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Keine Wahlfälschung in Moldawien

Die jüngsten Parlamentswahlen in Moldawien, aus denen die Kommunisten als Sieger hervorgegangen sind, sind nach Ansicht des CDU-Politikers Manfred Grund weitgehend fair und frei abgelaufen. Vom Grundsatz her entspreche das Ergebnis dem Wahlverhalten der Moldawier. Allerdings hätte die Opposition vor den Wahlen im Gegensatz zu den Kommunisten weniger administrative Ressourcen zur Verfügung gehabt.

Manfred Grund im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Letzten Sonntag hat es in der Republik Moldawien Neuwahlen zum Parlament gegeben. Diese Wahlen haben die Kommunisten knapp gewonnen. Dagegen laufen vor allem junge Anhänger der Opposition Sturm. Gestern stürmten sie das Parlamentsgebäude. Die Folge: viele Verletzte. Insgesamt soll es 200 Verhaftungen gegeben haben. Die Demonstranten sprechen von Wahlbetrug. Die OSZE aber meint, die Wahlen seien alles in allem fair verlaufen.

    Ich begrüße nun Manfred Grund, CDU-Bundestagsabgeordneter und er war von Freitag bis Montag in Moldawien als OSZE-Wahlbeobachter. Guten Tag, Herr Grund!

    Manfred Grund: Guten Tag!

    Meurer: Was haben Sie beobachtet in Moldawien?

    Grund: Wir sind ungefähr 200 internationale Wahlbeobachter gewesen, die einmal am Samstag eine gute Einweisung bekommen haben, am Sonntag dann, ich denke mal, jeder 10 bis 12 Wahllokale kontrolliert hat, gecheckt hat. Alles was wir am Wahltag festgestellt haben war: Die Wahlen waren organisatorisch gut vorbereitet. In jedem Wahllokal waren von den Oppositionsparteien entsandte Beobachter, die sehr penibel aufgepasst haben. Und der Wahltag ist so abgelaufen, wie es die OSZE auch letztendlich festgestellt hat: grundsätzlich frei und weitestgehend auch fair. Probleme gibt es im Vorfeld der Wahlen - das hat die OSZE auch in ihrer Berichterstattung dann festgehalten -, nämlich dass die Opposition keinen Zugang oder kaum Zugang zur Presse gehabt hat, dass Oppositionsveranstaltungen massiv gestört worden sind und dass natürlich die Regierung, die herrschende kommunistische Partei, die administrativen Ressourcen für sich eingesetzt hat. Das ist auch nichts Ungewöhnliches in Ost- und Mitteleuropa. Um ein Resümee zu ziehen: Ich glaube, auch ohne massive Wahlfälschung, die auch niemand richtig nachweisen kann, hätten die Kommunisten zugewonnen, so dass das Ergebnis vom Grundsatz her wohl dem Wahlverhalten der Moldawier entspricht.

    Meurer: Aber insgesamt sagen Sie, das war fair, trotz dieser doch deutlichen Einschränkungen, die Sie machen für die Vorwahlzeit?

    Grund: Richtig. Auch die EU, auch die EU-Außenkommissarin Ferrero-Waldner hat gesagt, hat das Ergebnis grundsätzlich anerkannt. Es gibt niemand, der direkte Wahlfälschungen gesehen hat oder beweisen kann. Auch die Oppositionsparteien sind den Nachweis schuldig.

    Meurer: Also dass es doppelte, mehrfache Abstimmungen gegeben hat, jemand mehrfach wählen konnte, das können Sie nicht bestätigen?

    Grund: Überhaupt nicht. Wir haben gerade auf dieses mögliche Phänomen sehr genau hingeschaut, aufgepasst. Lässt sich mit den Beobachtungen, die wir gemacht haben, nicht decken. Und noch mal: Alle Oppositionsparteien hatten Wahlbeobachter in allen Wahllokalen, und niemand hat uns auf Nachfrage irgendeine Unregelmäßigkeit bestätigen können.

    Meurer: Sie beschäftigen sich seit längerem mit Moldawien. Wie finden Sie denn jetzt das Verhalten der Studenten und jungen Leute, die demonstrieren und teilweise gewalttätig werden?

    Grund: Die Demonstration von jungen Leuten kann ich gut verstehen, weil mit diesem Ergebnis - einer absoluten Mehrheit durch die kommunistische Partei - das Land noch eine Zeit lang in der Schockstarre bleibt, in der Moldawien schon seit Jahren drin ist, dass sich innenpolitisch, wirtschaftspolitisch kaum etwas bewegt, dass es keine Hoffnung, keine Perspektive gibt. Ungefähr eine Million Moldawier, vorwiegend junge Moldawier, sind im Ausland, in Spanien, in Italien oder auch in Frankreich zur Arbeit. Zurückgeblieben sind im Wesentlichen alte Leute. Daher erklärt sich auch diese Zustimmung zur kommunistischen Partei, die Pensionen garantiert, wenn auch auf niedrigem Niveau, eine gewisse Sicherheit, eine gewisse Stabilität. Aber die junge Generation hat keine Perspektive. Für was ich kein Verständnis habe ist und wir auch nicht haben können, wenn diese Proteste in Gewalt ausarten, wenn dann das Parlamentsgebäude gestürmt wird, der Präsidentensitz, wenn geplündert wird, wenn Brandstiftung stattfindet. Da ist viel auch Lust an Randale mit dabei, ohne dass eine klare politische Aussage dahinter ist.

    Meurer: Wie demokratisch ist die Regierung unter Präsident Voronin?

    Grund: Die Regierung setzt sich bisher zusammen aus Regierungsmitgliedern, die alle nicht der kommunistischen Partei angehören, die zum Teil eine gute, auch von der Opposition bestätigte gute Arbeit machen. Das heißt, in der Regierungsarbeit merkt man das nicht so stark, dass hier Kommunisten, frühere Kommunisten im Land das Sagen haben. Aber natürlich ist es eine quasi Ein-Personen-Diktatur durch den Präsidenten.

    Meurer: Also schon eine Diktatur?

    Grund: Eine Ein-Personen-Diktatur, würde ich schon durchaus sagen. Auf Vladimir Voronin ist alles ausgerichtet. Trotzdem, in freien und fairen Wahlen ist diese Person und auch die kommunistische Partei bestätigt worden, und ich glaube, da müssen wir auch in Richtung Moldau sagen: Leute, wenn ihr nicht wirklich Beweise habt für massive Wahlfälschung, dann ist das Ergebnis anzuerkennen.

    Meurer: Ist das in Moldawien so wie in anderen osteuropäischen Ländern: Eben ein Teil der Bevölkerung hängt an dem alten System fest, orientiert sich eher an Russland, und eine Minderheit in Moldawien orientiert sich eher gen Westen?

    Grund: Es gibt interessante Umfragen dort. Eine Umfrage: Wen betrachten die Moldauer als ihren strategischen Partner? Da sagen 80 Prozent Russland. Gleichzeitig sagen wieder 70 Prozent, wir wollen aber in die Europäische Union. Das heißt, es ist beides da. Für ein kleines Land, für ein in der Vergangenheit sehr geschundenes Land ist beides da: der - durchaus - Respekt vor Russland und da will man in Frieden mit denen bleiben, aber auch der Wunsch, zur europäischen Familie dazuzugehören. Diesen Konflikt kann die kommunistische Partei und der Präsident nicht austragen. Das heißt, es braucht dazu andere demokratische Parteien, die auch einen Wandel herbeiführen, auch für europäische Werte werben können. Und dazu gehören natürlich auch die jetzt ins Parlament gewählten drei liberalen Parteien.