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Klimawandel
Ökosysteme reagieren auch auf kurzfristige Schwankungen

Manche Regionen bereiten den Wissenschaftlern besonders große Sorgen, wenn es um den Klimawandel geht. So reagieren etwa die Wälder im Norden oder auch der Amazonas-Regenwald besonders empfindlich. Hier geht es nicht nur um langfristig steigende Temperaturen, sondern auch um kurzfristige Klimaveränderungen. Dazu haben Ökologen erstmals eine Weltkarte erstellt.

Von Dagmar Röhrlich |
    Blick auf das Ödenwinkelkees in der Weißsee Gletscherwelt in den österreichischen Alpen.
    Alpine Ökosysteme reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen und die Wolkenbedeckung. (dpa/picture alliance/Frank Baumgart)
    Ob Alpen oder Eifel: Die Natur reagiert auf den Klimawandel - allerdings mal mehr und mal weniger stark. Bei den Folgen der globalen Erwärmung standen bislang vor allem die langfristigen Trends im Fokus der Wissenschaftler. Darüber, wie empfindlich Ökosysteme auf kurzfristige Schwankungen reagieren, ist kaum etwas bekannt, erklärt Alistair Seddon von der Universität Bergen.
    "Der Klimawandel bedeutet aber nicht nur einfach eine Temperaturerhöhung von ein oder zwei Grad. Diese Erwärmung wirkt sich auf viele andere Faktoren aus, auch auf Veränderungen bei den Wetterextremen, der Variabilität des Klimas. Und erst wenn wir solche Informationen zusammenfügen, können wir abschätzen, welche Ökosysteme schon jetzt wie stark auf den Wandel reagieren."
    Das ist wichtig, denn Ökosysteme sind besonders empfindlich gegenüber Störungen, wenn sich die Bedingungen Kipppunkten nähern, an denen sie instabil werden. Wie nahe ein System einem solchen Kipppunkt gekommen ist, lässt sich mit langfristigen Analysen kaum abschätzen. "Wir entwickelten also eine neue Methode, um herauszufinden, wie sich die Klimaschwankungen der vergangenen Jahre auf die Ökosysteme der Welt ausgewirkt haben: Es ist ein Index, der anzeigt, wie empfindlich ein Ökosystem gegenüber diesen Schwankungen ist. Dabei vergleichen wir von Monat zu Monat, wie stark die Vegetation auf Veränderungen in Temperatur, Niederschlag oder Wolkenbedeckung reagiert."
    14 Jahre Satellitendaten flossen in die Berechnung dieses sogenannten Klimasensivititäts-Indexes ein: "Im Grunde werten wir bei den Satellitenbildern von Monat zu Monat aus, wie grün die Pixel sind. Das verbinden wir mit den entsprechenden Daten zu Temperatur, Wasserverfügbarkeit und Wolkenbedeckung. Dann vergleichen wir weltweit, wie stark diese Faktoren variieren und wie stark zeitgleich die Vegetation."
    Wenn beispielsweise die Temperaturen stark schwanken, die Vegetation hingegen kaum reagiert, ist der Index niedrig. Ein empfindliches System hingegen verändert sich schon bei geringen Unterschieden merklich: "Aus unseren empirischen Daten für die vergangenen 14 Jahre geht hervor, dass die arktische Tundra und die borealen Wälder sehr empfindlich sind. Ebenso die tropischen Regenwälder und die alpinen Regionen, die Steppen und Prärien Zentralasiens und Südamerikas und der Osten Australiens."
    Während das die Forscher nicht überraschte, war ein anderes Ergebnis unerwartet: Auch der semiaride Caatinga-Wald erwies sich besonders empfindlich. Er bedeckt in Brasilien eine Fläche von der doppelten Größe Deutschlands.
    "Dabei reagieren die Arktischen und Alpinen Ökosysteme vor allem empfindlich auf Temperaturschwankungen und die Wolkenbedeckung, während es bei den Grasländern die Wasserverfügbarkeit ist. Das Schöne an unserer auf Messdaten basierenden Weltkarte ist, dass wir damit die globalen Modellrechnungen bestätigen oder ergänzen können, mit denen bislang die Empfindlichkeit verschiedener Ökosysteme abgeschätzt worden ist."
    Und so stützen die Resultate unter anderem Befürchtungen, wonach sich Steppenbrände in den Tundren häufen werden: Die dürften verstärkt den Permafrost tauen, sodass noch viel mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt.