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Kinder zuerst

Medizin. Eine weltweite Grippeepedemie könnte schlimme Folgen haben. Um diese einzudämmen, ist eine effiziente Impfstrategie erforderlich.

Von Kristin Raabe |
    Die weltweite Grippeepidemie, die Pandemie, beginnt höchstwahrscheinlich in Asien. Da sind sich alle Experten einig. Dank des internationalen Flugverkehrs wird sie sich schnell auf alle Kontinente ausbreiten. Die Sperrung von Flughäfen und das Einstellen des Luftverkehrs wird nicht viel nützen - das zeigen sämtliche Simulationen, auch die, die Elisabeth Halloran von der Washington Universität in Seattle erstellt hat.

    "Wenn das Virus erstmal in den USA ist, könnte der Einsatz eines wenig effizienten Impfstoffs tatsächlich Sinn machen und die Ausbreitung der Epidemie erheblich verlangsamen. Das gilt zumindest für niedrige Ansteckungsraten. Wenn das Virus allerdings infektiöser ist, die Übertragungsrate steigt, dann müssen unbedingt zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dann kommen auch antivirale Medikamente zum Einsatz und Schulen und Kindergärten müssten geschlossen werden. Impfung alleine reicht da nicht."

    Im Moment dauert es noch mindestens drei Monate, bis die ersten Chargen Impfstoff vom Band laufen. Im Pandemiefall wäre ein Impfstoff also nur dann rechtzeitig verfügbar, wenn er vorher eingelagert wurde. Theoretisch ließen sich heute Impfstoffe gegen das Vogelgrippevirus H5N1 einlagern. Um eine Pandemie auslösen zu können, müsste sich das Virus allerdings noch verändern. Gegen das tatsächliche Pandemievirus H5N1, wäre der heute eingelagerte Impfstoff also mit Sicherheit nur begrenzt wirksam. Gut zu wissen, dass eine solche Maßnahme doch sinnvoll wäre.

    "Eine wenig effiziente Impfung ist sinnvoll, wenn wir damit viele Menschen impfen können. Das ist sogar besser als nur wenige Menschen mit einem hocheffizienten Impfstoff zu impfen."

    Wäre ein Impfstoff verfügbar, der einen ausreichenden Immunschutz gewährleistet, könnten Mediziner einfach die Dosis verringern und mehr Menschen impfen. Das wäre auch dann sinnvoll, wenn dies niedrige Dosis nur einen begrenzten Immunschutz gewährleistet. Die geimpften Personen würden noch krank werden, aber nicht mehr sterben. Elisabeth Halloran hat auch simuliert, welche Personengruppen im Pandemiefall als erste geimpft werden sollten.

    "Die Kinder zuerst zu impfen war eindeutig die bessere Strategie. Außer wenn wir von einer sehr niedrigen Übertragungsrate des Virus ausgingen, dann erzielten wir mit beinah jeder Impfstrategie ein ähnlich gutes Ergebnis. Aber inzwischen sind sich alle Experten einig, dass Kinder die wichtigsten Überträger der Grippe sind ,und wenn sie immun sind, dann ist das im Interesse der öffentlichen Gesundheit die beste Methode, um die Übertragung zu stoppen."

    Die deutschen Experten vom Robert-Koch Institut diskutieren über Simulationen, wie die von Elisabeth Halloran. Sie wissen aber auch, das solche Modelle immer nur so gut sind wie die Daten, auf denen sie basieren. Wenn bei einer Pandemie beispielsweise vor allem alte Menschen betroffen wären, dann wäre es in jedem Fall sinnvoll, diesen Personenkreis zuerst zu impfen. Außerdem ist die Einlagerung von Impfstoffen alles andere als trivial. Anders als antivirale Medikamente können sie nicht ins Regal gelegt werden. Manche Impfstoffe müssen gekühlt werden und die Haltbarkeit ist selten höher als drei Jahre. Um ihre Modelle immer weiter der Realität anzupassen, fordert auch Elisabeth Halloran mehr Studien und Daten über die Ausbreitung von Grippeviren.