Fleming: Ja, das kann auch heißen, dass wir eigentlich nicht gut informiert sind, weil in so einem Land so viele Monate weg zu sein, heißt, dass wir eigentlich die letzten Entwicklungen gar nicht kennen. Was wir sagen können, ist, dass Nordkorea technisch ziemlich weit fortgeschritten ist und dass wir uns gut vorstellen können, dass sie in der Lage wären, eine Atombombe zu haben. Aber, wie gesagt, da wir nicht mehr vor Ort sind, können wir dies nicht bestätigen. Material, technisches Know-how und die Anlagen, die sie dafür brauchen, haben sie auch.
Zagatta: Welchen Zugang hatten da Ihre Inspektoren bis Anfang des Jahres? Konnten die da einigermaßen unkontrolliert ihre Arbeit machen oder waren sie damals schon behindert und eingeschränkt?
Fleming: Wir waren auch behindert und eingeschränkt. Wir waren dort im Rahmen eines Abkommens - Clinton und Nordkorea 1994 -, wir sollten einfach beobachten, dass eigentlich die ehemaligen Nuklearanlagen nicht mehr funktionieren, aber was in anderen Teilen des Landes geschieht, da hatten wir keinen Zugang.
Zagatta: Sind das jetzt alles Mutmaßungen, was da bei der Konferenz in Peking besprochen wird, oder muss man sich sogar jetzt auf Geheimdienstinformationen der USA verlassen? Das ist seit dem Irakkrieg auch nicht mehr so ganz unproblematisch.
Fleming: Ja, natürlich. Der Irakkrieg hat gezeigt, dass Geheimdienstinformationen vielleicht nicht immer das Wahre sind, aber mehr haben wir im Moment nicht. Wir müssen vielleicht nur auf unsere Erfahrung zurückgreifen, und die Erfahrung sagt uns, dass Nordkorea eigentlich in der Lage wäre, alleine, ohne Hilfe von anderen Ländern, eine Atombombe zu entwickeln. Wenn sie sagen, dass sie Fortschritte in diese Richtung machen, müssen wir sie ernst nehmen.
Zagatta: Die USA beschuldigen Nordkorea, jetzt nicht nur an Atomwaffen zu bauen, sondern auch Terroristen zu beliefern. Ihre Inspektoren sind ja fast in der ganzen Welt aktiv. Haben Sie da irgendwelche Erkenntnisse oder ist das Spekulation?
Fleming: Das wissen wir nicht. Natürlich ist unsere Sorge, dass Atommaterial weiter verbreitet werden könnte. Es ist nicht nur, dass ein Land wie Nordkorea die Atombombe möglicherweise haben könnte, aber die Gefahr ist, dass entweder dieses Material oder eine Bombe weiterverkauft werden könnte.
Zagatta: Nun hat sich Nordkorea ja immerhin auf diese Verhandlungen heute in Peking eingelassen mit den USA, mit China, mit Russland, Japan und Südkorea. Ist da die Rückkehr der internationalen Atomenergiebehörde ein Thema oder sind Sie ganz außen vor bei diesen Verhandlungen?
Fleming: Wir sind eigentlich nicht bei den Gesprächen dabei, aber wir sind auf jeden Fall ein Thema. Wenn es ein Abkommen gibt, ist es klar, dass es eine verifizierbare Lösung gibt, das heißt, dass Inspektoren verifizieren müssten, dass ein Atomwaffenprogramm abgebaut wird. In welche Reihenfolge das geschieht, wird natürlich noch debattiert. Nordkorea will wahrscheinlich zunächst Konzessionen und dann Inspektionen, die anderen Parteien wollen das umgekehrt haben.
Zagatta: Wir sprechen jetzt die ganze Zeit von Nordkorea, aber gestern ist auch bekannt geworden, dass Ihre Behörde, dass Ihre Inspektoren im Iran Spuren von hoch angereichertem Uran gefunden haben. Von wem geht denn im Moment Ihrer Ansicht nach die größere Gefahr aus, von Nordkorea oder dem Iran?
Fleming: Eindeutig von Nordkorea. Nordkorea hat jetzt im Moment keine Kontrolleure, keine Inspektionen, während der Iran mit uns kooperiert. Wir konfrontieren sie immer mit solchen Informationen. Wir gehen in ihre Atomanlagen rein, machen Proben und untersuchen alles. Wir haben zum Beispiel Spuren von hoch angereichertem Uran in einer Anlage gefunden, wo das eigentlich nicht hingehört.
Zagatta: Ist das ein eindeutiger Hinweis auf ein Waffenprogramm? Kann man das so sagen?
Fleming: Das können wir im Moment nicht sagen. Wir sagen, erklären Sie uns das, und sie haben eine Erklärung dafür, die wir dann überprüfen werden. Wir sind noch nicht so weit, dass wir ein Urteil abgeben können, ob Iran ein Atomwaffenprogramm entwickeln, oder ob sie, wie sie sagen, nur an einem zivilen Programm arbeiten.
Zagatta: Der Iran, so ist es zumindest gestern aus Teheran verlautet, hat der internationalen Atomenergiebehörde auch angeboten, künftig auch unangemeldete Kontrollen durchzuführen. Ist das so? Ist dieses Angebot bei Ihnen eingegangen? Können Sie das bestätigen?
Fleming: Ein Angebot ist bei uns eingegangen, allerdings in Form einer verbalen Zusage, dass sie Verhandlungen beginnen wollen. Wir werden natürlich erst dann zufrieden sein, wenn wir eine Unterschrift sehen.
Zagatta: Aber sie ist möglich?
Fleming: Sie ist möglich, und wir würden auch sagen, dass wir eigentlich sehr weit gekommen sind mit Iran. Letztes Jahr um diese Zeit hat man in der Welt überhaupt nichts gewusst über das, was Iran in seiner Atomentwicklung macht. Jetzt wissen wir sehr viel, und wir sind so weit gekommen, dass sie ernsthaft überlegen, dieses Abkommenzusatzprotokoll zu unterschreiben. Das würde uns einfach viel mehr Zugang ermöglichen und der Welt zeigen, dass sie in der Lage sind, transparent zu sein und die Welt vielleicht ein bisschen zu beruhigen.
Zagatta: Für den Irakkrieg haben die Amerikaner und Briten als Grund ja auch ein Atomwaffenprogramm dort angeführt. Ihre Behörde hat damals dort frühzeitig vieles auch korrigiert und bestritten. Wie sieht man das heute bei Ihnen? Ist da eine Genugtuung, dass man im Prinzip ja Recht behalten hat?
Fleming: Wir warten natürlich noch ab. Wir wissen, dass möglicherweise im September mehr Informationen rauskommen, was diese US-Inspektionen gefunden haben, aber wir haben bis jetzt keine Indizien gesehen, dass es ein Atomwaffenprogramm gegeben hat. Das ist das, was wir auch gesagt haben. Wir haben auch gesagt, gebt uns zwei Monate, dann können wir auch auf friedliche Weise herausfinden, dass es kein Atomwaffenprogramm gibt. Vielleicht bestätigt sich das jetzt.
Zagatta: Melissa Fleming, die Sprecherin der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, herzlichen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Zagatta: Welchen Zugang hatten da Ihre Inspektoren bis Anfang des Jahres? Konnten die da einigermaßen unkontrolliert ihre Arbeit machen oder waren sie damals schon behindert und eingeschränkt?
Fleming: Wir waren auch behindert und eingeschränkt. Wir waren dort im Rahmen eines Abkommens - Clinton und Nordkorea 1994 -, wir sollten einfach beobachten, dass eigentlich die ehemaligen Nuklearanlagen nicht mehr funktionieren, aber was in anderen Teilen des Landes geschieht, da hatten wir keinen Zugang.
Zagatta: Sind das jetzt alles Mutmaßungen, was da bei der Konferenz in Peking besprochen wird, oder muss man sich sogar jetzt auf Geheimdienstinformationen der USA verlassen? Das ist seit dem Irakkrieg auch nicht mehr so ganz unproblematisch.
Fleming: Ja, natürlich. Der Irakkrieg hat gezeigt, dass Geheimdienstinformationen vielleicht nicht immer das Wahre sind, aber mehr haben wir im Moment nicht. Wir müssen vielleicht nur auf unsere Erfahrung zurückgreifen, und die Erfahrung sagt uns, dass Nordkorea eigentlich in der Lage wäre, alleine, ohne Hilfe von anderen Ländern, eine Atombombe zu entwickeln. Wenn sie sagen, dass sie Fortschritte in diese Richtung machen, müssen wir sie ernst nehmen.
Zagatta: Die USA beschuldigen Nordkorea, jetzt nicht nur an Atomwaffen zu bauen, sondern auch Terroristen zu beliefern. Ihre Inspektoren sind ja fast in der ganzen Welt aktiv. Haben Sie da irgendwelche Erkenntnisse oder ist das Spekulation?
Fleming: Das wissen wir nicht. Natürlich ist unsere Sorge, dass Atommaterial weiter verbreitet werden könnte. Es ist nicht nur, dass ein Land wie Nordkorea die Atombombe möglicherweise haben könnte, aber die Gefahr ist, dass entweder dieses Material oder eine Bombe weiterverkauft werden könnte.
Zagatta: Nun hat sich Nordkorea ja immerhin auf diese Verhandlungen heute in Peking eingelassen mit den USA, mit China, mit Russland, Japan und Südkorea. Ist da die Rückkehr der internationalen Atomenergiebehörde ein Thema oder sind Sie ganz außen vor bei diesen Verhandlungen?
Fleming: Wir sind eigentlich nicht bei den Gesprächen dabei, aber wir sind auf jeden Fall ein Thema. Wenn es ein Abkommen gibt, ist es klar, dass es eine verifizierbare Lösung gibt, das heißt, dass Inspektoren verifizieren müssten, dass ein Atomwaffenprogramm abgebaut wird. In welche Reihenfolge das geschieht, wird natürlich noch debattiert. Nordkorea will wahrscheinlich zunächst Konzessionen und dann Inspektionen, die anderen Parteien wollen das umgekehrt haben.
Zagatta: Wir sprechen jetzt die ganze Zeit von Nordkorea, aber gestern ist auch bekannt geworden, dass Ihre Behörde, dass Ihre Inspektoren im Iran Spuren von hoch angereichertem Uran gefunden haben. Von wem geht denn im Moment Ihrer Ansicht nach die größere Gefahr aus, von Nordkorea oder dem Iran?
Fleming: Eindeutig von Nordkorea. Nordkorea hat jetzt im Moment keine Kontrolleure, keine Inspektionen, während der Iran mit uns kooperiert. Wir konfrontieren sie immer mit solchen Informationen. Wir gehen in ihre Atomanlagen rein, machen Proben und untersuchen alles. Wir haben zum Beispiel Spuren von hoch angereichertem Uran in einer Anlage gefunden, wo das eigentlich nicht hingehört.
Zagatta: Ist das ein eindeutiger Hinweis auf ein Waffenprogramm? Kann man das so sagen?
Fleming: Das können wir im Moment nicht sagen. Wir sagen, erklären Sie uns das, und sie haben eine Erklärung dafür, die wir dann überprüfen werden. Wir sind noch nicht so weit, dass wir ein Urteil abgeben können, ob Iran ein Atomwaffenprogramm entwickeln, oder ob sie, wie sie sagen, nur an einem zivilen Programm arbeiten.
Zagatta: Der Iran, so ist es zumindest gestern aus Teheran verlautet, hat der internationalen Atomenergiebehörde auch angeboten, künftig auch unangemeldete Kontrollen durchzuführen. Ist das so? Ist dieses Angebot bei Ihnen eingegangen? Können Sie das bestätigen?
Fleming: Ein Angebot ist bei uns eingegangen, allerdings in Form einer verbalen Zusage, dass sie Verhandlungen beginnen wollen. Wir werden natürlich erst dann zufrieden sein, wenn wir eine Unterschrift sehen.
Zagatta: Aber sie ist möglich?
Fleming: Sie ist möglich, und wir würden auch sagen, dass wir eigentlich sehr weit gekommen sind mit Iran. Letztes Jahr um diese Zeit hat man in der Welt überhaupt nichts gewusst über das, was Iran in seiner Atomentwicklung macht. Jetzt wissen wir sehr viel, und wir sind so weit gekommen, dass sie ernsthaft überlegen, dieses Abkommenzusatzprotokoll zu unterschreiben. Das würde uns einfach viel mehr Zugang ermöglichen und der Welt zeigen, dass sie in der Lage sind, transparent zu sein und die Welt vielleicht ein bisschen zu beruhigen.
Zagatta: Für den Irakkrieg haben die Amerikaner und Briten als Grund ja auch ein Atomwaffenprogramm dort angeführt. Ihre Behörde hat damals dort frühzeitig vieles auch korrigiert und bestritten. Wie sieht man das heute bei Ihnen? Ist da eine Genugtuung, dass man im Prinzip ja Recht behalten hat?
Fleming: Wir warten natürlich noch ab. Wir wissen, dass möglicherweise im September mehr Informationen rauskommen, was diese US-Inspektionen gefunden haben, aber wir haben bis jetzt keine Indizien gesehen, dass es ein Atomwaffenprogramm gegeben hat. Das ist das, was wir auch gesagt haben. Wir haben auch gesagt, gebt uns zwei Monate, dann können wir auch auf friedliche Weise herausfinden, dass es kein Atomwaffenprogramm gibt. Vielleicht bestätigt sich das jetzt.
Zagatta: Melissa Fleming, die Sprecherin der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, herzlichen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio