und in vollem Umfang an die Kunden weitergeben. Insofern ist das eigentlich eine Sache, die jetzt, was diesen heutigen Urteilstag angeht, noch mal wiederholt für unsere Kunden aus heutiger Sicht keine Relevanz besitzt, weil derartige Vertragsklauseln, wie sie heute verworfen wurden, in unseren Verträgen nicht mehr enthalten sind.

    Liminski: Sehen Sie denn irgendwo eine Chance für die Verbraucher, dass es demnächst Preisnachlässe gibt? Sie erzählten gerade davon.

    Preuss: Der Kunde hat es in der Hand, seinen Preis selber ein wenig mitzubestimmen. Wir nehmen für uns in Anspruch, dass wir gute und günstige Angebote machen. Wer heute aktuell in eines der Internet-Preisportale hineinschaut und jetzt vielleicht mal ausgerechnet die Vorkasse-Tarife oder die mit irgendeiner Kaution oder einem besonders hohen Einmalbonus bei Seite lässt, wird feststellen, dass wir uns durchaus in den Top fünf der Preiswürdigkeit bewegen. Insofern kann man sagen, es gibt auch heute da schon günstige Angebote. Wie gesagt, das Problem ist oft der gefühlte Preis und weniger der reale, denn wenn man überlegt, was für eine Gegenleistung hinter dem gezahlten Preis steht, dann halten wir den noch durchaus für angemessen.

    Barenberg: Christoph Preuss, der Unternehmenssprecher von Rheinenergie Köln, über die Konsequenzen aus dem Urteil, das der Bundesgerichtshof gestern über die Gaspreise gefällt hat.