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Klimakonferenz
"Das Thema Trump hat den gesamten Gipfel dominiert"

Die Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten war für viele Teilnehmer des UN-Klimagipfels in Marrakesch ein Schock, sagte Niklas Höhne vom NewClimate Institute im DLF. Doch letztendlich habe diese Entwicklung "diejenigen zusammengeschweißt, die den Klimaschutz vorantreiben wollen."

Niklas Höhne im Gespräch mit Lennart Pyritz | 21.11.2016
    Japanische Schulkinder berühren bei einer Messe einen elektronischen Globus, der die Erhöhung des Meerwasserspiegels durch die Erderwärmung verdeutlicht.
    Konkrete Beschlüsse konnten auf dem Klimagipfel in Marrakesch nicht ausgehen. (afp / TORU YAMANAKA)
    Lennart Pyritz: Auf welche Zwischenstopps und Ziele haben sich die Vertreter in Marokko konkret geeinigt?
    Niklas Höhne: Die Konferenz hier in Marrakesch war sozusagen eine Zwischenkonferenz in der es darum ging den Fahrplan festzulegen und nicht groß inhaltliche Entscheidungen zu treffen und deswegen ist eben dieser Fahrplan zu Stande gekommen. Das ist schon ein Erfolg. Ein wichtiger Punkt ist im Jahr 2018, in dem sollen alle Länder nochmal zusammen kommen und schauen, ob das was sie bisher gemacht haben ausreichend wirkt. Und es ist wahrscheinlich, dass es nicht ausreicht und das ist der wichtige Punkt, dass im Jahr 2018 die Ambition nochmal deutlich erhöht wird.
    Pyritz: Sie haben es jetzt schon gesagt: In der Abschlusserklärung verpflichteten sich die Teilnehmerstaaten, die Fortschritte im Klimaschutz im Jahr 2017 zu überprüfen und 2018 eine Bilanz zu ziehen. Wo und in was für einem Rahmen soll das dann stattfinden?
    Dr. Niklas Höhne im DLF-Studio
    Dr. Niklas Höhne im DLF-Studio (Uli Blumenthal)
    Höhne: Genau das ist das Problem gewesen über das man sich noch nicht einigen konnte in Marrakesch. Und hier tritt das Grundproblem zu Tage zwischen den Ländern. Einige Länder sagen, es steht ihnen vollkommen frei das vorzuschlagen, was sie tun wollen. Aber insbesondere die Kleininselstaaten, die sehr vom Klimawandel betroffen sind, wollen einen offiziellen Prozess, in dem Wissenschaftler oder andere technische Experten Ländern Vorschläge machen, wie viel sie reduzieren sollen. Und diesen Konflikt gibt es seit es die Klimaverhandlungen gibt und der konnte auch hier in Marrakesch noch nicht gelöst werden.
    "Komplett aus fossilen Energieträgern auszusteigen ist schwierig"
    Pyritz: Das war jetzt sozusagen der Zeitplan über den Sie gesprochen haben. Welche wichtigen, entscheidenden inhaltlichen Etappen liegen denn noch auf dem Weg dorthin?
    Höhne: In Paris wurde beschlossen, den Temperaturanstieg auf weit unter zwei Grad und in Richtung 1,5 Grad zu limitieren und das bedeutet im Prinzip, dass man komplett aus fossilen Energieträgern aussteigt - bis Mitte des Jahrhunderts, auf globalem Niveau. Und das erfordert enorme Anstrengungen. Und deshalb sind alle Länder aufgefordert, Langfristpläne zu schreiben und abzustimmen, indem sie beschreiben, wie sie aus fossilen Energieträgern aussteigen wollen. Und das ist eine sehr, sehr schwierige Entscheidung. Länder wie Deutschland hatten Schwierigkeiten so einen langfristigen Plan abzustimmen und andere Länder wie Kanada, Mexiko und auch die USA haben solche langfristigen Pläne vorgelegt. Aber komplett aus fossilen Energieträgern auszusteigen ist schwierig. Das sind tiefgreifende Einschnitte die eigentlich jetzt noch unbedingt beschlossen werden müssen.
    Pyritz: Die bisher vorliegenden nationalen Zusagen zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes reichen nicht aus, um das "2-Grad-Ziel" zu erreichen. An welchen Stellen und auf welche Weise soll da in Zukunft nachgebessert werden?
    Höhne: Einzelne Länder haben Vorschläge gemacht, wie sehr sie die Emissionen reduzieren wollen und wenn man die Vorschläge zusammenzählt, haben wir mit dem "Climate Action Tracker" in Marrakesch nochmal ein Update gemacht auf 2,8 Grad, also weit weg von zwei Grad oder auch 1,5 Grad. Das bedeutet, dass im Prinzip alle Länder nachlegen müssen. Die Lücke ist so groß, dass alle Länder nochmal zurückgehen müssen und schauen müssen, wie sie denn konkret diese Langfristziele umsetzen.
    Pyritz: Inwieweit sollen denn finanzielle Hilfen reicher Länder künftig in ärmeren Ländern bei der Bewältigung des Klimawandels helfen? Und inwiefern ist das nach Marrakesch realistisch?
    Höhne: Innerhalb der Klimaverhandlungen immer Prozesse in der Industrieländer den Entwicklungsländern geholfen haben, durch finanzielle Hilfen: Einmal um sich klimafreundlich zu entwickeln, es gibt den grünen Klimafonds, der jetzt 2,5 Milliarden Euro verteilt. Außerdem gibt es Hilfe für die Anpassung an den Klimawandel. Dort wurde auch beschlossen, dass ein schon bestehender Anpassungsfonds jetzt weitergeführt wird. Das sind alles positive Signale. Insgesamt reicht das Geld bei weitem nicht aus. Man hat sich auf 100 Milliarden pro Jahr geeinigt - bis zum Jahr 2020. Aber das Ziel ist noch nicht erfüllt.
    "Im Prinzip sind dort alle etwas geschockt gewesen"
    Pyritz: Wie ausführlich wurde die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten in Marrakesch jetzt diskutiert. Er sieht den Klimawandel - vorsichtig ausgedrückt - skeptisch. Damit drohen ja auch wichtige Gelder wegzufallen.
    Höhne: Ja, das Thema Trump war das, was den gesamten Gipfel dominiert hat. Zunächst waren alle sehr euphorisch, da das Klimaabkommen in Rekordzeit in Kraft getreten ist. Doch dann kam es zur Trump-Wahl und im Prinzip sind dort alle etwas geschockt gewesen, haben sich aber relativ schnell gefangen. Die Gefahr war, dass der internationale Prozess dadurch gebremst wird. Aber man hat gesehen, dass die Enddeklaration klar gesagt hat: Der Klimawandel und auch das Moment von Paris ist quasi nicht umzukehren und wird weiter vorangehen. Eigentlich alle, die teilgenommen haben, haben demonstrativ gesagt, dass sie weiter machen werden, egal was in den USA mit der nationalen Regierung passiert.
    Pyritz: Welche neue Rolle oder auch welche Verantwortung könnte so eine Entwicklung bedeuten für Länder wie China oder auch die europäische Union?
    Höhne: Ganz wichtig ist, dass der Pariser Klimavertrag auch nur zu Stande gekommen ist, weil China und die USA synchronisiert ihre Ziele vorgelegt haben und auch gemeinsam das Pariser Abkommen ratifiziert haben. Diese Achse China-USA war sehr, sehr wichtig um dieses ganze Klimaabkommen ins Leben zu rufen. Diese Achse fällt nun weg und der Platz des globalen Klimavorreiters ist offen. China hat sofort gesagt, nachdem Trump gewählt worden ist, dass China weitermachen will mit dem Klimaschutz. Das ist im eigenen Interesse. Es geht um Luftreinhaltung und technologischen Fortschritt. Und deswegen glaube ich, dass China weiterhin für den Klimaschutz sein wird. Wer der Partner sein wird, das ist offen. Deutschland steht da sicherlich auf der Liste oder eben die gesamte EU, wobei die EU kein wirklich gutes Bild abgegeben hat, bei den Klimaverhandlungen und dass die Rolle des Klimavorreiters derzeit eher bei Deutschland liegen würde.
    Teilnehmer der Weltklimakonferenz in Marrakesch stellen sich zum Abschiedsfoto zusammen.
    Teilnehmer der Weltklimakonferenz in Marrakesch stellen sich zum Abschiedsfoto zusammen. (AFP / Fadel Senna)
    Pyritz: Umweltverbände haben die Klimakonferenz in Marrakesch als ermutigenden Schub gelobt. Teilnehmerstaaten seien näher zusammengerückt. Teilen Sie eher diese Euphorie oder überwiegen die Bedenken ob der Entwicklung in den USA?
    Höhne: Ja wie gesagt, in den zwei Wochen wo verhandelt worden ist, kam es zu einer großen Unsicherheit und niemand wusste so genau, wie man mit der neuen Situation umgehen sollte. Aber man sieht, glaube ich, klar, auch bei der Schlussdeklaration und bei den Stimmen aller Teilnehmer, dass man in ein "Jetzt-erst-Recht" verfallen ist. Und ich glaube schon, dass diese Neuentwicklung diejenigen zusammengeschweißt hat, die wirklich den Klimaschutz vorantreiben wollen.
    Pyritz: Glauben Sie, dass auch die Weltbevölkerung diese Stimmung, diese Euphorie teilt oder wie könnte da sozusagen das Interesse und das Engagement für Klimaschutz, für Klimapolitik noch weiter entfacht werden?
    Höhne: Dieser Klimagipfel ist ja gemacht für nationale Regierungen und wirklich konkrete Entscheidungen jedes Mal zu erreichen ist sehr, sehr schwierig. Bei großen Events wie Paris passiert das und kann dann auch alle mitreißen. So eine relativ kleine Konferenz wie die Marrakesch ist schwierig zu vermitteln. Das wichtige aus meiner Sicht ist das Signal von so einer Konferenz, zu sagen, dass die Länder zusammenstehen oder jetzt fast alle Länder zusammenstehen, um den Klimawandel zu bekämpfen und diese Signal muss dann von anderen, von Umweltverbänden oder Regierungsvertretern in die Bevölkerung getragen werden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.