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Klimapläne der Regierung
"Die Maßnahmen machen Sinn"

Der SPD-Politiker Klaus Barthel hat das Klimapaket der Bundesregierung verteidigt. Es gehe einerseits darum, Treibhausemissionen abzubauen - andererseits dürften aber keine Ziele vorgegeben werden, die zu teuer und nicht zu erreichen seien, sagte er im DLF.

Klaus Barthel im Gespräch mit Jasper Barenberg | 04.12.2014
    Porträtbild des SPD-Politikers Klaus Barthel
    Der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD) sitzt dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie vor. (picture alliance / dpa/ Armin Weigel)
    Zwar müssten Teile des Programms noch durch einzelne Maßnahmen konkret unterlegt werden, sagte Barthel, der dem Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie vorsitzt. Insgesamt gelte aber: "Die Maßnahmen machen Sinn." Der SPD-Politiker widersprach Kritik der Grünen, dass zu wenig gegen Kohlekraftwerke mit hohem CO2-Ausstoß getan werde: "Kohle ist das Lieblingsthema der Grünen", sagte er. "Aber auch die sind sich im Klaren darüber, dass wir nicht von heute auf morgen gleichzeitig aus Kohle und Atomenergie aussteigen können." Immerhin müssten die Treibhausemissionen im Kraftwerksbereich um 22 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich reduziert werden - was bedeute, dass die ineffizientesten und ältesten Kraftwerke außer Betrieb genommen würden.
    Mieter sollen vor hohen Kosten geschützt werden
    Barthel warnte zudem, dass die Kosten eines Kohle-Ausstiegs auch auf die Stromverbraucher umgelegt werden könnten. Dies müsse man vermeiden, indem man nicht Ziele vorgebe, die teuer und nicht zu erreichen seien. Gleiches gelte für die Gebäudesanierung. Hier wolle die Große Koalition die Gebäudebesitzer etwa durch steuerliche Förderung entlasten. "Außerdem werden wir das Mietrecht novellieren, damit es Grenzen gibt bei der Umlegung der Modernisierungskosten auf die Mieter", so Barthel.
    Grundsätzlich verteidigte er die Förderung der Wärmedämmung: "Klar ist, dass viele Gebäude ganz schlecht gedämmt sind und man schon mit geringem Aufwand viel erreichen kann", sagte er. "Wenn wir Mittel in diesen Bereich geben, werden wir das Gleiche erleben wie bei den erneuerbaren Energien: dass bessere Materialien entwickelt werden, die dann auch preiswerter werden."

    Das Interview in voller Länge:
    Jasper Barenberg: Mit Dutzenden von Maßnahmen will die Große Koalition verhindern, dass sie ihre eigenen Klimaziele verpasst. Kern des Paketes: Etwas weniger Kohlestrom, dafür mehr Gebäudedämmung, um Energie zu sparen. Kann dieser Plan aufgehen? Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagen ja. Bärbel Höhn von den Grünen aber widerspricht:
    O-Ton Bärbel Höhn: "Es ist eine absolute Ausrede. Weil sie an die Kohle nicht ran wollen, überborden sie jetzt die Energieeffizienz. Mit den Maßnahmen, die sie vorstellen, viele Prüfaufträge, werden sie Energieeffizienz-Maßnahmen in dieser Höhe nicht erreichen können."
    Barenberg: Bärbel Höhn von den Grünen. - Am Telefon begrüße ich den SPD-Bundestagsabgeordneten Klaus Barthel, stellvertretender Vorsitzender im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie. Schönen guten Morgen.
    Klaus Barthel: Ja, schönen guten Morgen.
    Barenberg: Ist das ganz falsch, was Bärbel Höhn da sagt, die Koalition schont die Kohleindustrie und dafür legt sie alles auf die Verbraucher, die jetzt ihre Gebäude dämmen sollen?
    "Aus der Kohle nur in Schritten herauskommen"
    Barthel: Ja, dieser Eindruck ist durchaus falsch. Natürlich muss das, was jetzt in dem Programm steht, noch durch einzelne Maßnahmen konkret unterlegt werden. Das ist völlig klar. Aber die Maßnahmen, wie sie aufgeschrieben sind, machen Sinn. Und ich meine, das mit der Kohle, das ist ja das Lieblingsthema der Grünen, aber auch die sind sich eigentlich darüber im Klaren, dass wir nicht von heute auf morgen gleichzeitig aus der Kernenergie und aus der Kohle aussteigen können, sondern dass wir aus der Kohle auch nur in Schritten heraus kommen.
    Barenberg: Darüber haben wir hier im Programm und darüber wurde ja in den vergangenen Wochen auch viel diskutiert. Das Argument ist bekannt, was Sie auch gerade noch mal wiederholt haben: Wir können nicht gleichzeitig aus beidem aussteigen. Nun verlangt das ja auch niemand. Aber Bärbel Höhn hat immerhin viele Fachleute auf ihrer Seite, die sagen, solange die ältesten und die schmutzigsten Kohlekraftwerke am Netz bleiben, können die Klimaziele gar nicht erreicht werden.
    Barthel: Da hat sie auch Recht und deswegen enthält ja auch der Plan der Bundesregierung eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im Kraftwerksbereich um noch mal 22 Millionen Tonnen, wohl gemerkt zusätzlich zu dem, was ohnehin geplant ist, und das ist schon ganz erheblich. Und Herr Gabriel hat ja diese Vorgabe auch der Energiewirtschaft schon mitgeteilt. Dort sieht man das natürlich nicht so gerne, aber es ist jetzt praktisch als Vorgabe für die Energiewirtschaft klar. Sie müssen diese 22 Millionen Tonnen zusätzlich erbringen und das bedeutet natürlich, dass gerade die ineffizientesten und ältesten Kraftwerke abgebaut werden müssen.
    Barenberg: Nun klingt das, wenn man die 340 Millionen Tonnen zum Vergleich nimmt, die insgesamt ausgestoßen werden von der Stromindustrie, sage ich mal, in der Tat ein bisschen nach einer homöopathischen Dosis, oder?
    Barthel: Ja, aber da vergisst man bei diesen Zahlen, die da herumgeworfen werden: Jetzt sind wir bei 370 Millionen Ziel. Ohnehin wäre noch zu 304 Millionen zu kommen, das heißt, schon mal um 70 Millionen Tonnen abzubauen nach bisheriger Planung. Und jetzt kommen die 22 Millionen Tonnen noch mal obendrauf und das muss man erst mal umsetzen und durchsetzen, und wenn wir das erreichen, haben wir viel gewonnen.
    Barenberg: Ursprünglich hat der Wirtschaftsminister ja auch einen höheren Betrag mal im Auge gehabt und ist davon wieder abgerückt. Jetzt soll dafür umso mehr bei der Gebäudedämmung herausspringen. Sie sind aber der Meinung, dass da die Beiträge zwischen Wirtschaft und Verbrauchern gerecht verteilt sind?
    Barthel: Na ja, letzten Endes ist ja immer die Frage, wer das bezahlt, denn auch beim Ausstieg aus der Kohle, so wie viele sich das vorstellen, werden ja durchaus die Kosten womöglich auf den Verbraucher umgelegt, wenn wir nicht aufpassen, und genau das wollen wir ja vermeiden, indem wir nicht Ziele vorgeben, die am Ende viel zu teuer sind und viel zu wenig bringen. Sondern es geht ja genau darum, einmal bei der Stromerzeugung die Preise halbwegs im Lot zu halten, und jetzt im Gebäudebereich die privaten Haushalte durch Anreize dann auch finanziell zu entlasten, zum Beispiel durch dieses Programm der steuerlichen Förderung von der Gebäudesanierung. Wir wollen ja nicht einfach die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Hausbesitzer und Mieter mit diesem Thema allein lassen.
    "Mieter vor ungerechtfertigten Kosten schützen"
    Barenberg: Nun ist erstens ja noch nicht absehbar, ob Sie da sich mit den Ländern einigen können, ob die den Steuerverlust dann hinnehmen, oder kompensiert bekommen. Da hat es ja in der Vergangenheit keine Lösung bei diesen Verhandlungen gegeben. Aber wo Sie gerade das Stichwort, wer bezahlt am Ende, genannt haben: Muss man nicht auch sehen, dass es am Ende die Mieter sein werden zum Beispiel, die für die Modernisierung der Gebäude und der Wohnräume dann auch aufkommen müssen?
    Barthel: Die Gefahr besteht durchaus und deswegen wollen wir ja und werden wir ja das Mietrecht auch novellieren, also verändern, damit es Grenzen gibt bei der Umlegung von Modernisierungskosten auf die Mieter. Das muss man ja immer im Zusammenhang sehen. Auf der einen Seite entlasten wir die steuerlich, die investieren in ihre Gebäude, und auf der anderen Seite schützen wir die Mieter davor, dass zum Beispiel ungerechtfertigt Kosten aus der Wärmedämmung zum Beispiel einfach auf sie umgelegt werden können, ohne dass das zum Beispiel im Einzelnen nachgewiesen werden muss.
    Barenberg: Lassen Sie uns bei diesen Dämmstoffen und bei der Gebäudesanierung noch einen Augenblick bleiben. Sie wissen, dass es zum Teil massive Kritik gibt an diesen Materialien, die da verwendet werden. Unterm Strich kann man sagen, die Kritik läuft darauf hinaus, dass sei oft nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch umweltschädlich und am Ende unsozial. Gibt es etwas an dieser Kritik, was Sie ernst nehmen?
    Barthel: Ja, ich nehme diese Kritik schon ernst und man muss immer aufpassen, was ist im Verhältnis von Aufwand und Ertrag noch sinnvoll und vertretbar. Das kann man aber nur im Einzelfall jetzt der Gebäude entscheiden. Aber klar ist doch, dass viele Gebäude, sowohl öffentliche Gebäude wie private, ganz schlecht gedämmt sind, ganz schlechte Energiewerte haben, und dass man teilweise mit relativ geringem Aufwand viel erreichen kann. Auch hier ist es ja so, dass die Zeit nicht stehen bleibt, sondern wenn wir Anstrengungen in diesen Bereich geben und Mittel in diesen Bereich geben, dann werden wir das gleiche erleben wie bei den Erneuerbaren Energien, nämlich dass bessere Dämmstoffe entwickelt werden, bessere Verfahren und Techniken entwickelt werden und dass die dann auch marktfähiger und preiswerter werden. Gebäudesanierung besteht nicht einfach nur aus Styropor draufkleben, sondern da kann man viel mehr tun und auch andere Materialien zum Beispiel in Zukunft einsetzen.
    Barenberg: ... , sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel. Danke für das Gespräch.
    Barthel: Ich danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.