Freitag, 19. April 2024

Archiv

Klagen gegen den Bayerischen Rundfunk
Verleger und Privatradios scheitern vor Gericht

Der Bayerische Rundfunk stand in dieser Woche gleich zweimal vor Gericht. Im ersten Fall wurde der BR von Zeitungsverlegern verklagt, im zweiten Fall von Privatradios. Beide werfen dem Sender vor, seine gebührenfinanzierte Vormachtstellung im Freistaat auszuweiten - zulasten ihres eigenen Geschäfts.

Von Susanne Lettenbauer | 11.06.2016
    Ein Schild mit dem Logo des Bayerischen Rundfunks steht am Donnerstag vor dem Funkhaus und Sitz des Bayerischen Rundfunks in München.
    Funkhaus des Bayerischen Rundfunks in München. (picture alliance / dpa / Tobias Hase)
    Von einer Niederlage möchte Harald Brenner im Verlagshaus von Münchner Merkur und TZ nun wirklich nicht sprechen. Man musste gemeinsam mit den anderen zehn Klägern den Rechtsstreit um die Nachrichtenapp BR24 beenden, so der Anwalt der Münchner Zeitungsverlags GmbH, weil der Bayerische Rundfunk eine Unterlassungserklärung abgegeben habe. Damit sei die Klage um die App vom Sender gewissermaßen akzeptiert worden. Man habe sich "zwar bei Gericht formal geeinigt, wenn man so möchte, in dem Fall, dass beide es für erledigt erklärt haben, aber es war eine vollständige Unterwerfung des Bayerischen Rundfunks. Also von daher: Einigung inhaltlicher Art, nein, das hat es nicht gegeben."
    Im Rundfunkstaatsvertrag, einem Bundesgesetz, ist klar geregelt, dass eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nicht presseähnlich sein darf, wenn die Inhalte nicht unmittelbar aus einer Sendung stammen. Hinweise auf Links oder Sendezeiten sind hingegen erlaubt.
    Man habe das Angebot einer BR24-App vor Gericht prüfen lassen, so der Anwalt:
    "Weil es zum einen zu wenig Sendungsbezug bei den einzelnen Inhalten gab und zum anderen, dass eine zu starke Lokalisierung der Nachrichten stattgefunden hat."
    Unterlassungserklärung für den BR nur eine Formalie
    Es sei einmalgrundsätzlich zu hinterfragen, ob solche Angebote noch dem eigentlichen Auftrag eines gebührenfinanzierten, öffentlich-rechtlichen Senders, nämlich die Grundversorgung entsprechen. Der Anwalt des Bayerischen Rundfunks, Albrecht Hesse, kontert:
    "Natürlich ist klar: Kein Medienangebot, mit Ausnahme des Radios, kommt ohne geschriebene Texte aus. Das ist eben der Vorwurf, dass wir da zu viel Text drin haben und deshalb das Angebot presseähnlich ist. Ja, wir sehen das anders."
    Im Übrigen handele es sich bei dem beklagten Vorfall vom September 2015, so Justiziar Albrecht Hesse, gleichzeitig stellvertretender Intendanten des BR, um die Anfangswehen der App. Mittlerweile sei viel nachgebessert worden. Die App sei jetzt rundfunkstaatsvertrags-konform. Die Unterlassungserklärung für den BR also nur eine Formalie.
    Im Zeitungshaus von Merkur und TZ beurteilt Anwalt Brenner die Situation als unbefriedigend. Man könne die App ja nicht ständig kontrollieren, um Verstöße zu erkennen. Graubereiche werde es immer geben.
    "Eine wirtschaftlich einschneidende Veränderung"
    Der Bayerische Rundfunk versuche, seine gebührenfinanzierte Vormachtstellung im Freistaat auszuweiten, meinen auch 60 lokale und regionale bayerische Privatradios in ihrer Klage gegen den Sender. Mit der Ankündigung des BR, sein Jugendprogramm BR PULS ab 2018 auf der bisherigen UKW -Frequenz von Bayern Klassik und nicht wie bisher nur digital zu senden, sehen die Kläger, ähnlich wie die Zeitungen bei der BR24-App ihre Geschäftsmodelle in Gefahr. Der BR gleiche sein Angebot immer stärker dem Privatradioformat an, lautet die Kritik. Vor dem Mikro äußern wollen sich die Kläger aber nicht.
    BR-Anwalt Hesse entgegnet:
    "Das brauchen wir, um einem drohenden Generationenabriss vorzubeugen. Wir haben fünf UKW-Programme und nur ein Programm davon erreicht noch einen nennenswert Hörerschaft unter 50 Jahren. Und wenn wir da tatenlos zusehen, dann kommt es eben zu dem Generationenabriss und dann können wir unseren Auftrag nicht mehr erfüllen."
    Der Frequenzwechsel war seit Jahren immer wieder diskutiert worden und scheiterte bislang eher an dem Widerstand der meist älteren Klassikhörer.
    Das Landgericht I entschied diese Woche zwar, dass der Wechsel laut bayerischem Rundfunkgesetz erlaubt werde, das Vorhaben aber gegen den bundesweit gültigen Rundfunkstaatsvertrag verstoße.
    Man werde jetzt das weitere Vorgehen unter den klageführenden Parteien entsprechend abstimmen, heißt es schriftlich von Philip von Martius, Geschäftsführer von Studio Gong in Nürnberg. Denn eine Realisierung der BR-Pläne führe "zu einer massiven und wirtschaftlich einschneidenden Veränderung in der privaten Hörfunklandschaft Bayerns".