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Neues Format in Spanien
Kings League - die Neuerfindung des Fußballs?

Ex-Fußballer Gerard Piqué hat sie mit mehreren Internetstars entwickelt: Kings League heißt der neue Hallenfußball, der vor allem in der spanischsprachigen Welt seit Anfang dieses Jahres Aufmerksamkeit erfährt. Mit kuriosen Regeln.

Von Viktor Coco |
Ex-Fußballer Gerard Piqué im Dress der spanischen Nationalmannschaft.
Ex-Fußballer Gerard Piqué im Dress der spanischen Nationalmannschaft. (imago / Fotoarena / Ricardo Moreira)
Es war die Szene des Spieltags der Kings League, einer Sieben-gegen-Sieben-Hallenfußballliga in Barcelona: Beim Stand von 2:2 wird das Spiel Porcinos gegen 1K FC unterbrochen, damit sich die Präsidenten der Teams per Strafstoß duellieren. Am Ball Ibai Llanos, einer der bekanntesten spanischsprachigen Online-Influencer. Im Tor Ex-Weltmeister Iker Casillas.

"Aktionskarten" wie bei Gesellschaftsspielen

Der füllige Internetstar Ibai trifft gegen den fünffachen Welttorhüter. Zuvor hatten durch eine geloste "Ligakarte" für zwei Minuten zwei Feldspieler im Eins-gegen-Eins gespielt. Durch eine andere Aktionskarte durfte ein Team einen Gegenspieler der Wahl aussetzen lassen. Auch für Mark Sorroche Neuland. Er spielt im Team von Iker Casillas. "Für uns Spieler sind die Karten etwas gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile finde ich eigentlich alle ganz gut. Und gerade für die Zuschauer macht es das noch spannender", sagt Sorroche.
Willkürliche Wendungen wie bei Gesellschaftsspielen und künstliche Dramatik wie bei Wrestling-Schaukämpfen: die Kings League überrascht. Die Zusammenstellung der Mannschaften fand wie in den US-Sports nach dem Draft-Prinzip statt.

Online geprägte Liga

Sorroche erzählt: "Ich habe ein 30-Sekunden-Video mit Toren von mir eingereicht. Und plötzlich kam eine E-Mail, dass ich ausgewählt wurde. Ich konnte es kaum glauben!" Sorroche spielt eigentlich für einen katalanischen Club in der 2. spanischen Jugendliga. Über eine Online-Jobbörse, die zudem Hauptsponsor des neuen Hallenturniers ist, hatten sich 16.000 Spieler beworben. Ambitionierte Amateure, Ex-Profis bis über 50 Jahre und Futsal-Halbprofis. Aus den besten 160 haben die Präsidenten ihre Kader ausgewählt. Dazu kommen prominente Gastspieler - zuletzt Ex-Weltfußballer Ronaldinho - dessen Ankündigung im Livestream der Präsidenten für Klicks sorgte.

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"Die Präsidenten" sind die Betreiber der Teams. Neben Torwartlegende Casillas, der mit dem Team UnoKa FC seine gleichnamige Fußball-Akademie bewirbt, hat auch Argentiniens Ex-Stürmer Sergio Agüero eine Mannschaft. Die meisten anderen sind Internetstars von Plattformen wie Twitch oder YouTube. Genau die Welt des 18-jährigen Mark Sorroche. "Außer Fußball schaue ich auch gern Streamer und Influencer von Videospielen. Das ist doch ein Traum: Fußball spielen mit Idolen meiner Kindheit und mit Streamern, die ich jeden Tag auf dem Handy verfolge!"

Influencer sind die Multiplikatoren der Liga

Die Streamer mit Millionen Followern sind die Multiplikatoren der Kings League. Beim kuriosen Strafstoß mit Iker Casillas waren plattformübergreifend allein live fast eine Millionen Zuschauer:innen dabei. Ein fulminanter Start des wenige Wochen alten Formats, dessen Gründer, der Ex-Barcelona-Star Gerard Piqué, alle Fäden in der Hand behält. In einer Live-Debatte sagte er zu den Teampräsidenten.
"Ihr müsst eins verstehen: Das hier ist keine Profiliga, wie wir sie aus dem Fernsehen kennen. Wir haben ganz andere Regeln. Und es gibt einen Präsidenten, der über allem steht und machen kann, wonach ihm die Laune ist", sagt Piqué. Und so ordnet Piqué von der Tribüne auch mal an, eine Spielsequenz zu wiederholen, weil ein Schiedsrichter eine Regel falsch interpretiert hatte.

Verträge mit großen Sponsoren

Die Kings League ist ein zentralisiertes Produkt. Die Macht ist klar verteilt – und auch finanziell dürfte sich das Format rechnen. Die Liga hat Verträge mit namhaften Sponsoren abgeschlossen; für die Finalspiele im Camp-Nou-Stadion sind mehr als 40.000 Tickets verkauft worden. Gleichzeitig scheinen sich die Kosten in Grenzen zu halten: Für die normalen Spieltage mietet die Liga eine Messehalle in Barcelona. Und die Spieler erhalten pro Spiel nur 75 Euro Spesen.
Der als Videogamer berühmt gewordene Teampräsident Spursito äußert im Stream, bisher nur ein paar Tausend Euro für seine Kings-League-Mannschaft ausgegeben zu haben. Von den Wachstumschancen des Kleinfeldfußballs im Internet ist er überzeugt: "Wenn mir jetzt jemand zwei Millionen Euro für mein Team und den Startplatz bietet, würde ich ganz sicher nicht verkaufen."

Queens League für die Frauen soll folgen

Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft. Im Mai startet die nächste Runde und parallel dazu ein Frauenfußballturnier - die Queens League. Besonders die hohe Interaktion gefällt den überwiegend jungen Zuschauer:innen; Regeländerungen werden im Livechat zur Diskussion gestellt. Die Schiedsrichter tragen Bodycams und erläutern für das Publikum hörbar ihre Entscheidungen, was auch im Profifußball getestet wird.
Spieler können neben der Kings League im unteren Ligabetrieb Spaniens aktiv sein; seitens des spanischen Fußballverbandes gibt es bisher keine Einwände. Und das, obwohl Piqué sein Produkt durchaus als Konkurrenz positionieren will: "Der Fußball ist wunderbar. Aber durch die herrschenden Verbände sind Regeländerungen schwierig. Wir sind flexibel und können das machen, worauf die Zuschauer Lust haben."