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Klagerecht für Umweltverbände in Sicht

Der Europäischen Gerichtshof in Luxemburg muss klären, ob auch Umweltverbänden wie dem BUND ein Klagerecht zusteht. Zum Beispiel, wenn die Emmissionswerte für ein Kohlekraftwerk zu hoch sind. Die Generalanwältin hat heute die Rechte für Verbände gestärkt.

Von Tonia Koch |
    Umweltschützer und Bürgerinitiativen in Deutschland dürfen nun hoffen, dass sie zukünftig mehr Rechte bekommen werden, um sich gegen Vorhaben zu wehren, die gegen die Interessen der Allgemeinheit gerichtet sind. Bislang war das Klagerecht von Verbänden eingeschränkt. Es bestand nur, wenn zum Beispiel durch den Bau einer Müllverbrennungsanlage, eines Kraftwerkes oder auch eines Windparks die Rechte Einzelner tangiert waren. Wenn sich etwa die Nachbarn durch zu hohe Schadstoffbelastungen beeinträchtigt fühlten. Dirk Jansen, Sprecher des BUND Landesverbandes Nord-Rhein-Westfalen:

    "Ein Biotop kann nicht klagen."

    Dass sich der BUND oder auch eine andere anerkannte Bürgerinitiative zum Sachwalter machen kann, um mit mehr Schlagkraft die Interessen Betroffener vor Gericht zu vertreten, ist unstrittig. Bereits 2002 hat die Bundesrepublik im Rahmen einer Novellierung den Verbänden Klagerechte zugestanden. Nur danach sei Deutschland bei der Umsetzung weitergehender europäischer Rechtsetzung auf halbem Wege stehen geblieben, sagt Jansen.

    "Die Umsetzung ist europarechtswidrig erfolgt."

    Diesem Ziel ist der BUND mit der heutigen Vorab-Entscheidung ein Stück näher gekommen. Bleibt es dabei, wird die Bundesrepublik das so genannte Umwelt-Rechts-Behelfs-Gesetz ändern müssen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass es nun einen Freibrief für klagewillige Verbände geben wird, sagt Holger Krönninger, Professor für Energiewirtschaftsrecht am Umweltcampus Birkenfeld:

    "Der EuGH wird dem deutschen Gesetzgeber nicht vorschreiben könne, in welcher Art und Weise er es ausgestalten muss. Er wird Rahmenbedingen setzen, wobei ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt."

    Ein Urteil des EUGH in dem Sinne, dass Deutschland mehr Mitwirkungsrechte sicherstellen muss, würde sich unmittelbar auf laufende Gerichtsverfahren gegen geplante Kohle-Kraftwerke in Nord-Rhein- Westfalen auswirken. Zunächst auf ein im Bau befindliches Kraftwerk in Lünen, mit dem sich die Luxemburger Richter exemplarisch beschäftigt haben.

    In Falle Lünens argumentiert der BUND, dass ein von der EU ausgewiesenes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet nicht ausreichend geschützt wurde. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Kraftwerk sei deshalb zu Unrecht erteilt worden. Bislang musste sich das Oberverwaltungsgericht Nord-Rhein-Westfalen mit der Klage des BUND nicht beschäftigen, weil kein ausreichender Klagegrund vorlag. Das wird sich nun wohl ändern.