Kita
Wie die Bundesregierung die Qualität der Betreuung steigern möchte

Vier Milliarden Euro möchte der Bund den Ländern für Kindertagesstätten zur Verfügung stellen. Das Geld soll in die Qualität der Betreuung fließen, nicht in die Reduktion der Beiträge. Daran müssen sich aber nicht alle Länder gleichermaßen halten.

    Ein Kind malt in einer Kindertagesstätte
    Für das Jahr 2023 fehlen laut einer Bertelsmann-Studie über 380.000 Kita-Plätze (picture alliance / dpa / Annette Riedl)
    Am 2. Dezember 2022 hat der Bundestag das Kita-Qualitätsgesetz verabschiedet. Vier Milliarden Euro wird der Bund damit in den Jahren 2023 und 2024 in die Hand nehmen, um die Bundesländer bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will mit dem Gesetz auch vergleichbarere Standards in der Betreuung schaffen.
    Die Bundesmittel dürfen von den Ländern daher nur für bestimmte Ziele verwendet werden. Das sorgt in Landesregierungen für Unmut. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, braucht es allerdings die Zustimmung der Länder. Der Bundesrat wird am 16. Dezember über das Gesetz beschließen.

    Wofür bekommen die Länder zukünftig Geld?

    Im Kita-Qualitätsgesetz wird den Ländern stärker als bisher vorgeschrieben, in welche Bereiche, sie die Gelder investieren müssen. Die Bundesregierung möchte, dass die Länder den Fokus auf die Qualität der Kindertagesbetreuung setzen.
    Die Länder können das Geld beispielsweise einsetzen, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Sie können damit den Betreuungsschlüssel verbessern, also die Anzahl der betreuten Kinder pro Fachkraft reduzieren. Sie können aber auch bedarfsgerechte Angebote zur Förderung der kindlichen Entwicklung, der Gesundheit, der Ernährung oder der Bewegung stärken. Und auch die Förderung der sprachlichen Bildung ist im Rahmen der Bundesgelder möglich.
    Die Bundesländer müssen sich für neue Maßnahmen an diese vorrangigen Ziele halten. Zumindest überwiegend. Einige Länder haben bisher andere Prioritäten gesetzt. Mecklenburg-Vorpommern etwa nutzte die Gelder vor allem dazu, Kitas beitragsfrei zu machen.
    Maßnahmen, die bereits zu anderen Zielen laufen, dürfen jedoch fortgesetzt werden. Mecklenburg-Vorpommern darf also weiter in Beitragsfreiheit investieren, andere Bundesländer, die das bisher nicht getan haben, dürfen damit allerdings nicht anfangen. Bundesfamilienministern Lisa Paus (Grüne) bezeichnete das im Deutschlandfunk am 2. Dezember 2022 als Kompromiss. Man wolle, dass die Bundesgelder zur Verbesserung der Qualität der Betreuung eingesetzt werden. Die Länder müssten aber auch Zeit zur Umstellung bekommen.

    Wie geht es mit Sprach-Kitas weiter?

    Sprachförderung ist eines der Förderziele, die Länder können die Bundesmittel also zum Erhalt der Sprach-Kitas nutzen. das bundeseigene Programm zur Förderung von Kindern, die nicht gut Deutsch sprechen, soll aber eingestellt werden. Ursprünglich sollte es schon Ende des Jahres 2022 auslaufen, nach Protest der Länder hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus am 8. November 2022 eine Übergangszeit bis Ende Juni 2023 verkündet. 109 Millionen Euro stellt der Bund für diese Zeit zur Verfügung, davon werden mehr als 7000 halbe Stellen finanziert. Aktuell sind etwa zehn Prozent der Kitas Sprach-Kitas.
    Ab Juli liegt es dann in der Hand der Länder, wie es mit Sprach-Kitas weitergeht. Paus betonte, dass sie mit der Übergangslösung die Erwartung an die Länder knüpfe, die Sprach-Kitas ab dem Sommer weiter zu finanzieren. Die Länder hätten so noch weitere sechs Monate Zeit, um die sprachliche Bildung nahtlos aus der befristeten Projektfinanzierung in die Dauerförderung zu überführen, sagte Paus.
    Paus betonte am 2. Dezember im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass der Bund die Sprach-Kitas als Modellprogramm aufgelegt hatte. Eine dauerhafte Finanzierung sei nicht Aufgabe des Bundes, der Bund dürfe sich sogar an der Regelfinanzierung gar nicht beteiligen.
    Die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hat bereits Mitte November angekündigt, dass ihr Land die Sprach-Kitas weiter fördern werde. Laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) haben auch Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein dies bereits zugesagt.
    In anderen Bundesländern ist man skeptischer. Mitte September 2022 hatte der Bundesrat die Bundesregierung noch einstimmig aufgefordert, das Förderprogramm zu verlängern. Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) forderte im Oktober im Deutschlandfunk, die Förderung bis 2025 fortzusetzen. Im Haushalt des Saarlandes werde man eher kein Geld für die Sprach-Kitas einplanen können. Die Sprach-Kita-Fachkräfte würden dann wohl als normale Fachkräfte übernommen. Für viele Besonderheiten der Sprachförderung bliebe dann aber wohl keine Zeit mehr.

    Wie soll der Bedarf an Kita-Plätzen gedeckt werden?

    Nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen im Jahr 2023 rund 384.000 Kita-Plätze, um den Betreuungswünschen der Eltern gerecht werden zu können. Der Mangel sei insbesondere in der Betreuung von unter drei dreijährigen Kinder zu sehen. Für diese Gruppe fehlten über 270.000 Plätze. Besonders groß sei der Mange in Nordrhein-Westfalen, wo insgesamt 101.600 Plätze fehlten. Nur in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sei kein Ausbau erforderlich.
    Betreuungsquote: Anteil der unter 3-Jährigen in Kindertagesbetreuung in Deutschland von 2007 bis 2022
    Seit August 2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auch für Kinder, die drei Jahre oder jünger sind. (Statista/Statistisches Bundesamt)
    Seit August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ihr Kind. Doch einlösen kann die Politik das bisher nicht flächendeckend. Dabei wächst die professionalisierte Kindertagesbetreuung in Deutschland Jahr für Jahr. Nach Zahlen des statistischen Bundesamtes arbeiten im Jahr 2022 über 730.000 Menschen in der Kindertagesbetreuung. Fast 700.000 sind dabei pädagogische Fachkräfte. Tendenz steigend. Über die vergangenen zehn Jahre ist die Zahl der Mitarbeitenden jährlich um etwa fünf Prozent gestiegen.
    Laut Bertelsmann-Stiftung bräucht es weitere 100.000 Fachkräfte, um die zusätzlich benötigten Kita-Plätze schaffen zu können.
    Anzahl des Pädagogisches, Leitungs- und Verwaltungspersonals in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung in den Jahren von 2009 bis 2022
    Jahr für Jahr arbeiten mehr Menschen in der Kindertagesbetreuung (Statista/Statistisches Bundesamt)
    Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) geht davon aus, dass das geplante Kita-Qualitätsgesetz auf gegen den Personalmangel helfen wird. Das Gesetz lege den Schwerpunkt auf die Qualität der Betreuung werde auch die Attraktivität des Arbeitsplatzes erhöht, sagte sie am 2. Dezember 2022 im Deutschlandfunk.

    Was sagt die Opposition zum Reform-Plan?

    Aus Sicht der CSU-Politikerin Dorothee Bär ist das Kita-Qualitätsgesetz Etikettenschwindel. Nicht die Qualität der Betreuung werde gestärkt, das Geld fließe stattdessen zu starken Teilen in die Beitragsenlastung, sagte Bär am 2. Dezember im Bundestag. Es sei falsch, dass Länder, die bisher Gelder zur Entlastung der Eltern genutzt haben, dies weiter tun sollen dürfen. Denn genau diese Länder hätten oft einen schlechteren Betreuungsschlüssel.
    SPD-Politiker Sönke Rix entgegnete dem, das man den Status quo im Blick haben müsse. Mit dem neuen Gesetz fließe weiter Geld in Beitragsfreiheit, aber weniger als zuvor. Bisher hätten Bundesländer das Geld schließlich auch ausschließlich in Beitragsfreiheit investieren können.
    Es fehle an einer langfristigen Strategie, sagte Heidi Reichinnek von der Partei die Linke im Bundestag. Zudem seien vier Milliarden für zwei Jahre viel zu wenig Geld. Die Linke setze sich daher für sechs Milliarden Euro pro Jahr für die Stärkung der Kindertagesbetreuung ein.
    Quellen: Gudula Geuther, Anke Schäfer, Statistisches Bundesamt, Statista, dpa, KNA