Freitag, 19. April 2024

Archiv

Kirchen und Politik
"Ich möchte nicht, dass die AfD ausgeschlossen wird"

Der Evangelische Kirchentag will die AfD nicht einladen, auch sonst gibt es viel kirchliche Kritik an der Partei. Unternehmensberaterin Antje Hermenau, einst Grünen-Politikerin in Sachsen und seit einigen Jahren evangelisch, wirft ihrer Kirche Moralisierung vor. Das verhindere eine echte Debatte.

Antje Hermenau im Gespräch mit Christiane Florin | 11.02.2019
    Porträt von Antje Hermenau.
    Antje Hermenau, trat 2015 bei den Grünen aus. (dpa / Matthias Hiekel )
    Christiane Florin: Von Dresden aus zugehört hat Antje Hermenau. Sie war bis 2014 Fraktionsvorsitzende der Grünen im sächsischen Landtag, engagiert sich nun für die Freien Wähler in Sachsen. Vor acht Jahren erst wurde sie in der Dresdner Frauenkirche getauft und sie trägt auf dem Foto ihrer Unternehmensberatung gut sichtbar ein Kreuz. Guten Morgen Frau Hermenau.
    Antje Hermenau: Guten Morgen, Frau Florin.
    Florin: In der der Herrnhuter Erklärung - den Beitrag zur
    Herrnhuter Gemeine und Rechtspopulismus - haben wir gerade gehört - heißt es in Punkt 5: "Unsere Kirche ist seit ihrer Entstehung von Migration geprägt. Dieses Erbe und das Wissen um das Gewicht des Biblischen Gebotes, Fremde zu unterstützen, sensibilisieren uns für jeden Versuch, Geflüchtete und Migranten zu Sündenböcken zu machen". Würden Sie das unterschreiben?
    Hermenau: Natürlich. Auf jeden Fall. Ich selber bin in die Kirche gekommen über Pfarrer Zirkel persönlich in der Kreuzkirche in Dresden, der mich zu einer Abendlesung einlud; und mein Thema war ganz genau das Thema Exodus und Fremde in Ägypten. Natürlich: Meine Schwägerin ist Chinesin, mein erster Mann war Amerikaner, ich habe syrische Kurden in der Familie, eine Freundin aus dem Jemen raugeholt – na klar.
    "Die Bibel taugt für die Politik"
    Florin: Sie habe sich in einer Osternacht taufen lassen. Das ist ein besonderer, meistens auch sehr gut besuchter Gottesdienst. Was bedeutet es für Sie, öffentlich Christin zu sein?
    Hermenau: Ich finde es ist an der Zeit, dass wir unsere Standorte wieder selbst bestimmen. Wir haben lange in der DDR sozusagen fremdbestimmt gelebt, in dem man versucht hat uns irgendetwas zu erläutern, oder was weg gelassen hat, was eigentlich viel schlimmer war, zum Beispiel eine geschichtliche Anbindung an alles vor 1945 – und damit meine ich alles, über viele Jahrhunderte. Ich glaube, dass es wichtig ist, sich selber im Laufe seines Lebens darüber klar zu werden, was einen trägt. Ich habe viele Freunde, fast alle sind irgendwie religiös gebunden, nicht alle sind Christen, aber sie sind alle religiös gebunden, offensichtlich bin ich so ein Mensch.
    Florin: Taugt die Bibel für die Politik?
    Hermenau: Natürlich tut sie das, weil sie immer zur Besinnung einlädt. Und wir erleben jetzt zurzeit eine Politik, die sehr aufgeregt ist. Ich höre immer Rechtspopulismus; im Moment kommen mir persönlich fast alle Parteien populistisch vor. Es gibt zwei, die mit den Ängsten der Menschen besonders umgehen, das sind die AfD und die GRÜNEN. Existenzängste werden geweckt. Das sind Parteien, die einfach populistisch alles Mögliche versprechen, wobei sie genau wissen, dass sie es nicht finanzieren können. Also der eine Minister der SPD verspricht wahnsinnige Rentenerhöhungen und der andere Minister der SPD sagt, das Geld dafür ist aber nicht da, machen wir irgendwann mal später, in Zukunft – das ist alles nicht sehr nachdenklich.
    Florin: Ist es für Sie dasselbe: die SPD, sagen Sie, die verspricht jetzt den Rentnerinnen und Rentnern viel zu viel – und die andere Partei, die Sie genannt haben, die AfD, die sehr gezielt Muslime, Migranten angreift, verbal?
    "Man kann die Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken machen"
    Hermenau: Natürlich tut sie das und das ist auch zu verurteilen, in aller Schärfe. Das ist doch nicht die Frage. Ich sage nur dieses Muster, sich zu bedienen, zum Beispeil Ängste zu schüren, ist nicht nur alleine auf diese Partei begrenzt. Das gibt mir schon zu denken. Und vielleicht muss man auf den Kern des Problems kommen. Sie haben ja Recht, wenn Sie sagen man kann die Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken machen – abgezogen vielleicht diejenigen, die wirklich kriminell auffällig werden. Und das ist für mich die Frage, dass unser Sozialstaat, der Staat, den man hier aufgebaut hat viele Jahrzehnte nach dem Krieg, es nicht verträgt, ohne Änderungen im Zuwanderungsland zu funktionieren. Das ist ein dramatischer Problempunkt für die Parteien, die das Soziale besonders pflegen. Entweder macht man die Grenzen zu, das ist die AfD-Positionierung – ich höre das manchmal auch bei der LINKEN, von Einzelnen, oder aber man gibt zu, dass man ein Zuwanderungsland sein wird in Zukunft, dann muss man den Sozialstaat anpassen, denn die Arbeit ist eigentlich der beste Integrationsfaktor für Zuwanderer. Und das ist natürlich etwas - wer traut sich das den Leuten zu sagen?
    Florin: Dass man die Zuwanderer aussuchen will?
    Hermenau: Na ja, das ist auch eine Möglichkeit. Wenn Sie den Sozialstaat erhalten wollen, Frau Florin, so wie er jetzt ist, muss man die Grenzen zumachen, oder darauf drängen, dass die Zuwanderung vor allen Dingen Arbeitsmigration ist. Sonst ist die Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht gewährleistet. Und wenn Sie das Zuwanderungsland als Wichtigstes empfinden, was man ja auch machen kann, die Meinung ist ja legitim, dann muss man klar haben, dass man dann über die Arbeitsintegration die Leute integriert, und dann ist der Sozialstaat, so wie er jetzt aufgebaut ist, auf Dauer nicht finanzierbar.
    Florin: Sie haben 2017 vor dem Sächsischen Pfarrertag gesprochen in Leipzig in der Nikolai-Kirche, einem historisch sehr bedeutsamen Ort, und die evangelische Landeskirche kritisiert. Sie haben gesagt, diese Kirche - das war auch, glaube ich, nicht nur auf die Landeskirche bezogen, sondern auf die evangelische Kirche insgesamt, auch mit ihrem Ratsvorsitzenden - diese Kirche moderiere nicht, sondern moralisiere. Was bedeutet für Sie moralisieren?
    Mehr Moderation, weniger Moral
    Hermenau: Na ja, wenn im Prinzip eine Denkhaltung besonders unterstützt wird. Vor allen Dingen durch moralische Begründungen. In einer Situation, in der verschiedene Meinungen aufeinander prallen und die mal ausdiskutiert werden müssten. Also ich empfinde die politische Landschaft und die gesellschaftliche Landschaft in Sachsen als hochgradig diskussionsbedürftig und wir brauchen Moderatoren, die in der Lage sind, solche Diskurse zu moderieren, ohne selbst über moralische Ansprüche Diskussionen kurzfristig zu beenden, wenn die ihnen selber nicht gefallen. Das ist eine wichtige Frage, die steht im Raum, und meine Erfahrung ist gewesen, zur Zeit der Runden Tische damals 89/90, dass eine Reihe von Pfarrern, das sehr gut beherrscht haben. Die hatten ihre eigene klare Meinung zu den Themen, aber sie waren in der Lage, anderen auch den Eindruck zu vermitteln, dass sie ihre Meinung jetzt hier ausdrücken dürfen, dass das der richtige Ort ist. Und das hat die Situation sehr entspannt und danach war es möglich, dass man zu Schlussfolgerungen und Entscheidungen gekommen ist. Und diesen produktiven Prozess, den fände ich gut.
    Florin: Wenn Sie so etwas lesen wie die Erklärung gegen Rechtspopulismus der Herrnhuter Brüdergemeine, würden Sie sagen, das ist moralisieren?
    Hermenau: Nein, das finde ich nicht. Es wird ja ein klarer Bezug hergestellt zum Exodus zum Beispiel. Es wird auch ein klarer Bezug hergestellt, zum Beispiel, dass man Antisemitismus abwehren muss. Das ist eine interessante konkrete Frage bei der Frage der Integration.
    Florin: Aber auch Islamfeindlichkeit soll abgewehrt werden, laut dieser Erkläerung.
    "Die Pflicht zu helfen endet in dem Moment, wo die eigene Leistungsfähigkeit engeschränkt wird"
    Hermenau: Ja, man kann natürlich nicht eine ganze Religion verallgemeinert ablehnen, aber das Verhalten einzelner Angehöriger einer Religion ist natürlich immer kritisierbar, so sollte es auch sein. Aber sehen Sie, was ich immer erlebe ist, wenn man diese Aussage trifft, wenn man da auf den Islam nicht insgesamt diskriminieren – das Christentum hatte da ja auch mal eine sehr imperiale und aggressive Phase, das wissen wir alle – dann ist aber auf der anderen Seite, finde ich zum Beispiel wichtig, dass man Leute wie Seyran Ates in Berlin unterstützt, wenn es um einen Islam geht, oder um Glaubensbrüder in der muslimischen Gemeinde, die damit zurechtkommen, dass sich in Europa über Jahrhunderte eine durch Aufklärung und römisches Recht geprägte Gesellschaft entwickelt hat.
    Florin: Wer ist in diesem Fall "man"? Also die evangelische Kirche soll liberale Muslime unterstützen – das würden Sie sich mehr wünschen?
    Hermenau: Das fände ich super, das fände ich sehr gut.
    Florin: Aber ist es möglich, die Bibel, Sie haben jetzt mehrfach vom Exodus gesprochen, zu lesen, die Fluchtgeschichten auch zu lesen, ohne zu moralisieren, ohne zu sagen, es gibt eine Pflicht Fremden, Bedrängten, Armen zu helfen?
    Hermenau: Na die Pflicht endet doch in dem Moment, wo die eigene Leistungsfähigkeit zur Hilfe eingeschränkt wird.
    Florin: Wo steht das in der Bibel?
    Hermenau: Das steht nicht in der Bibel, sondern das ist die Erfahrung, die Menschen machen. Und Sie haben jetzt eine Konfrontation, dass zum Beispiel bei der Frage um günstigen Wohnraum, oder bei der Frage um Mindestlohn und niedrige Einstiegsgehälter, neue Konkurrenzen entstanden sind für Menschen. Ich mache mal ein praktisches Beispiel aus meiner Tätigkeit mit Unternehmern. Einer hat mir erzählt: Früher hatte er noch einen Mann beschäftigt bei sich in der Firma, der hatte keine Ausbildung, das wurde auch nichts mehr, aber der hat eben dann früh den Kaffee für die Kollegen gekocht, der hat den Hof gefegt, der hat solche Arbeiten gemacht. Und hatte seine Arbeit, da ging er immer hin. Er hat eine Familie, zwei Kinder, er konnte immer abends von der Arbeit kommen und hat da in Würde sozusagen sein Leben auf die Reihe gekriegt. Dann kam der Mindestlohn. Da sagt er: Ich kann den für neun Euro nicht mehr beschäftigen – also für fünf oder sechs Euro war das okay – aber jetzt geht das nicht mehr. Da ist jetzt der Mann zu Hause, ist jetzt arbeitslos und sieht jetzt vielleicht andere an sich vorbei ziehen. Dass das einen Sozialneid schürt, das muss man, glaube ich, erstmal menschlich verstehen und dann versuchen die Regelung so zu treffen, dass das eben besser läuft.
    "Es ist eine soziale Debatte"
    Florin: Dann wäre aber doch die Folge, aus dem Beispiel, das Sie erwähnt haben, über den Mindestlohn zu diskutieren und nicht eine Konkurrenz aufzumachen, zwischen armen Deutschen und Flüchtlingen, die auf denselben Wohnungsmarkt, auf denselben Arbeitsmarkt drängen.
    Hermenau: Das ist eines der Beispiele, die untermauern sollen, finde ich, was ich ja am Anfang gesagt habe: Unser Sozialstaat, so wie er aufgebaut ist, ist ein protektionistischer. Und den können Sie nur erhalten, wenn Sie die Grenzen zu machen oder Arbeitsmigration zulassen, die genau diesen Erhalt dieses Sozialstaates auch und für sich will. Oder aber Sie gehen runter mit den sozialen Standards und erlauben durch die Zuwanderung, dass die Leute sich durch Arbeit integrieren. Und nicht jeder ist von Anfang an ein Facharbeiter, das haben die ganzen Statistiken und alle Recherchen von der UNESCO, von der IAB und vom BAMF gezeigt. Also da wird man sich entscheiden müssen über kurz oder lang. Und da entzündet sich jetzt die Debatte, es ist eine soziale Debatte.
    Florin: Sachsen hat einen Ausländeranteil von 4,2 Prozent, deutlich geringer als der Bundesdurchschnitt. Man kann Menschen in ihrer Angst vor einer Islamisierung bestärken und auch in einer Angst vor Konkurrenz durch andere Arme bestärken oder man versuchen, ihnen die Angst zu nehmen. Welchen Weg wählen Sie?
    "Man kann nicht zu einem Drittel der Bevölkerung sagen: Mit dir rede ich nicht mehr"
    Hermenau: Na, ich habe mich doch schon längst entschieden. Ich moderiere ja. Also versuche ich mit den Ängsten umzugehen. Ob man sie nehmen kann, weiß ich nicht, aber man kann versuchen, diese Sachen auszudiskutieren. Das ist sehr mühevoll und kostet viel Zeit und man bleibt auch nicht ohne Anfeindungen, aber das ist ok. Die Sitten sind ein bisschen verlottert, weil es ja lange vieles nicht besprochen worden und jetzt bricht das bei den Leuten so auf und es kommt auf eine sehr ungestüme Art raus. Es kommen auch sehr garstige Sachen zutage, die hat die Brüdergemeine auch zu Recht kritisiert. Das ist alles offen, das liegt alles da. Trotzdem kann man jetzt nicht einfach einem Drittel der Bevölkerung oder noch mehr, sagen mit Dir rede ich jetzt nicht mehr, du benimmst dich abartig.
    Florin: Sie meinen das Drittel, das laut Umfragen AfD wählen würde (in Sachsen)?
    Hermenau: Bei der Bundestagswahl zumindest AfD gewählt hat. Ich lasse es mal da stehen. Denn das stimmt ja so auch nicht. Die Wählerschaft der AfD ist sehr unterschiedlich, sehr vielfältig. Und um das wieder zu sortieren, sind die Diskussionen unerlässlich.
    Florin: Haben Sie früher, als Sie bei den GRÜNEN aktiv waren anders gedacht. Zum Beispiel im Punkt Zuwanderung?
    Hermenau: Nein. Ich bin dafür, dass wir Zuwanderung haben. Sie soll nur eben nicht das Lebensmodell der Leute, die hier leben, zerstören. Und das ist im Kern die Angstfrage ...
    "Vorgetäuschte Toleranz in Westdeutschland"
    Florin: In Sachsen wird das Lebensmodell der Menschen durch Zuwanderung zerstört?
    Hermenau: Na ja. Jetzt versuchen Sie es wieder auf Ihre Art, aber ich muss es zurückweisen, entschuldigen Sie bitte.
    Florin: Aber Sie haben gerade von Zerstörung gesprochen.
    Hermenau: Ich würde es Ihnen gerne erklären, Frau Florin, es ist einfach: Sehen Sie, fast alle Sachsen sind voller Neugierde nicht nur in Westdeutschland, sondern in ganz Westeuropa auf Tourismusreisen gewesen, haben sich alles angeguckt. In fast allen Großstädten haben sie bestimmte Stadtviertel bemerkt, die ihnen selber Angst eingeflößt, haben, und wo man jetzt zum Teil in den letzten Jahren Bücher gelesen hat, von Polizistinnen, die sagen, in das Viertel kannst Du als weiblicher Polizist nicht reingehen, oder da gehst du nur noch in 6er-Stärke rein. Diese Stadtviertel will hier keiner haben, das trifft auf ganz Osteuropa zu.
    Das betrifft nicht nur Sachsen, sondern sowas wollen wir hier nicht. Dass dann nachher Stadtviertel sozial und von Sicherheitstechnik her abgehängt sind, und dass man da Angst haben muss. Das will hier keiner. Und dem würde man gerne präventiv entgegen treten. Und das, glaube ich, ist ein interessanter Punkt. Denn ich habe in Westdeutschland sehr oft gehört: Ach das wird schon, und das geht schon irgendwie. Und das war vorgetäuschte Toleranz, aber eigentlich war es Ignoranz. Man hat sich gar nicht darum gekümmert wie sich die Leute dort entwickeln in diesen Stadtvierteln. Und ich finde, das muss man nicht zudecken, sondern das sollte man genauso klar und deutlich aussprechen.
    Meiner Meinung nach gibt es in ganz Osteuropa und in Sachsen eine Mehrheit, die für Zuwanderung ist. Die Frage ist, wie das dann im Konkreten ausgeht. Da habe ich jetzt ein abschreckendes Beispiel erwähnt. Man hat andere eigene Vorstellungen. Vielleicht wäre es klug, in Zukunft die Kommunen selbst darüber entscheiden zu lassen, wie Migration, Integration verlaufen sollen. Man kann nicht einfach nur migrieren lassen, man muss auch integrieren.
    Florin: Aber welche Belege gibt es dafür, dass es in Dresden so aussieht wie …
    "Man möchte Zustände wie in westdeutschen Großstädten nicht haben"
    Hermenau: Ja eben noch nicht.
    Florin: Auch dafür dass das noch angemessen ist. Also dass, was nicht wünschenswert im Westen empfunden wird – muss man ja auch nochmal darüber streiten, ob das stimmt, - dass das jetzt in Dresden oder Leipzig zu erwarten ist. Die Zahlen sprechen doch dagegen.
    Hermenau: Na ja, weil es hier natürlich diese PEGIDA-Demonstrationen gegeben hat, das wirkt abschreckend auf viele Leute, das ist ja auch klar, so war es ja wahrscheinlich auch von den Veranstaltern gedacht, vermute ich mal. Es kommt hinzu, dass es ja ein bundesweites Sachsen-Bashing gegeben hat. Ich erinnere nur an den SPIEGEL und sein Cover, auch noch in Frakturschrift, eine Schrift, die Hitler verboten hat, das sollte man wissen, Sachsen als braunes Nest dargestellt hat. Also da kann man, glaube ich, als Zuwanderer schnell hören, man geht lieber woanders hin.
    Es kommt sicherlich hinzu, dass viele Familien und Stämme, vielleicht auch Clans bereits in westdeutschen Kommunen sitzen, und dann alle, die dazu gehören auch lieber dann dahin gehen wollen und sich nicht neu in Sachsen ansiedeln wollen. Das kann auch noch dazu kommen. Ich glaube nach wie vor, dass man auch hier in Sachsen ganz vernünftig über Zuwanderung sprechen kann, wenn man bestimmte Sachen beachtet, und eine davon ist eben, dass man solche Zustände wie in westdeutschen Großstädten, nicht habe möchte.
    Florin: Die AfD ist vom diesjährigen evangelischen Kirchentag in Dortmund ausgeschlossen. Wer sollte sich ändern: Der Kirchentag oder die AfD?
    Hermenau: Ich möchte nicht, dass die AfD ausgeschlossen wird. Das gibt ihr die Rolle eines Märtyrers, und dann kann sie von sich behaupten, dass sie gute Sachen vorträgt, und keiner will zuhören. Das würde ich ändern.
    Florin: Und noch eine Frage, mit der Bitte um eine kurze Antwort. Wie kommt es eigentlich, dass gerade in Ostdeutschland diese Demokratie, diese bundesdeutsche Demokratie so oft als Diktatur bezeichnet wird?
    Hermenau: Ich glaube, dass das daran liegt, dass sich die Ostdeutschen unerhört fühlen. Und dann empfinden sie das als Diktatur. Ich habe eben gestutzt als Sie anmoderiert haben: "Christsein in Sachsen – klingt komisch". Das ist zum Beispiel eine Anmoderation, die wird hier komisch aufgenommen.
    Florin: Sagt Antje Hermenau. Vielen Dank für das Gespräch. Sie ist Unternehmensberaterin und engagiert sich für die FREIEN WÄHLER in Sachsen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.