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Klaus-Peter Willsch
"Die Flüchtlingszahlen müssen dringend runter"

Die Einigung der Koalition beim Asylpaket II ist nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Willsch ein Schritt in die richtige Richtung. Die Zahl der Flüchtlinge sei viel zu hoch, daher müsse der Druck aufrecht erhalten werden, sagte er im DLF. Zum Familiennachzug sagte Willsch: "Wir dürfen nicht das Signal senden in die Lager, einen musst du durchbringen, dann kommt der Rest des Clans schon nach."

Klaus-Peter Willsch im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Klaus-Peter Willsch (CDU) spricht am 27.02.2015 bei der Debatte über die Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland im Deutschen Bundestag in Berlin.
    Klaus-Peter Willsch (picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Willsch verteidigte die Einschränkungen beim Familiennachzug. Man dürfe nicht zulassen, "dass ein ausgebauter Wohlfahrtsstaat wie der unsere sich sozusagen durch die Hintertür erobern" lasse. Es sei wichtig gewesen, dass die Union in dieser Frage hart geblieben sei. Hier hätte sich die SPD schneller bewegen können, denn: "Wir dürfen nicht das Signal senden in die Lager, einen musst du durchbringen, dann kommt der Rest des Clans schon mit nach Deutschland".
    Der CDU-Politiker sprach sich dafür aus, dass mehr Menschen direkt an der Grenze zurückgewiesen würden. Außerdem müsse verhindert werden, dass Schlepperboote beladen würden. "Wir müssen dort robuster auch militärisch vorgehen", meinte Willsch. Die Boote müssten versenkt oder abgedrängt werden.
    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Vor den Gesprächen warfen sich SPD und CSU gegenseitig eine Vergiftung des Arbeitsklimas vor. Soweit alles in Ordnung in der Großen Koalition, der "Groko". Gestern einigten sich die drei Regierungsparteien auf das so bezeichnete Asylpaket II.
    Am Telefon ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch. Guten Morgen.
    Klaus-Peter Willsch: Guten Morgen, Herr Heinemann.
    Heinemann: Wird jetzt alles gut?
    Willsch: Es ist auf jeden Fall ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen den Druck aufrecht erhalten, die Zahlen müssen dringend runter, die sind viel zu hoch, und alles, was als Signal in den Quellgebieten ankommt, es macht keinen Sinn, sich auf den Weg zu machen, weil man nicht mehr unterkommt, das ist richtig und wichtig.
    Heinemann: Gehen die Zahlen damit dauerhaft runter?
    Willsch: Ich hoffe das sehr. Wir werden das ganz scharf beobachten müssen. Wichtig war auf jeden Fall die Einigung, und ich kann da nur an die Grünen appellieren, das auch im Bundesrat mitzumachen, die Maghreb-Staaten auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu setzen. Wir hatten ja einen vergleichbaren Fall mit dem westlichen Balkan, wo es Monate gedauert hat und in dieser Zeit 250.000 zu uns kamen, und dort hat das Setzen auf die Liste der sicheren Staaten dazu geführt, dass die Zahlen drastisch runtergegangen sind.
    "Schleuser werden jetzt beeinträchtigt"
    Heinemann: Sicher sind Sie sich nicht über die steuernde Wirkung des Asylpakets II?
    Willsch: Es ist notwendig und wichtig, dass wir das jetzt in trockene Tücher bekommen. Es ist ja schon Anfang November verhandelt gewesen und ich glaube, hier hart zu bleiben, auch in der Frage des Familiennachzugs, war wichtig. Da hätte die SPD sich auch ein bisschen schneller bewegen können. Es muss dieser Automatismus gebrochen werden. Wir dürfen nicht das Signal senden in die Lager, einen musst du durchbringen, dann kommt der Rest des Clans schon mit und nach - nach Deutschland. Das muss jetzt nach unten auch kommuniziert werden.
    Heinemann: Um den Clan ging es, glaube ich, nie, sondern nur um die engsten Familienangehörigkeiten. Das soll jetzt begrenzt werden. Ist das eine gute Nachricht für Schleuser?
    Willsch: Nein, das ist keine gute Nachricht für Schleuser. Das Geschäftsmodell wird damit ja beeinträchtigt. Sie müssen ja sehen, dass die Zusage, die man heute macht, nach dem Motto, sammelt mal alle für einen, den schaffen wir dann da durch mit dem Geld, das ihr dafür bezahlt, und dann zieht ihr den Rest nach, dass dieses Geschäftsmodell durchkreuzt werden muss.
    Heinemann: Jetzt muss man ein bisschen mehr Geld sammeln und dann gibt es andere Wege.
    Willsch: Ja gut, aber auch damit geht die Zahl zurück.
    Heinemann: Werden straffällige Ausländer künftig ausgewiesen oder abgeschoben, vielleicht auch solche in Kiel?
    Willsch: Auch welche? Was sagten Sie zuletzt?
    Heinemann: In Kiel! In der Landeshauptstadt.
    Willsch: Ach so. - Ja, das hoffe ich sehr. Ich wünsche mir da mehr Stringenz. Sie wissen aber, dass wir da nicht alleine sind. Dort hat die Rechtsprechung natürlich mitzureden und mitzuwirken. Grundsätzlich gilt, besser darauf zu achten, wer überhaupt ins Land kommt. Das ist besser geeignet, als hinterher zu versuchen, mühsam welche, die nicht hier hergehören, wieder wegzuschaffen. Deshalb bleibt es Aufgabe, den Zuzug zu begrenzen und das wirklich auf Hilfsbedürftige und Schutzbedürftige zu konzentrieren.
    Heinemann: Und wie?
    Willsch: Indem wir schon bei der Einreise nach Europa oder eben auch nach Deutschland genau schauen, wer kommt da, hat er einen Anspruch, ist es wahrscheinlich, dass er bleibt, die, die eine geringe Bleibeperspektive haben, möglichst unmittelbar zu behandeln und umzudrehen und wieder nach Hause zu schicken. Das ist schon das, was als Aufgabe bestehen bleibt, denn anders werden wir auch die hohe Hilfsbereitschaft und die Mitwirkungsbereitschaft vieler Ehrenamtlicher nicht dauerhaft erhalten können. Es muss klar sein, dass das hier ein Recht ist für Menschen, die in Bedrängnis sind, aber dass das nicht als Grundlage für illegale Zuwanderung genutzt werden darf.
    "An der Küstenlinie Controlling machen"
    Heinemann: Wenn ein Schlauchboot ankommt auf Lesbos, dann sollte man sagen, Leute, fahrt bitte wieder zurück?
    Willsch: Auf der Ägäis muss noch ein bisschen mehr getan werden. Es muss erst mal versucht werden, die Schlepper erst gar nicht die Boote beladen zu lassen. Wir müssen dort robuster auch militärisch vorgehen. Frontex muss weiter gestärkt werden und es müssen auch alle mitwirken. Die Griechen müssen auch ihre Aufgaben machen wollen dort.
    Heinemann: Was heißt militärisch?
    Willsch: Sie können doch, wenn Sie den Bereich dort genauer bewachen, verhindern, dass die Boote überhaupt beladen werden, indem Sie die versenken, bevor sie Leute aufnehmen können, indem Sie wirklich an der Küstenlinie ein Controlling machen, ein Monitoring machen und verhindern, dass die Schiffe überhaupt auf See gehen.
    Heinemann: Man müsste die türkische Küste beschießen?
    Willsch: Nein, nicht die Küste beschießen, sondern gegebenenfalls Schlepperboote, die da zum Einsatz fahren, um beladen zu werden, versenken, abdrängen, dass die überhaupt nicht auf See gehen. Es ist doch schlimm, wenn wir die Bilder sehen, wie da die Menschen auf den Schiffen mit den Schiffen untergehen und ertrinken.
    Heinemann: Meinen Sie, das könnte gelingen?
    Willsch: Ja natürlich kann das gelingen.
    "Wohlfahrtsstaat darf nicht durch die Hintertür erobert werden"
    Heinemann: Herr Willsch, noch mal zurück zu dem Familiennachzug. Die Familie sei die Keimzelle der Gesellschaft. Das behauptet die CDU seit Jahrzehnten. Warum gilt das nicht für Flüchtlinge?
    Willsch: Weil wir in eine Überforderungssituation kommen und wir nicht zulassen dürfen, dass ein ausgebauter Wohlfahrtsstaat wie der unsere sich sozusagen durch die Hintertür erobern lässt, oder dass man dort hineingeht und sagt, jetzt holen wir mit dieser Zusage, dass die Familien zusammen gehören, alle hinterher und dann haben wir ausgesorgt.
    Heinemann: Für das Credo der CDU heißt das, es gibt gute und es gibt schlechte Familien?
    Willsch: Nein! Ich sage mal, was ich empfehle ist, dass man natürlich in der Region versucht zu helfen, dass man in der Region auch den Familien eine Zukunft, eine Perspektive gibt. Es ist doch sicher nicht der Königsweg und der gangbare Weg zu sagen, wir holen alle zu uns aus Ländern, wo es Probleme gibt, sondern die Probleme müssen in den Ländern gelöst werden oder nahe an den Ländern, damit auch die jungen Leute und die Familien wieder dort sind, um das Land aufzubauen, um es zunächst mal zu befreien. Das alles zu versuchen, mit Deutschland, mit dem kleinen Deutschland zu lösen, wird doch scheitern. Das ist doch klar.
    Heinemann: Inzwischen haben auch die Schweden eine Kurskorrektur eingeleitet. Wie lange wird die Europäische Union den deutschen Alleingang noch aushalten?
    Willsch: Wenn ich das beobachte, dann ist das ja in der Tat drastisch. Die Schweden wie auch die Finnen haben eine Rückführung, eine Abschiebeinitiative gestartet, die wirklich die Hälfte bis zwei Drittel derer, die jetzt zu ihnen gekommen sind, zurückschieben wollen. In Schweden sehen wir an den Zahlen, dass es funktioniert. Die hatten im Oktober 10.000 in der Woche und sind jetzt unter 1.000 pro Woche, die dazukommen, sodass mir das der richtige Weg erscheint und wir gemeinsam mit allen Europäern und vor allen Dingen mit denen, die die begehrtesten Ziele sind, die die Wunschländer sind für die, die da auf dem Weg sind, die richtigen Maßnahmen zusammen zu treffen. Das wäre ja schon wünschenswert.
    "Möglichkeiten der Aufnahme sind am Anschlag"
    Heinemann: Nur Deutschland macht weiter so wie bisher.
    Willsch: Ja. Wir haben gehört, wir haben auch in Ihrem Bericht den Reiner Haseloff gehört, der natürlich als Landesvorsitzender, als Ministerpräsident, genauso wie mein Ministerpräsident Volker Bouffier weiß, dass die Möglichkeiten der Aufnahme am Anschlag sind und dass wir dringend zu drastischen Reduzierungen der Zahlen kommen müssen. Da müssen alle Optionen auf den Tisch.
    Heinemann: Und das war einmal das Militärische, was Sie beschrieben haben. Auch möglicherweise Grenzschließungen?
    Willsch: Was heißt Grenzschließungen? Wir müssen an der Grenze nicht nur kontrollieren, sondern auch zurückweisen in erheblich höherem Umfang als bisher.
    Heinemann: Herr Willsch, verstehen Sie Angela Merkels Flüchtlingspolitik noch?
    Willsch: Wir reden ja jede Sitzungswoche darüber und versuchen, deutlich zu machen, was wir an Stimmung mitnehmen aus dem Wahlkreis, was wir selbst an Positionen dazu haben und was wir uns wünschen und dort zum Durchbruch bringen wollen. Wenn wir das Ziel gemeinsam erreicht haben, werden alle wieder froh sein, aber momentan noch nicht natürlich.
    Heinemann: Sie verstehen die Politik nicht?
    Willsch: Ich verstehe, dass man versucht, möglichst viel international zu tun, auch die Fluchtursachen zu bekämpfen, dies europäisch zu lösen, um der Verantwortung, die Deutschland innerhalb von Europa auch hat, gerecht zu werden. Aber wenn ich mich umschaue in Europa, dann sehe ich auch sehr viele, die sagen, solange die Deutschen alles offen lassen, können wir es nicht halten, dann müssen wir sie eben durchwinken zu euch und durch lassen. Deshalb glaube ich schon, dass wir stärker auch an Zurückweisungen an den Grenzen unmittelbar denken müssen.
    Heinemann: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Willsch: Auf Wiederhören, Herr Heinemann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.