Claussen: Dieser Sommer war ein Extremereignis. Er war insofern extrem, wenn man die Lufttemperatur der letzten, von 1760 bis heute, betrachtet und dann, sozusagen, das Temperaturmittel von Deutschland berechnet, dann war er schon mit etwa dreieinhalb Grad Celsius über dem Mittel von 1960 bis 1990, also ein Maximum. Das ist also wirklich ein extremer Sommer gewesen, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern viel härter getroffen hat es ja noch Frankreich, dort gab es Monatsmittelwerte über sechs Grad Celsius im dreißigjährigen Mittel. Und wenn ich sage, hart getroffen, dann meine ich damit die vielen Todesfälle, die da aufgetreten sind in Bezug auf die Hitzewelle.
Schillmöller: Wird dieser Sommer, sozusagen, einen klimatischen Fingerabdruck hinterlassen in den Statistiken?
Claussen: Das kann man mit Sicherheit sagen. Wie jedes Extremereignis gibt es also diese Ausreißer, wie wir sagen, oder Exextremereignisse. Und wir machen uns jetzt natürlich darüber Gedanken, ob sich eventuell Extremereignisse häufen, oder ob da ein Trend zu erkennen ist, denn, wie der Name schon sagt, Extremereignisse treten eigentlich selten auf, weil es ja Extremwerte sind. Das ist auch sehr sehr schwer zu beurteilen, ob denn tatsächlich schon so etwas vorliegt wie ein Trend.
Schillmöller: Ich möchte mal in die komplizierte Frage einsteigen: Klimawandel, gibt es ihn, gibt es ihn nicht? Das ist ja eine große Debatte mit vielen schwierigen Fragen. Eine ganz einfache Frage interessiert mich, was ist eigentlich Klima?
Claussen: Das ist ein nicht ganz einfach zu beantwortendes Thema. Es ist so, Klima bedeutet zunächst einmal mittleres Wetter plus die Statistik dazu. Das ist die meteorologische Definition, dann gibt es noch eine systemanalytische Definition, die sagt, Klima hat nicht nur etwas mit der Atmosphäre zu tun sondern betrifft auch den Zustand der Vegetation, den Zustand des Meeres, der Eismassen, also den Zustand und die Statistik des Klimasystems, wie wir sagen. Für den Hausgebrauch langt es erst einmal zu sagen, Klima hat etwas mit mittlerem Wetter zu tun, ohne Variationen des Wetters. Weil ich schon sage, es gibt Variationen, es gibt Statistiken darüber, Klimawandel, oder Klimaänderungen an sich sind zunächst einmal ganz natürlich, sie treten auf, sie sind immer aufgetreten und sie werden auch immer auftreten. Die Frage, die uns bewegt, ist eigentlich, welchen Anteil an den jetzt beobachteten Klimaänderungen der Mensch hat. Und da kommen wir, und das wurde auch durch unsere jetzige Klimatagung bestätigt, wieder zu dem Schluss, dass wir nach dem heutigen Stand des Wissens davon ausgehen müssen, dass der Mensch ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Klimaantrieb ist, zumindest der letzten Jahrzehnte. Wenn wir das menschliche Verhalten so beurteilen, wahrscheinlich auch in den nächsten Jahrzehnten sein wird.
Schillmöller: Versuchen wir es einmal auf den Punkt zu bringen. Gibt es Ihrer Einschätzung nach einen Klimawandel, eine Klimaveränderung, eine globale Erwärmung?
Claussen: Ja, das ist nun doch nachgewiesen, soweit man das tatsächlich sagen kann. Klimaforschung hat ja immer etwas mit Wahrscheinlichkeit zu tun, deshalb kann ich nie sagen, es ist 100 Prozent sicher so oder nicht, sondern ich muss sagen, im Rahmen der Messfehler die wir haben und der Unsicherheiten der Abschätzung, ja, es gibt einen Klimawandel, wie gesagt, das ist erst einmal rein natürlich. Aber wir können jetzt auch sagen, dass ein Teil des Klimawandels menschgemacht ist, im letzten Jahrhundert haben wir also einen Anstieg von etwa 0,6 Grad Celsius weltweit. In Potsdam hier war es ungefähr tatsächlich ein Grad Celsius im Jahresmittel. Anfang des Jahrhunderts, des zwanzigsten Jahrhunderts mag die Sonne eine große Rolle gespielt haben, auch das Fehlen von großer Vulkanaktivität mag eine große Rolle gespielt haben neben den Emissionen von Treibhausgasen durch den Mensch. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Sonne im Mittel nicht mehr stark geändert und da schlägt, sozusagen, die Emission von Treibhausgasen voll zu. Insofern gibt es einen Wandel, ja. Und wir können ihn auch vermessen, wir können auch jetzt mittlerweile, - vermutlich und mit allen Unsicherheiten natürlich, die man da als Wissenschaftler heransetzen muss in aller Bedenklichkeit -, sagen, der Mensch ist ein wichtiger Klimaantrieb.
Schillmöller: Was für Veränderungen sind jetzt konkret festzustellen? Uns erreichen immer wieder besorgniserregende Meldungen von Schmelzvorgängen in der Arktis, vom Ozonloch, das im Augenblick wieder so groß sein soll wie es noch nie war. Wie hat man das einzuschätzen, muss man sich da Sorgen machen?
Claussen: Das kommt ganz darauf an. Ein Klimawandel bringt ganz unterschiedliche Folgen mit sich, zunächst einmal, um wieder auf das Anfangsthema zurückzukommen, Extremwerte können sich ändern. Es gibt Hinweise darauf, dass sich die Anzahl der Monate mit Extremniederschlägen hier in Deutschland geändert hat, wir sehen, dass eher im Südwesten, westlichen Teil Deutschlands, die Winterniederschläge kräftiger zugenommen haben. Im Ostteil von Deutschland ist es so, dass die Winterniederschläge nur leicht zunehmen, dahingegen haben wir eher eine Trockenheit, eine zunehmende Trockenheit im Sommer, und wenn es dann als Regen runterkommt, dann kommt es eher als Gewitter runter. Auch der Sommer 2003, um das noch einmal aufzugreifen, reiht sich da ein. Es sieht so aus, nach vorläufigen statistischen Analysen, dass also die wärmeren Sommer etwas häufiger werden, da sehen wir also schon gewisse Trends.
Schillmöller: Was bedeutet das für Flora und Fauna?
Claussen: Das ist eben ganz unterschiedlich. Für uns in Brandenburg zum Beispiel bedeutet das, dass die Buche hier unter Stress steht, dass man halt dafür sorgen muss, dass man die Wälder besser pflegt in dem Sinne, dass man mehr auf Mischwald setzt und nicht mehr die Monokulturen, die doch sehr anfällig sind für Waldbrand. Denn mit einem Zunehmen der Temperatur, die insbesondere hier für Brandenburg dann auch zunehmende Trockenheit bedeutet, steigt das Waldbrandrisiko, darauf müssen wir uns einstellen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass weniger Grundwasser gebildet wird. Welche Folgen das hat, das kann ich nur abschätzen, ich bin da kein Spezialist im Detail, ich kann da nur die klimatische Seite beurteilen. Wir wissen auch, dass sich das bemerkbar machen kann im Anbau von Getreide. Diesen Sommer haben wir zum Beispiel gesehen, dass hier, dass zum Beispiel in Norddeutschland die stärkere Erwärmung sich günstig auf die Getreideerträge ausgewirkt hat. Die Klimafolgen sind unterschiedlich, ganz vielfach und wenn wir jetzt mal außerhalb von Deutschland schauen ...
Schillmöller: ... ich wollte gerade sagen, blicken wir einmal über den Tellerrand. Was ist mit Europa an sich, da sind ja auch wirklich ganz große Unterschiede festzustellen?
Claussen: Es ist so, dass vermutlich in den südeuropäischen Regionen die Trockenheit zunimmt und vermutlich auch weiterhin zunehmen wird, mit den entsprechenden Belastungen, die damit einhergehen. Und wenn wir noch weiter über den Tellerrand hinausschauen, weltweit. Wir müssen damit rechnen, dass der Meeresspiegel ansteigt, auch hier können wir noch nichts genaues sagen, wir wissen nur, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es passiert und dann haben natürlich Inselbewohner, die auf Inseln wohnen, die nur sehr wenig über den Meeresspiegel herausragen, große Probleme.
Schillmöller: Was sagen die Tiere dazu?
Claussen: Das ist ganz unterschiedlich. Da habe ich auch nur verschiedene Meinungen gehört. Leider untersuchen wir das Tierverhalten in unserem Institut nicht im Detail, so dass ich Ihnen nicht sehr viel dazu sagen kann ...
Schillmöller: ... nun ist aber trotzdem ein enger Zusammenhang herzustellen, es gibt Berichte vom World Wildlife Fund, dass sich das Zugvögelverhalten ändert, dass zum Beispiel Korallenriffe ausbleichen durch die Erwärmung des Wassers. Das sind doch alles recht gravierende Geschichten?
Claussen: Wie gesagt, das stimmt. Es ist so, dass sich einerseits das Klima ohnehin stets geändert hat, solche Klimaänderungen gab es eigentlich schon immer. Das Problem jetzt ist dabei, dass hier an dieser Änderungen jetzt, die im Grunde, und das wurde auch auf der Klimatagung bei uns festgestellt, regelrecht doch einzigartig ist im Vergleich zu den Erwärmungsereignissen der letzten tausend Jahre. Dass es dort zu Folgen kommt, die wir dann direkt sehen und das Besondere ist daran, dass eben der Mensch als Klimaantrieb, also als vermuteter und wahrscheinlicher Klimaantrieb, ein Teil mit verantwortlich ist für diese Klimafolgen.
Schillmöller: Ich möchte zum Schluss noch einmal ein Stichwort bringen, Herr Claussen. Das Stichwort heißt Kyoto. Da war doch einmal ein Protokoll, eine Vereinbarung zur Verringerung von Treibhausgasen. In der nächsten Woche findet in Moskau wieder ein Klimagipfel statt, im Vorfeld heißt es aber schon, dass Kyoto-Protokoll hat keine Bedeutung mehr, spielt da keine Rolle mehr. Ihrer Einschätzung nach, was ist übrig geblieben von diesem einstmals wichtigen Protokoll?
Claussen: Diese Einschätzung möchte ich so nicht teilen. Es ist wichtig, dass Russland dieses Kyoto-Protokoll unterzeichnet, denn dann hätten wir zum ersten Mal ein völkerrechtlich verbindliches Gesetz zum Umweltschutz im weiteren Sinne oder Klimaschutz, obwohl ich das Wort Klimaschutz eigentlich nicht so gerne mag, denn wir brauchen nicht das Klima zu schützen, sondern wir müssen uns schützen vor den Folgen unseres Eingriffes in das Klima. Gut, es kommt schon darauf an und das ist schon wichtig, dass Russland dieses Kyoto-Protokoll unterzeichnet, damit das wirksam werden kann. Dann haben wir zumindest einen Einstieg. Als Klimaforscher würde ich sagen, gut, das Kyoto-Protokoll an sich selbst bringt herzlich wenig, man wird kaum große Einschnitte in der Erwärmung in den nächsten Dekaden sehen können, wenn das Kyoto-Protokoll befolgt wird. Aber es ist insofern sinnvoll, das trotzdem zu unterzeichnen, weil wir damit einen Einstieg haben weltweit koordiniert Maßnahmen zur Vermeidung menschgemachten Klimawandels einzuleiten.
Link: Interview als RealAudio
Schillmöller: Wird dieser Sommer, sozusagen, einen klimatischen Fingerabdruck hinterlassen in den Statistiken?
Claussen: Das kann man mit Sicherheit sagen. Wie jedes Extremereignis gibt es also diese Ausreißer, wie wir sagen, oder Exextremereignisse. Und wir machen uns jetzt natürlich darüber Gedanken, ob sich eventuell Extremereignisse häufen, oder ob da ein Trend zu erkennen ist, denn, wie der Name schon sagt, Extremereignisse treten eigentlich selten auf, weil es ja Extremwerte sind. Das ist auch sehr sehr schwer zu beurteilen, ob denn tatsächlich schon so etwas vorliegt wie ein Trend.
Schillmöller: Ich möchte mal in die komplizierte Frage einsteigen: Klimawandel, gibt es ihn, gibt es ihn nicht? Das ist ja eine große Debatte mit vielen schwierigen Fragen. Eine ganz einfache Frage interessiert mich, was ist eigentlich Klima?
Claussen: Das ist ein nicht ganz einfach zu beantwortendes Thema. Es ist so, Klima bedeutet zunächst einmal mittleres Wetter plus die Statistik dazu. Das ist die meteorologische Definition, dann gibt es noch eine systemanalytische Definition, die sagt, Klima hat nicht nur etwas mit der Atmosphäre zu tun sondern betrifft auch den Zustand der Vegetation, den Zustand des Meeres, der Eismassen, also den Zustand und die Statistik des Klimasystems, wie wir sagen. Für den Hausgebrauch langt es erst einmal zu sagen, Klima hat etwas mit mittlerem Wetter zu tun, ohne Variationen des Wetters. Weil ich schon sage, es gibt Variationen, es gibt Statistiken darüber, Klimawandel, oder Klimaänderungen an sich sind zunächst einmal ganz natürlich, sie treten auf, sie sind immer aufgetreten und sie werden auch immer auftreten. Die Frage, die uns bewegt, ist eigentlich, welchen Anteil an den jetzt beobachteten Klimaänderungen der Mensch hat. Und da kommen wir, und das wurde auch durch unsere jetzige Klimatagung bestätigt, wieder zu dem Schluss, dass wir nach dem heutigen Stand des Wissens davon ausgehen müssen, dass der Mensch ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Klimaantrieb ist, zumindest der letzten Jahrzehnte. Wenn wir das menschliche Verhalten so beurteilen, wahrscheinlich auch in den nächsten Jahrzehnten sein wird.
Schillmöller: Versuchen wir es einmal auf den Punkt zu bringen. Gibt es Ihrer Einschätzung nach einen Klimawandel, eine Klimaveränderung, eine globale Erwärmung?
Claussen: Ja, das ist nun doch nachgewiesen, soweit man das tatsächlich sagen kann. Klimaforschung hat ja immer etwas mit Wahrscheinlichkeit zu tun, deshalb kann ich nie sagen, es ist 100 Prozent sicher so oder nicht, sondern ich muss sagen, im Rahmen der Messfehler die wir haben und der Unsicherheiten der Abschätzung, ja, es gibt einen Klimawandel, wie gesagt, das ist erst einmal rein natürlich. Aber wir können jetzt auch sagen, dass ein Teil des Klimawandels menschgemacht ist, im letzten Jahrhundert haben wir also einen Anstieg von etwa 0,6 Grad Celsius weltweit. In Potsdam hier war es ungefähr tatsächlich ein Grad Celsius im Jahresmittel. Anfang des Jahrhunderts, des zwanzigsten Jahrhunderts mag die Sonne eine große Rolle gespielt haben, auch das Fehlen von großer Vulkanaktivität mag eine große Rolle gespielt haben neben den Emissionen von Treibhausgasen durch den Mensch. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Sonne im Mittel nicht mehr stark geändert und da schlägt, sozusagen, die Emission von Treibhausgasen voll zu. Insofern gibt es einen Wandel, ja. Und wir können ihn auch vermessen, wir können auch jetzt mittlerweile, - vermutlich und mit allen Unsicherheiten natürlich, die man da als Wissenschaftler heransetzen muss in aller Bedenklichkeit -, sagen, der Mensch ist ein wichtiger Klimaantrieb.
Schillmöller: Was für Veränderungen sind jetzt konkret festzustellen? Uns erreichen immer wieder besorgniserregende Meldungen von Schmelzvorgängen in der Arktis, vom Ozonloch, das im Augenblick wieder so groß sein soll wie es noch nie war. Wie hat man das einzuschätzen, muss man sich da Sorgen machen?
Claussen: Das kommt ganz darauf an. Ein Klimawandel bringt ganz unterschiedliche Folgen mit sich, zunächst einmal, um wieder auf das Anfangsthema zurückzukommen, Extremwerte können sich ändern. Es gibt Hinweise darauf, dass sich die Anzahl der Monate mit Extremniederschlägen hier in Deutschland geändert hat, wir sehen, dass eher im Südwesten, westlichen Teil Deutschlands, die Winterniederschläge kräftiger zugenommen haben. Im Ostteil von Deutschland ist es so, dass die Winterniederschläge nur leicht zunehmen, dahingegen haben wir eher eine Trockenheit, eine zunehmende Trockenheit im Sommer, und wenn es dann als Regen runterkommt, dann kommt es eher als Gewitter runter. Auch der Sommer 2003, um das noch einmal aufzugreifen, reiht sich da ein. Es sieht so aus, nach vorläufigen statistischen Analysen, dass also die wärmeren Sommer etwas häufiger werden, da sehen wir also schon gewisse Trends.
Schillmöller: Was bedeutet das für Flora und Fauna?
Claussen: Das ist eben ganz unterschiedlich. Für uns in Brandenburg zum Beispiel bedeutet das, dass die Buche hier unter Stress steht, dass man halt dafür sorgen muss, dass man die Wälder besser pflegt in dem Sinne, dass man mehr auf Mischwald setzt und nicht mehr die Monokulturen, die doch sehr anfällig sind für Waldbrand. Denn mit einem Zunehmen der Temperatur, die insbesondere hier für Brandenburg dann auch zunehmende Trockenheit bedeutet, steigt das Waldbrandrisiko, darauf müssen wir uns einstellen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass weniger Grundwasser gebildet wird. Welche Folgen das hat, das kann ich nur abschätzen, ich bin da kein Spezialist im Detail, ich kann da nur die klimatische Seite beurteilen. Wir wissen auch, dass sich das bemerkbar machen kann im Anbau von Getreide. Diesen Sommer haben wir zum Beispiel gesehen, dass hier, dass zum Beispiel in Norddeutschland die stärkere Erwärmung sich günstig auf die Getreideerträge ausgewirkt hat. Die Klimafolgen sind unterschiedlich, ganz vielfach und wenn wir jetzt mal außerhalb von Deutschland schauen ...
Schillmöller: ... ich wollte gerade sagen, blicken wir einmal über den Tellerrand. Was ist mit Europa an sich, da sind ja auch wirklich ganz große Unterschiede festzustellen?
Claussen: Es ist so, dass vermutlich in den südeuropäischen Regionen die Trockenheit zunimmt und vermutlich auch weiterhin zunehmen wird, mit den entsprechenden Belastungen, die damit einhergehen. Und wenn wir noch weiter über den Tellerrand hinausschauen, weltweit. Wir müssen damit rechnen, dass der Meeresspiegel ansteigt, auch hier können wir noch nichts genaues sagen, wir wissen nur, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es passiert und dann haben natürlich Inselbewohner, die auf Inseln wohnen, die nur sehr wenig über den Meeresspiegel herausragen, große Probleme.
Schillmöller: Was sagen die Tiere dazu?
Claussen: Das ist ganz unterschiedlich. Da habe ich auch nur verschiedene Meinungen gehört. Leider untersuchen wir das Tierverhalten in unserem Institut nicht im Detail, so dass ich Ihnen nicht sehr viel dazu sagen kann ...
Schillmöller: ... nun ist aber trotzdem ein enger Zusammenhang herzustellen, es gibt Berichte vom World Wildlife Fund, dass sich das Zugvögelverhalten ändert, dass zum Beispiel Korallenriffe ausbleichen durch die Erwärmung des Wassers. Das sind doch alles recht gravierende Geschichten?
Claussen: Wie gesagt, das stimmt. Es ist so, dass sich einerseits das Klima ohnehin stets geändert hat, solche Klimaänderungen gab es eigentlich schon immer. Das Problem jetzt ist dabei, dass hier an dieser Änderungen jetzt, die im Grunde, und das wurde auch auf der Klimatagung bei uns festgestellt, regelrecht doch einzigartig ist im Vergleich zu den Erwärmungsereignissen der letzten tausend Jahre. Dass es dort zu Folgen kommt, die wir dann direkt sehen und das Besondere ist daran, dass eben der Mensch als Klimaantrieb, also als vermuteter und wahrscheinlicher Klimaantrieb, ein Teil mit verantwortlich ist für diese Klimafolgen.
Schillmöller: Ich möchte zum Schluss noch einmal ein Stichwort bringen, Herr Claussen. Das Stichwort heißt Kyoto. Da war doch einmal ein Protokoll, eine Vereinbarung zur Verringerung von Treibhausgasen. In der nächsten Woche findet in Moskau wieder ein Klimagipfel statt, im Vorfeld heißt es aber schon, dass Kyoto-Protokoll hat keine Bedeutung mehr, spielt da keine Rolle mehr. Ihrer Einschätzung nach, was ist übrig geblieben von diesem einstmals wichtigen Protokoll?
Claussen: Diese Einschätzung möchte ich so nicht teilen. Es ist wichtig, dass Russland dieses Kyoto-Protokoll unterzeichnet, denn dann hätten wir zum ersten Mal ein völkerrechtlich verbindliches Gesetz zum Umweltschutz im weiteren Sinne oder Klimaschutz, obwohl ich das Wort Klimaschutz eigentlich nicht so gerne mag, denn wir brauchen nicht das Klima zu schützen, sondern wir müssen uns schützen vor den Folgen unseres Eingriffes in das Klima. Gut, es kommt schon darauf an und das ist schon wichtig, dass Russland dieses Kyoto-Protokoll unterzeichnet, damit das wirksam werden kann. Dann haben wir zumindest einen Einstieg. Als Klimaforscher würde ich sagen, gut, das Kyoto-Protokoll an sich selbst bringt herzlich wenig, man wird kaum große Einschnitte in der Erwärmung in den nächsten Dekaden sehen können, wenn das Kyoto-Protokoll befolgt wird. Aber es ist insofern sinnvoll, das trotzdem zu unterzeichnen, weil wir damit einen Einstieg haben weltweit koordiniert Maßnahmen zur Vermeidung menschgemachten Klimawandels einzuleiten.
Link: Interview als RealAudio