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"Klimawandel schlägt hier ganz böse zu"

Iris Krebber von der Welthungerhilfe in Nairobi glaubt, dass die Dürre in Kenia bereits solch gravierende Auswirkungen hat, dass massive Nahrungsmittelhilfe geleistet werden muss. Allerdings sei es sinnvoll, die Unterstützung an Arbeitsleistungen zu binden, damit beispielsweise der Bau von Brunnen oder Wasserleitungen vorankomme. Weiter forderte sie dürretolerante Anbaumethoden und -sorten, da die Auswirkungen des Klimawandels nicht mehr ignoriert werden könnten.

    Remme: Wer als Tourist in Kenia war, der hat vielleicht das saftig grüne Hochland erlebt, oder aber Traumstrände am indischen Ozean. Im Nordwesten des Landes sieht es gänzlich anders aus. Dort ist die Landschaft braun und gelb. Eine Dürre plagt das Land. Tiere und Menschen verhungern dort, und nicht nur in Kenia. – Am Telefon ist jetzt Iris Krebber, die Büroleiterin der Welthungerhilfe in Nairobi. Guten Tag Frau Krebber!

    Krebber: Guten Morgen!

    Remme: Frau Krebber, wie ernst ist die Situation?

    Krebber: Die Situation ist sehr ernst. Im Nordosten ist sie sehr ernst. Im Osten ist es noch schlimmer, denke ich, weil seit Mitte 2004 die Regenzeiten dort komplett ausgefallen sind oder viel zu schlecht, als dass überhaupt irgendetwas auf den Feldern hätte wachsen können.

    Remme: Ist der mangelnde Regen die alleinige Ursache, die alleinige Erklärung für die Situation?

    Krebber: Na ja, mit Sicherheit nicht. Der mangelnde Regen ist natürlich auf den Klimawandel zurückzuführen, der nicht mehr Zukunftsmusik ist, sondern hier ganz, ganz böse zuschlägt, in einem Land wie Kenia um so mehr, das auch in normalen Zeiten an mangelnden Wasservorräten krankt. Das ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die jetzt betroffenen Gebiete chronisch arm sind, dass eigentlich nur sehr, sehr wenige, viel zu wenige oder nicht die richtigen langfristigen Entwicklungsmaßnahmen seitens der Regierung, aber auch vieler anderer implementiert werden, dass Versorgungsleistungen wie zum Beispiel Gesundheitsversorgung sehr schlecht ist, dass die Wasserversorgung nicht funktioniert im ländlichen Raum und vielleicht auch – nicht vielleicht, mit Sicherheit -, dass sich die Korruption in Kenia immer weiter fortschleppt und nichts entsprechend getan wird, um sie nachhaltig einzudämmen.

    Remme: Frau Krebber, wenn wir an Kenia denken, dann denken viele an ein Land, dem es in Afrika vergleichsweise noch gut geht. Wie passt das zusammen?

    Krebber: Na ja, daran denken die meisten. Es ist aber de facto nicht so. Ich denke da klafft der Widerspruch zwischen Kenia als Urlaubsland und der Realität. Ich hörte gestern wieder von einem neuen Reiseführer im Westen der sagt, Kenia ist Nummer zwei unter den zehn Urlaubszielen in der Welt, die man unbedingt gesehen haben muss. Ich stimme voll und ganz zu! Es gibt wunderschöne Gegenden in diesem Land, aber die sind nur eine Seite der Medaille. Über 60 Prozent der Bevölkerung lebt auch in guten Zeiten unterhalb der absoluten Armutsgrenze und das sieht man eigentlich nicht, wenn man nur als Urlauber kommt.

    Remme: Was muss nach Ansicht der Welthungerhilfe jetzt geschehen?

    Krebber: Eigentlich muss das, was wir immer schon machen in unseren Gebieten – und wir sind in zwei Krisengebieten seit 1999 und 2000 aktiv -, geschehen und zwar noch viel mehr. Es muss eine bessere Wasserversorgung gewährleistet werden. Es müssen dürretolerante Anbaumethoden, aber auch Anbausorten propagiert werden. Es muss eine bessere Gesundheitsversorgung etabliert werden. Ich denke im Moment sind wir schon so weit in der Armuts- und Nothilfe und chronischen wie auch akuten Hungerspirale fortgeschritten, dass auch massiv Nahrungsmittelhilfe geleistet werden muss, wobei ich eigentlich dagegen bin, frei zu verteilen, wenn es irgendwie anders möglich ist. Es sollten "food for work", es sollten "cash for work"-Maßnahmen laufen, so dass die Menschen, die jetzt betroffen sind, zwar nachhaltige Unterstützung, zwar kurzfristig Unterstützung bekommen, das heißt Nahrungsmittel oder Bargeld, aber gleichzeitig durch ihre Arbeitsleistung dazu beitragen, dass sie vielleicht vor der nächsten Dürre einen Brunnen vor der Haustür haben oder eine bessere ländliche Wasserleitung und damit die Dürre besser überleben.

    Remme: Frau Krebber, ist Kenia allein betroffen?

    Krebber: Kenia ist nicht allein betroffen. Ich meine eine Dürre konzentriert sich selten auf nationale Grenzen. Südsomalia ist ebenfalls sehr stark betroffen und der südliche Teil von Äthiopien auch. Man hört auch Schlechtes über Tansania, nur da haben wir derzeit keine aktuellen Informationen vorliegen.

    Remme: Iris Krebber war das, die Büroleiterin der Welthungerhilfe in Nairobi. Frau Krebber, vielen Dank für das Gespräch.

    Krebber: Ich danke Ihnen!