Eilrich: Guten Morgen, Herr Wiese.
Wiese: Herr Eilrich, Sie werden verstehen, ich muss Sie das fragen: Warum will sich Jürgen Peters nicht der Öffentlichkeit stellen?
Eilrich: Jürgen Peters hat sich der Öffentlichkeit nach der Vorstandssitzung gestellt. Er hat nach der Vorstandssitzung Journalisten Auskünfte gegeben. Er konnte aber diesen Termin heute Morgen nicht wahrnehmen, weil er offenbar andere Gesprächstermine hat.
Wiese: Das hat also nichts mit der massiven Kritik an seiner Führung dieses Streiks zu tun und hat auch nichts damit zu tun, dass die Forderungen an ihn gestellt wurden, nun doch seine Kandidatur zurückzuziehen?
Eilrich: Nein, das hat damit nichts zu tun. Sie haben es zwar anders formuliert, aber ich will es klar und deutlich sagen: In der Vorstandssitzung des Vorstandes der IG Metall in der vergangenen Nacht gab es keine Rücktrittsforderungen an Jürgen Peters.
Wiese: Haben Sie denn, Herr Eilrich, Verständnis für die Stimmung bei den Kollegen zum Beispiel im VW-Werk Mosel, die wir ja vorhin gehört haben, wo Sie mitgehört haben?
Eilrich: Dass es natürlich insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen, die teilweise bis zu vier Wochen gestreikt haben für gleiche Arbeits- und Einkommensbedingungen in ganz Deutschland im Moment eine große Enttäuschung gibt, ist doch nachvollziehbar. Ich möchte aber auf eines hinweisen, denn ich glaube, das ist in der öffentlichen Diskussion etwas in den Hintergrund getreten: Unumstritten hat die IG Metall in dieser Tarifauseinandersetzung Fehler gemacht. Die darf man nicht beschönigen. Wir müssen sie aufarbeiten und daraus Konsequenzen ziehen. Ein ganz wichtiger Punkt, auf den ich schon Wert lege, ist: Die IG Metall hat in der Nacht von Freitag auf Samstag den Metallarbeitgebern ein Lösungskonzept für diesen Tarifkonflikt auf den Tisch gelegt, das innovativ, flexibel und differenziert war. Wir haben gesagt: OK, wir nehmen eure Argumentation auf. Wir machen die Anpassungsschritte in Richtung 35 nicht auf einer festen Zeitschiene, so dass wir jetzt Jahresstufen festlegen, sondern wir bieten auch den Betriebsparteien die Möglichkeit, entsprechend der Produktivitätsentwicklung die Arbeitszeit zu verkürzen. Auch das haben die Arbeitgeber abgelehnt. Das heißt, die Arbeitgeber haben es bewusst darauf angelegt, diese Tarifauseinandersetzung - ich sage es so deutlich - gegen die Wand zu fahren und man muss glaube ich auch sagen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um der IG Metall mal zu zeigen, "wo der Hammer hängt".
Wiese: Herr Eilrich, das sind doch nun aber die Auseinandersetzungen von gestern. Nun kommt es ja darauf an - Sie haben es ja selbst das Stichwort gesagt "Konsequenz zu ziehen". Welche Konsequenz gedenkt denn Jürgen Peters zu ziehen nach der Kritik auch gestern in der Vorstandssitzung?
Eilrich: Jürgen Peters hat in der Vorstandssitzung angekündigt, dass er als das für Tarifpolitik zuständige Vorstandsmitglied jetzt sehr schnell eine Bestandsaufnahme machen wird, eine Analyse der vergangenen Wochen: Wo hat es Schwachstellen und wo hat es Fehleinschätzungen gegeben? Im Kern sind das die zwei Punkte: Schwachstellen und Fehleinschätzungen. Und wo hat es Fehler in dieser Tarifauseinandersetzung gegeben? Der Vorstand hat in der vergangenen Nacht nach fast zehnstündiger Diskussion vereinbart, die Diskussion an dieser Stelle zu unterbrechen und sie in einer Vorstandssitzung am 08. Juli fortzusetzen. Dann wird die Frage, die Sie stellen, in dieser Vorstandssitzung beantwortet werden müssen.
Wiese: Könnte es sein, dass er in dieser Vorstandssitzung dann den Hut nimmt?
Eilrich: Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen diese Frage nicht beantworten kann. Ich bin Pressesprecher des Vorstandes der IG Metall. Ich kann Ihnen nicht heute eine Frage beantworten, die sich mir nicht stellt. Ich muss darauf hinweisen: Der Vorstand der IG Metall hat sich im April in Dresden darauf verständigt, dass Jürgen Peters Nachfolger von Klaus Zwickel während unseres im Oktober geplanten Gewerkschaftstages werden soll. In einer demokratischen Organisation ist es so, dass über diesen Personalvorschlag letztendlich die Delegierten des Gewerkschaftstages entscheiden werden.
Wiese: Gestern wurden aber doch entsprechende Rücktrittsforderungen von Vorstandsmitgliedern erhoben, oder?
Eilrich: Noch mal: Es gab keine Rücktrittsforderung gegenüber Jürgen Peters und auch nicht gegenüber dem Bezirksleiter in Berlin, Brandenburg und Sachsen, Hasso Düvel.
Wiese: Peters hat doch die IG Metall mit diesem gescheiterten Streik, für den er ja zum Teil zumindest die Verantwortung trägt, in eine prekäre Situation gebracht. Ist die IG Metall zumindest in Ostdeutschland jetzt deutlich geschwächt?
Eilrich: Das ist unbestritten die schwerste tarifpolitische Niederlage der IG Metall seit 1954. 1954 hat die IG Metall in Bayern einen Arbeitskampf verloren, der die IG Metall über Jahre hinweg geschwächt hat. Dass wir jetzt in einer komfortablen Situation sind, kann niemand ernsthaft erwarten. Die IG Metall ist angeschlagen. Es kommt jetzt darauf an, wirklich ganz schnell Schlussfolgerungen und Konsequenzen zu ziehen mit der Zielsetzung, wieder in die Offensive zu kommen.
Wiese: Herr Eilrich, warum hat Peters diesen Streik eigentlich so forciert? Ungeachtet der Tatsache, dass er ja alles andere als populär war. Das war ja bekannt. Spielten da auch eigensüchtige Motive mit? Wollte er sich womöglich mit einem gewonnenen Arbeitskampf als Zwickel-Nachfolger zusätzlich profilieren?
Eilrich: Das war kein Arbeitskampf. Da muss man schon drauf hinweisen. Das war kein Arbeitskampf von Jürgen Peters, sondern das war ein Arbeitskampf der IG Metall. Die Entscheidungen zu diesem Arbeitskampf sind von der gesamten IG Metall getroffen worden.
Wiese: Peters hat ihn aber vorwiegend organisiert.
Eilrich: Jürgen Peters ist als zweiter Vorsitzender zuständig für Tarifpolitik. Man kann jetzt aber nicht den Eindruck erwecken, Jürgen Peters habe diesen Streik alleine angestoßen. Jürgen Peters steht natürlich in einer besonderen Verantwortung als zweiter Vorsitzender und als das für Tarifpolitik zuständige Vorstandsmitglied. Das wird ja in der Öffentlichkeit und in der IG Metall so diskutiert. Bloß wäre es überspitzt und nicht korrekt jetzt zu sagen: Das ist ein Arbeitskampf von Jürgen Peters gewesen. Das finde ich nicht in Ordnung.
Wiese: Wie wird es nun weitergehen in Ostdeutschland, Herr Eilrich? Werden nun für jeden einzelnen Betrieb Haustarife ausgehandelt? Wird der Flächentarifvertrag endgültig beerdigt?
Eilrich: Nein, das ist nicht unsere Zielsetzung, sondern wir sagen im Gegenteil: Wir halten am Konzept des Flächentarifvertrages fest. Perspektivisch bleibt auf jeden Fall unser Ziel, flächendeckende Tarifvertragsregelungen auch in Ostdeutschland zu erhalten beziehungsweise wieder neu herzustellen. Wobei man darauf hinweisen muss, dass wir im Kern jetzt keine Regelung im Flächentarifvertrag zu den Arbeitszeitbestimmungen haben. Wir haben in Ostdeutschland - und zwar für alle Bundesländer - nach wie vor Flächentarifverträge für Lohn- und Gehaltsregelungen, aber im Moment keine Regelung im Flächentarifvertrag zur Arbeitszeit. Rein formal ist es so, dass es für die Bestimmungen, die da gekündigt worden sind von uns und von den Arbeitgebern, eine sogenannte Nachwirkungsregelung gibt. Das heißt, für die Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung im Betrieb waren, gelten diese Regelungen weiter und gilt auch die 38-Stunden-Woche weiter, so lange, bis es eine neue vertragliche Regelung gibt.
Wiese: Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Pressesprecher des IG Metall-Vorstandes Claus Eilrich. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Eilrich und auf Wiederhören.
Eilrich: Ich danke Ihnen.
Link: Interview als RealAudio
Wiese: Herr Eilrich, Sie werden verstehen, ich muss Sie das fragen: Warum will sich Jürgen Peters nicht der Öffentlichkeit stellen?
Eilrich: Jürgen Peters hat sich der Öffentlichkeit nach der Vorstandssitzung gestellt. Er hat nach der Vorstandssitzung Journalisten Auskünfte gegeben. Er konnte aber diesen Termin heute Morgen nicht wahrnehmen, weil er offenbar andere Gesprächstermine hat.
Wiese: Das hat also nichts mit der massiven Kritik an seiner Führung dieses Streiks zu tun und hat auch nichts damit zu tun, dass die Forderungen an ihn gestellt wurden, nun doch seine Kandidatur zurückzuziehen?
Eilrich: Nein, das hat damit nichts zu tun. Sie haben es zwar anders formuliert, aber ich will es klar und deutlich sagen: In der Vorstandssitzung des Vorstandes der IG Metall in der vergangenen Nacht gab es keine Rücktrittsforderungen an Jürgen Peters.
Wiese: Haben Sie denn, Herr Eilrich, Verständnis für die Stimmung bei den Kollegen zum Beispiel im VW-Werk Mosel, die wir ja vorhin gehört haben, wo Sie mitgehört haben?
Eilrich: Dass es natürlich insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen, die teilweise bis zu vier Wochen gestreikt haben für gleiche Arbeits- und Einkommensbedingungen in ganz Deutschland im Moment eine große Enttäuschung gibt, ist doch nachvollziehbar. Ich möchte aber auf eines hinweisen, denn ich glaube, das ist in der öffentlichen Diskussion etwas in den Hintergrund getreten: Unumstritten hat die IG Metall in dieser Tarifauseinandersetzung Fehler gemacht. Die darf man nicht beschönigen. Wir müssen sie aufarbeiten und daraus Konsequenzen ziehen. Ein ganz wichtiger Punkt, auf den ich schon Wert lege, ist: Die IG Metall hat in der Nacht von Freitag auf Samstag den Metallarbeitgebern ein Lösungskonzept für diesen Tarifkonflikt auf den Tisch gelegt, das innovativ, flexibel und differenziert war. Wir haben gesagt: OK, wir nehmen eure Argumentation auf. Wir machen die Anpassungsschritte in Richtung 35 nicht auf einer festen Zeitschiene, so dass wir jetzt Jahresstufen festlegen, sondern wir bieten auch den Betriebsparteien die Möglichkeit, entsprechend der Produktivitätsentwicklung die Arbeitszeit zu verkürzen. Auch das haben die Arbeitgeber abgelehnt. Das heißt, die Arbeitgeber haben es bewusst darauf angelegt, diese Tarifauseinandersetzung - ich sage es so deutlich - gegen die Wand zu fahren und man muss glaube ich auch sagen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um der IG Metall mal zu zeigen, "wo der Hammer hängt".
Wiese: Herr Eilrich, das sind doch nun aber die Auseinandersetzungen von gestern. Nun kommt es ja darauf an - Sie haben es ja selbst das Stichwort gesagt "Konsequenz zu ziehen". Welche Konsequenz gedenkt denn Jürgen Peters zu ziehen nach der Kritik auch gestern in der Vorstandssitzung?
Eilrich: Jürgen Peters hat in der Vorstandssitzung angekündigt, dass er als das für Tarifpolitik zuständige Vorstandsmitglied jetzt sehr schnell eine Bestandsaufnahme machen wird, eine Analyse der vergangenen Wochen: Wo hat es Schwachstellen und wo hat es Fehleinschätzungen gegeben? Im Kern sind das die zwei Punkte: Schwachstellen und Fehleinschätzungen. Und wo hat es Fehler in dieser Tarifauseinandersetzung gegeben? Der Vorstand hat in der vergangenen Nacht nach fast zehnstündiger Diskussion vereinbart, die Diskussion an dieser Stelle zu unterbrechen und sie in einer Vorstandssitzung am 08. Juli fortzusetzen. Dann wird die Frage, die Sie stellen, in dieser Vorstandssitzung beantwortet werden müssen.
Wiese: Könnte es sein, dass er in dieser Vorstandssitzung dann den Hut nimmt?
Eilrich: Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen diese Frage nicht beantworten kann. Ich bin Pressesprecher des Vorstandes der IG Metall. Ich kann Ihnen nicht heute eine Frage beantworten, die sich mir nicht stellt. Ich muss darauf hinweisen: Der Vorstand der IG Metall hat sich im April in Dresden darauf verständigt, dass Jürgen Peters Nachfolger von Klaus Zwickel während unseres im Oktober geplanten Gewerkschaftstages werden soll. In einer demokratischen Organisation ist es so, dass über diesen Personalvorschlag letztendlich die Delegierten des Gewerkschaftstages entscheiden werden.
Wiese: Gestern wurden aber doch entsprechende Rücktrittsforderungen von Vorstandsmitgliedern erhoben, oder?
Eilrich: Noch mal: Es gab keine Rücktrittsforderung gegenüber Jürgen Peters und auch nicht gegenüber dem Bezirksleiter in Berlin, Brandenburg und Sachsen, Hasso Düvel.
Wiese: Peters hat doch die IG Metall mit diesem gescheiterten Streik, für den er ja zum Teil zumindest die Verantwortung trägt, in eine prekäre Situation gebracht. Ist die IG Metall zumindest in Ostdeutschland jetzt deutlich geschwächt?
Eilrich: Das ist unbestritten die schwerste tarifpolitische Niederlage der IG Metall seit 1954. 1954 hat die IG Metall in Bayern einen Arbeitskampf verloren, der die IG Metall über Jahre hinweg geschwächt hat. Dass wir jetzt in einer komfortablen Situation sind, kann niemand ernsthaft erwarten. Die IG Metall ist angeschlagen. Es kommt jetzt darauf an, wirklich ganz schnell Schlussfolgerungen und Konsequenzen zu ziehen mit der Zielsetzung, wieder in die Offensive zu kommen.
Wiese: Herr Eilrich, warum hat Peters diesen Streik eigentlich so forciert? Ungeachtet der Tatsache, dass er ja alles andere als populär war. Das war ja bekannt. Spielten da auch eigensüchtige Motive mit? Wollte er sich womöglich mit einem gewonnenen Arbeitskampf als Zwickel-Nachfolger zusätzlich profilieren?
Eilrich: Das war kein Arbeitskampf. Da muss man schon drauf hinweisen. Das war kein Arbeitskampf von Jürgen Peters, sondern das war ein Arbeitskampf der IG Metall. Die Entscheidungen zu diesem Arbeitskampf sind von der gesamten IG Metall getroffen worden.
Wiese: Peters hat ihn aber vorwiegend organisiert.
Eilrich: Jürgen Peters ist als zweiter Vorsitzender zuständig für Tarifpolitik. Man kann jetzt aber nicht den Eindruck erwecken, Jürgen Peters habe diesen Streik alleine angestoßen. Jürgen Peters steht natürlich in einer besonderen Verantwortung als zweiter Vorsitzender und als das für Tarifpolitik zuständige Vorstandsmitglied. Das wird ja in der Öffentlichkeit und in der IG Metall so diskutiert. Bloß wäre es überspitzt und nicht korrekt jetzt zu sagen: Das ist ein Arbeitskampf von Jürgen Peters gewesen. Das finde ich nicht in Ordnung.
Wiese: Wie wird es nun weitergehen in Ostdeutschland, Herr Eilrich? Werden nun für jeden einzelnen Betrieb Haustarife ausgehandelt? Wird der Flächentarifvertrag endgültig beerdigt?
Eilrich: Nein, das ist nicht unsere Zielsetzung, sondern wir sagen im Gegenteil: Wir halten am Konzept des Flächentarifvertrages fest. Perspektivisch bleibt auf jeden Fall unser Ziel, flächendeckende Tarifvertragsregelungen auch in Ostdeutschland zu erhalten beziehungsweise wieder neu herzustellen. Wobei man darauf hinweisen muss, dass wir im Kern jetzt keine Regelung im Flächentarifvertrag zu den Arbeitszeitbestimmungen haben. Wir haben in Ostdeutschland - und zwar für alle Bundesländer - nach wie vor Flächentarifverträge für Lohn- und Gehaltsregelungen, aber im Moment keine Regelung im Flächentarifvertrag zur Arbeitszeit. Rein formal ist es so, dass es für die Bestimmungen, die da gekündigt worden sind von uns und von den Arbeitgebern, eine sogenannte Nachwirkungsregelung gibt. Das heißt, für die Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung im Betrieb waren, gelten diese Regelungen weiter und gilt auch die 38-Stunden-Woche weiter, so lange, bis es eine neue vertragliche Regelung gibt.
Wiese: Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Pressesprecher des IG Metall-Vorstandes Claus Eilrich. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Eilrich und auf Wiederhören.
Eilrich: Ich danke Ihnen.
Link: Interview als RealAudio