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Keine Wechselstimmung in Sicht

Vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz sind es vor allem die Spitzenkandidaten, die für Spannung sorgen: Ein altgedienter und nach wie vor beliebter Ministerpräsident trifft auf eine schlagfertige, junge Herausforderin, die auch mal deutsche Weinkönigin war.

Von Ludger Fittkau |
    Angela Merkel: "Liebe Julia Klöckner, wir werden gemeinsam diesen Wahlkampf gestalten. Denn Rheinland-Pfalz ist ein gutes Stück Deutschland. Und Rheinland-Pfalz wird unter Wert regiert."

    Sigmar Gabriel: "Wir sind in einem Land zu Gast, das wahr gemacht hat mit dem sozialdemokratischen Versprechen, dass Bildung kostenfrei sein muss. Vom Kindergarten, von der Kindertagesstätte bis zur Universität. Das ist wirklich was, was Schule machen wird in Deutschland. Und wir finden das zum ersten Mal realisiert hier in Rheinland-Pfalz."

    Bundeskanzlerin Angela Merkel macht den stark defizitären rheinland-pfälzischen Landeshaushalt zum Wahlkampfthema. SPD-Chef Siegmar Gabriel zeigt hingegen auf, wofür die Schulden gemacht werden - ein Drittel des Landeshaushaltes geht in die Bildung. Doch weder Haushaltspolitik noch Schulpolitik dominieren den rheinland-pfälzischen Wahlkampf. Die Spitzenkandidaten vor allem sind es, die für Spannung sorgen: Ein altgedienter und nach wie vor beliebter Ministerpräsident trifft auf eine schlagfertige, junge Herausforderin, die auch mal fotogene deutsche Weinkönigin war. Kein Wunder, dass das Publikumsinteresse am ersten TV-Duell der Spitzenkandidaten in der rheinland-pfälzischen Geschichte vor einigen Tagen riesengroß war:

    "Jetzt live aus dem SWR-Funkhaus in Mainz - das Duell Kurt Beck gegen Julia Klöckner."

    Unentschieden - so beurteilten die meisten Beobachter das Fernsehduell. Das ist ein Erfolg für die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner, die 38 Jahre alte Konkurrentin des 61-jährigen, erfahrenen SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck.

    "Ja, Frau Klöckner ist ohnedies eine interessante Kandidatin. Insofern, als sie sozusagen als politisches Gesamtkunstwerk ein politisches Spektrum abdecken kann, von in normativ-ethischen Fragen durchaus an der katholischen Lehrmeinung orientierten konservativen Position, bis hin, wenn es um Familienpolitik geht, durchaus sehr liberale Vorstellungen. Also, das ist schon ein relativ breites Spektrum, was sie als Person verkörpert","

    sagt Professor Ulrich Sarcinelli, Politologe und Vizepräsident der Universität Koblenz-Landau. Sarcinelli und sein prominenter Mainzer Kollege Jürgen Falter glauben jedoch: Das für sie positive TV-Duell mit Kurt Beck wird Julia Klöckner für die Landtagswahl am kommenden Sonntag kaum nützen. Sarcinelli und Falter sind sich einig: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der neue rheinland-pfälzische Ministerpräsident der alte sein: Kurt Beck. In einer Koalition mit den Grünen, die sich nach der Reaktorkatastrophe in Japan eindeutig für ein Regierungsbündnis mit der SPD ausgesprochen haben.

    Sarcinelli: ""Was den Wahlkampf angeht, so kann man eigentlich jetzt feststellen, dass es bisher keine Wendestimmung im Land gibt. Der Grad der Zufriedenheit mit Landesregierung ist jedenfalls nicht so schlecht in Anführungsstrichen, dass sich gleichsam ein Regierungswechsel aufdrängt."

    Falter: "Wenn die FDP unter fünf Prozent gedrückt werden sollte, wenn die Linken es nicht in den Landtag schafften, die SPD um vier bis fünf Prozentpunkte zulegt, könnte sie wieder auf dem Status quo landen, das heißt eventuell sogar alleine regieren. Wahrscheinlicher halte ich jedoch im Augenblick noch Rot-Grün."

    "High Noon, meine Damen und Herren. Ich begrüße sie ganz herzlich zum zweiten Wahl-O-Mat-Start bei einer Landtagswahl in Rheinland-Pfalz."

    Dreizehn Jugendliche aus ganz Rheinland-Pfalz präsentieren im Regierungsviertel den "Wahl-O-Maten" für Rheinland-Pfalz. Sie haben die Wahlprogramme der Parteien gelesen und 38 Fragen für das Wahl-Themenspiel im Internet formuliert:

    Abiturientin 1: "Es war das erste Mal, dass ich mich so intensiv mit Wahlprogrammen beschäftigt habe."

    Abiturientin 2: "Mir ist überhaupt erst mal klar geworden, was überhaupt die Landespolitik in Rheinland-Pfalz im Augenblick bewegt. Beispielsweise war mir nicht klar, was für eine Bedeutung der Hochmoselübergang für viele Wähler hat."

    Der Hochmoselübergang - das ist ein umstrittenes Brückenbauprojekt im mittleren Moseltal. Die Bauarbeiten für die Zufahrt haben schon begonnen. Eine 158 Meter hohe und 1700 Meter lange Stahlbetonbrücke über der Mosel soll in wenigen Jahren den Hunsrück mit der Eifel verbinden. Kostenpunkt: 330 Millionen Euro.

    Josef Rosenbauer, Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz, ist einer der Politiker, die bei der Präsentation des Wahl-O-Maten zu denen gehören, die die 38 Fragen unter Beobachtung der Jugendlichen beantworten. Auch die Frage zum Hochmoselübergang:

    "Hochmoselübergang bei Wittlich und Rheinböllen soll gebaut werden. Stimmen wir selbstverständlich zu."

    Widerstand gegen die Brücke gibt es jedoch schon seit Langem. Als im vergangenen Jahr international bekannte Weinkritiker warnten, die Brücke könnte einige der besten Riesling-Anbaugebiete der Welt schädigen, fand der Protest zum ersten Mal bundesweit Beachtung. Im Landtagswahlkampf gab es dazu in mehreren Orten an der Mosel Diskussionsveranstaltungen - zum Beispiel im bekannten Weinort Bernkastel-Kues.

    Die Bürgerinitiative "Pro Mosel" will den Hochmoselübergang noch verhindern. Dabei setzt die Initiative vor allem auf die Grünen. Denn die Wahlkreis-Kandidatin Jutta Blatzheim-Rögler, wird sicher in den Landtag kommen.

    "Ja, in der Tat wenden sich Bündnis 90/Die Grünen seit Beginn der Planung kritisch gegen dieses Projekt und haben über all die Jahre auch den Widerstand der Bürgerinitiative aktiv begleitet."

    Den rheinland-pfälzischen Grünen werden mehr als zehn Prozent vorausgesagt. FDP und Linkspartei müssen am 27. März um den Einzug in den Mainzer Landtag bangen.

    An Julia Klöckner liegt es nicht, dass es für CDU und FDP möglicherweise nicht reichen wird, eine Regierungsmehrheit zu bekommen - auch darin sind sich die meisten Beobachter einig. Die Spitzenkandidatin der Union hat sich im Wahlkampf gut geschlagen. Julia Klöckner hat einfach das Pech, mit Kurt Beck einen in Rheinland-Pfalz auch nach 16 Jahren Regierungszeit immer noch sehr beliebten Gegenkandidaten zu haben. Auch die Linken haben es schwer, Kurt Beck Stimmen abzujagen. Sie müssen um den Einzug in den Landtag zittern. Parteienforscher Ulrich Sarcinelli von der Uni Koblenz-Landau:

    "Ja, ich denke, dass das in hohem Maße auch an der Person des Ministerpräsidenten hängt, der ja doch immer wieder betont, dass er ein Mann der kleinen Leute ist, aus kleinen Verhältnissen kommt, auch eine außerordentliche, ich denke auch glaubwürdige Nähe zur Bevölkerung hat. Insofern sind solche sozialen Frontstellungen, wie sie von der linken Partei in anderen Bundesländern immer wieder aufgezogen wurden, in Rheinland-Pfalz sehr schwer zu ziehen. Das hängt sicherlich mit der spezifischen, sehr stark mitteorientierten, moderaten politischen Kultur zusammen, aber auch mit den Spitzenakteuren, die wir hier haben."

    Diese Spitzenakteure mussten sich in den letzten Tagen im Landtagswahlkampf vor allem mit den Folgen des Atomunfalls in Japan auseinandersetzen. Beim TV-Duell zwischen Beck und Klöckner im SWR-Fernsehen kam es zum Schlagabtausch über die Frage, ob man angesichts der Opfer in Japan mit dem Thema "Atomkraft" überhaupt Wahlkampf machen dürfe oder nicht.

    Kurt Beck wird nach der Katastrophe von Japan nicht müde, darauf hinzuweisen, dass auch der Rheingraben, in dem mehrere Atomkraftwerke stehen, ein Erdbebengebiet ist:

    "Wir hatten gerade vor wenigen Tagen ein Erdbeben, das bei fünf, sechs auf der Richterskala gelegen hat, und das zeigt, die Erdbebenspalte entlang des Rheingrabens aber auch rechts und links des Rheins, diese seismische Aktivität ist nach wie vor nicht zu unterschätzen."
    Das weiß auch CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Seit einer Woche setzt sie sich nun dafür ein, die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke auf Dauer vom Netz zu nehmen - darunter auch die Meiler Biblis A und B sowie das AKW Phillipsburg I. Diese drei alten Atommeiler am Rhein stehen zwar auf hessischem und baden-württembergischem Boden - aber unmittelbar an der rheinland-pfälzischen Landesgrenze. Im TV-Duell mit Kurt Beck fordert Julia Klöckner den Ministerpräsidenten auf, gemeinsam für den Atomausstieg zu arbeiten:

    "Und das, was wir beschlossen haben, die sieben alten Meiler abzuschalten, das ist das Richtige. Und ich bin der Meinung, die müssen auch vom Netz wegbleiben. Und jetzt müssen wir gemeinsam in das Zeitalter der erneuerbaren Energien gehen. Und helfen sie mit, dass die Widerstände aufhören."

    Neben der Atomkraft bestimmten die Bildungspolitik, umstrittene Brückenbauprojekte an Rhein und Mosel sowie verschiedene Skandale der beiden großen Parteien wie der Nürburgring und die CDU-Fraktionsgelderaffäre den Landtagswahlkampf.

    Bis vor wenigen Wochen schien es, als ob sich der Wettbewerb um die Wählerstimmen vor allem auf verschiedene Landtagsuntersuchungsausschüsse zu diesen Skandalen beschränken würde. Die Arbeit der Ausschüsse erreichte jedoch die breite Öffentlichkeit nicht, glaubt der Politologe Jürgen Falter. Deshalb werden sie seiner Meinung nach die Wahl nicht entscheidend beeinflussen:

    "Das hat auch etwas damit zu tun, dass beide Seiten, SPD wie CDU ihre jeweils eigenen Skandale haben. Die Landesregierung natürlich durch Nürburgring, Schlosshotel-Affäre, die CDU durch hausgemachte Affären. Das neutralisiert sich irgendwie und hat meines Erachtens keinem wirkliche Vorteile gebracht."

    Die bei Weitem größte aktuelle Affäre in Rheinland-Pfalz ist der Nürburgring-Skandal. Mindestens 330 Millionen Euro Steuergelder hat die Beck-Regierung unter dubiosen Umständen an der Autorennbahn in ein weitgehend gescheitertes Freizeitzentrum investiert. Ein Finanzminister musste seinen Hut nehmen, Ministerpräsident Kurt Beck stand massiv in der Kritik. Doch auch dieser Skandal wird die Landtagswahl nicht entscheiden, glaubt Jürgen Falter:

    "Ich glaube, dieser Skandal versendet sich allmählich. Das ist ein Problem. Die meisten sind es eigentlich satt in der Zwischenzeit, sich damit zu beschäftigen. Sie haben ganz andere Probleme, und wir haben in der Zwischenzeit ganz andere Probleme, größere Probleme."

    Die anstehende Bundeswehrreform beispielsweise. In mehr als 30 rheinland-pfälzischen Gemeinden mit Bundeswehreinrichtungen herrscht seit Monaten Angst vor Standortschließungen.

    Armanda Maruschkina betreibt ein kleines Modegeschäft im pfälzischen Baumholder, einem Bundeswehrstandort mit einem großen Truppenübungsplatz. Der Ortskern mit der Geschäftsstraße ist umgeben von Militäranlagen der Deutschen und Amerikaner. Doch sollte der Truppenübungsplatz geschlossen werden, muss auch die einst aus Russland in die Pfalz eingewanderte Armanda Maruschkina ihren Laden dichtmachen, befürchtet sie:

    "Das trifft hundertprozentig zu. Ich würde sagen, dass mehr als die Hälfte meiner Stammkundschaft, die arbeiten alle bei der Bundeswehr. Und wenn die dort Arbeitsplätze verlieren, wahrscheinlich gibt es mein Geschäft dann auch nicht mehr."

    Schon in den vergangenen Jahren musste in der 4500-Einwohner-Gemeinde Baumholder manches Fachgeschäft und mancher Klub schließen. Ein Grund: Die US-Truppen, die hier stationiert sind, wurden mehr und mehr zum Kriegseinsatz in den Irak oder nach Afghanistan berufen.

    Wenn ein alteingesessenes Geschäft in Baumholder aufgibt, versuchen es neue Ladenbetreiber mit Billigangeboten. Noch wirkt das Zentrum der Stadt belebt, sogar ein Straßencafé gibt es. Doch bei Schließung des Truppenübungsplatzes wäre nicht mehr genug Kaufkraft da, um das Geschäftszentrum aufrecht zu erhalten, befürchtet auch Baumholders Bürgermeister Peter Lang:

    "Bei der Bundeswehr ist es so, dass von den zivilen Arbeitsplätzen - um diesen Truppenübungsplatz betreiben zu können, geführt wird das von einer militärischen Dienststelle und das Bundeswehrdienstleistungszentrum unterstützt - da sind es so um die 250 Arbeitsplätze."

    Deshalb will der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck den Truppenübungsplatz Baumholder und möglichst viele andere Standorte erhalten.

    Nach dem Rücktritt des Bundesverteidigungsministers zu Guttenberg forderte Beck sofort eine Verschiebung der Bundeswehrreform um ein Jahr. Eine Forderung, der sich die Grünen-Spitzenkandidatin Eveline Lemke nicht anschließen will. Obwohl die Grünen erklärtermaßen am liebsten mit der SPD koalieren wollen, gibt es hier ein mögliches Streitthema:

    "Ich denke, dass man die Reform auch weiter fortsetzen muss. Es ist natürlich so, dass hier Standorte in Rheinland-Pfalz betroffen sind, deswegen hat Kurt Beck da auch Bedenken, das fortzusetzen. Wir würden da schon weiter voranmachen wollen."

    Vielleicht ist der Umgang mit dem Militär eines der Politikfelder, wo SPD und Grüne in Rheinland-Pfalz am weitesten voneinander entfernt sind. Brückenbauprojekte wie der sogenannte "Hochmoselübergang" und eine geplante Brücke im Mittelrheintal sind weitere mögliche Konfliktpunkte für eine rot-grüne Koalition. Für den Politologen Ulrich Sarcinelli sind das aber keine unüberwindbaren Hindernisse für eine Regierungszusammenarbeit:

    "Ja, auch bei den Grünen ist interessant, festzustellen, dass sie sozusagen 'verrheinland-pfälzert' sind. Auch sie spielen im Bundeskonzert der Partei Die Grünen eine eher moderate Rolle. Die beiden Spitzenkandidaten sind ja durchaus bürgerliche Typen. Und auch im gesamten Stil und im Auftreten hier, so weit man den Wahlkampf überhaupt wahrnehmen konnte, sind sie keine Partei, die auch nur den Anschein eines politischen Revoluzzertums oder einer Protestpartei etwa enthält."

    Ein Passagierflugzeug über Mainz - im Landeanflug auf den Flughafen Frankfurt am Main. Minütlich donnern die Maschinen in geringer Höhe über die Stadt. Fluglärm ist in den letzten Wochen zunehmend zu einem Wahlkampfthema geworden - vor allem in Mainz und Umgebung. Denn das Nachtflugverbot am nahegelegenen Flughafen Frankfurt-Main wird mehr und mehr durchlöchert. Im kommenden Herbst wird dann eine neue Landebahn in Betrieb genommen. Nach den vor wenigen Wochen bekannt gewordenen Plänen für neue Flugrouten wären vom zusätzlichen Fluglärm vor allem die Stadt Mainz und das rheinhessische Umland betroffen.

    Die Opposition kritisiert nun die SPD-Landesregierung dafür, beim Frankfurter Airportbetreiber Fraport und der hessischen Landesregierung hinsichtlich der Flugrouten zu spät die Interessen der ohnehin schon lärmgeplagten Mainzer vertreten zu haben. Die CDU-Abgeordnete Dorothea Schäfer, stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses im Mainzer Landtag:

    "Es ist wirklich fünf vor zwölf, das kann man gar nicht anders sagen. Und wir haben das ja vor Jahren schon festgestellt. (...) Wir haben das Thema Fluglärm als CDU-Fraktion in den Umweltausschuss und Verbraucherausschuss gebracht und damals hieß es. Sind wir da überhaupt zuständig? (...) Ich habe von den Hessen gehört, ja, die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat ja nie hier angeklopft in den letzten Jahren und gefragt: Können wir nicht mal das Gespräch miteinander führen. Und das wäre wichtig gewesen."

    Jetzt verspricht die rheinland-pfälzische Landesregierung, den Druck auf Hessen und die für die Flugrouten zuständige Deutsche Flugsicherung zu erhöhen, um zusätzlichen Fluglärm im Raum Mainz nach Inbetriebnahme der neuen Landebahn möglichst noch zu vermeiden.

    "Die FDP ist eine sehr leise Partei, die sowohl in der Koalition mit der CDU und dann aber auch über viele Jahre hinweg mit der SPD einen moderaten wirtschaftsfreundlichen Kurs gefahren hat. Insofern eine durchaus ausgleichende, moderierende Kraft","

    sagt der Landauer Politologe Ulrich Sarcinelli. Für die Freien Demokraten wäre ein mögliches Scheitern an der Fünfprozenthürde ein tiefer Einschnitt - bis 2006 waren sie viele Jahre in Regierungskoalitionen.

    ""Ich schließe nicht aus, dass sie am Ende doch besser aussieht, als sie momentan gehandelt wird. Ich denke, dass sie zwar näher bei der 5-Prozent-Grenze landen wird als bei der 10-Prozent-Marke, aber ich rechne schon damit, nach momentanem Ermessen, dass sie in den Landtag reinkommt."

    Die Linkspartei, die in den Wahlumfragen für Rheinland-Pfalz konstant zwischen vier und fünf Prozent liegt, hat spät Tritt gefasst. Vor einem halben Jahr war die Partei noch weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Es gab Querelen um die Aufstellung der Kandidatenliste für die Landtagswahl. Der Landesvorsitzende Alexander Ulrich trat zurück, weil die Parteibasis andere Kandidaten auf vordere Listenplätze wählte, als er vorgeschlagen hatte.

    Mit einer neuen Führung ist es seit einigen Monaten etwas ruhiger geworden in der Partei. Ein Problem, dass die Linken jedoch haben, ist Kurt Beck. Der SPD-Ministerpräsident hat in Rheinland-Pfalz weiterhin beste Kontakte zu den Gewerkschaften. Betriebsräte führen in Rheinland-Pfalz keinen Wahlkampf gegen Beck, der bei seinen Veranstaltungen immer wieder auch das Thema Mindestlohn und die Verbesserung der Bildungschancen von Kindern aus Hartz IV-Familien anspricht. Für Sigrid Meier, Mitglied der Linkspartei und ver.di-Personalrätin in Kaiserslautern, ist Beck an diesem Punkt konsequent:

    "Es liegt in der Natur der Sache, dass er sich als Sozialdemokrat und Gewerkschafter, der er auch ist, auch verstärkt diesen Themen widmet im Wahlkampf, das ist überhaupt gar nichts Neues. Ich denke, das würde er auch machen, würden wir nicht antreten."

    Doch wie kommt dieser Kurt Beck mit den Grünen klar, mit denen er möglicherweise nach dem nächsten Sonntag nach fünf Jahren Alleinregierung nun wohl eine Koalition eingehen muss? Hier kommen die Politologen Jürgen Falter und Ulrich Sarcinelli zu unterschiedlichen Einschätzungen:

    Falter: "Es gibt nicht sehr viele Knackpunkte. Die Grünen werden sicherlich das Umweltressort besetzen wollen. Nach meinen Informationen steht es ihnen so gut wie zu in informellen Vorabsprachen. Und da werden sie versuchen, Akzente zu setzen."

    Sarcinelli: "Aber ich glaube, dass diese Koalition schwieriger wird, als man gemeinhin denkt. Denn, man darf nicht vergessen, bei aller bürgerlichen Attitüde, die die Grünen in Rheinland-Pfalz an den Tag legen, da ist schon ein anderes Verständnis von politischer Kultur. Ein anderer Umgang, wenn es um bestimmte Sachfragen, wenn es um Wirtschaft, Infrastruktur, Umwelt auch um Bildung geht. Also, ich glaube, dass das kein Spaziergang werden wird."
    Die Computergrafie zeigt, wie der geplante Hochmoselübergang einmal aussehen könnte.
    Die Computergrafie zeigt, wie der geplante Hochmoselübergang einmal aussehen könnte. (picture alliance / dpa)
    Ein Stoppschild vor dem Kernkraftwerk in Biblis, Hessen
    Auch die CDU in Rheinland-Pfalz ist jetzt Atomkraftgegner - gegen die Kraftwerke in benachbarten Bundesländern wie Hessen. (AP)