Silvia Engels: Neben Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen planen nun offenbar das Saarland, Bremen, womöglich Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt verschiedene Ausnahmen beim Nichtraucherschutz. Der Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt ist nun am Telefon. Guten Morgen Wolfgang Böhmer!
Wolfgang Böhmer: Guten Morgen Frau Engels!
Engels: Kündigen Sie den Beschluss des Nichtrauchergipfels auf?
Böhmer: Ich habe den ganzen Bericht zwar gehört, aber bin völlig fassungslos darüber, wie man die Dinge darstellt. Wir sind uns einig, dass die Nichtraucher vor dem passiven, ungewollten Mitrauchen geschützt werden müssen. Aber die Frage, die Sie mit angesprochen haben, ist, ob die Raucher unter sich tun dürfen, was sie möchten, oder ob das auch der Gesetzgeber vorschreibt. Und das sind nicht zu vermischende Fragekomplexe, und darüber werden wir sprechen, und da würde ich ganz deutlich sagen, wir haben ein großes Interesse daran, eine Lösung zu finden, die möglichst alle mittragen, nicht mal weil das juristisch unbedingt notwendig wäre, aber weil es aus didaktischen Gründen überzeugender ist, wenn wir uns auf eine gemeinsame Linie einigen, und das werden wir mit Sicherheit versuchen.
Engels: Wie sehen denn die Ausnahmen für bestimmte Gaststätten aus, die Ihnen vorschweben?
Böhmer: Also es geht dann nur um die so genannte kleine, inhabergeführte Eckkneipe, wo der Wirt selbst noch das Bier ausschenkt und wo man die Möglichkeit ernsthaft diskutieren kann, ob er von außen erkennbar seine Kneipe als Nichtraucher- oder Raucherkneipe etikettiert, damit jeder die Möglichkeit hat, vorher zu entscheiden, da gehst du hin, weil du rauchen möchtest, oder da gehst du nicht hin, weil du nicht gezwungen werden möchtest, mitrauchen zu müssen. Das muss dann der Besucher schon wissen, bevor er diese Kneipe betritt. Eine solche Regelung halte ich für umsetzbar.
Engels: Ist denn diese Freiwilligkeit für Gastwirte, die Sie da anstreben, überhaupt realistisch? Denn wenn die rauchenden Stammgäste ihn unter Druck setzen, dann kann er ja, um nicht das Umsatzgeschäft zu verlieren, gar nicht seine Kneipe zu einer Nichtraucherkneipe machen. Er kann ja nur hoffen, dass er neue nicht rauchende Gäste kriegt, da sind doch die rauchenden Stammgäste stärker.
Böhmer: Das kann im Einzelfall der Fall sein. Dann muss er sich entscheiden, ob er als Nichtraucherkneipe ein neues Publikum sucht oder ob er wie bisher sein altes Publikum behalten will, wenn dieses darauf besteht zu rauchen. Das tun die dann ja auch, auch wenn sie sich eine andere Kneipe suchen müssten. Und deswegen muss man unterscheiden, ob wir ein Gesetz machen, mit dem wir die Nichtraucher vor dem Passivrauchen schützen wollen, oder ob wir ein Gesetz machen, mit dem wir das Rauchen verbieten. Das müsste dann auch juristisch völlig anders angelegt werden.
Engels: Viele Gastwirte in europäischen Ländern, wo ein striktes Rauchverbot herrscht, berichten heute, dass sie freiwillig nie Nichtraucherkneipen geworden wären, aber sie begrüßen es heute, dass sie gezwungen wurden, denn die Umsätze sind stabil und die Atemluft besser, aber von sich aus hätten sie es nie durchsetzen können.
Böhmer: Das ist für mich nicht unmittelbar nachvollziehbar. Auch jetzt haben wir schon viele Gaststätten, in denen ein Schild steht, wir bitten unsere Gäste nicht zu rauchen, und es sind Nichtrauchergaststätten. Das heißt, dass man unbedingt jemanden zu seinem Glück zwingen muss, das ist schon eine merkwürdige Vorstellung. Aber selbst wenn es so sein sollte, bin ich ganz sicher, dass einige dagegen klagen werden, weil sie sich in ihren Rechten beeinflusst fühlen. Und die Vorstellung, dass erwachsene Menschen über so etwas selbst entscheiden können, solange das Rauchen selbst nicht unter Strafe steht, diese Vorstellung ist für mich nicht unmittelbar abwegig.
Engels: In Umfragen sprechen sich regelmäßig deutliche Mehrheiten für generelle Rauchverbote, auch in Gaststätten, auch in kleinen Kneipen aus. Sehen Sie sich da nicht dem Wähler gegenüber in der Pflicht?
Böhmer: Wissen Sie, das sind zum Teil 80 Prozent. Ich persönlich bin ein überzeugter Nichtraucher. Ich könnte persönlich ausgesprochen gut damit leben. Die Frage ist nur, ob die Nichtraucher das Recht bekommen sollen zu entscheiden, was die Raucher, wenn sie unter sich sind, tun dürfen oder nicht. Und das ist dann schon eine spannende juristische Frage.
Engels: Herr Böhmer, Sie sind selbst Arzt und – Sie haben es auch selbst angesprochen – überzeugter Nichtraucher. Was sagen Sie als künftig Menschen, die möglicherweise in Kneipen auch künftig im blauen Dunst arbeiten müssen, kellnern müssen?
Böhmer: Wenn sie selbst Raucher sind, wird sie das nicht stören, und wenn sie Nichtraucher sind, dürfen sie von niemandem dazu gezwungen werden, und das kann man regeln.
Engels: Blicken wir auf die heutige Konferenz: Wird es nun einen Flickenteppich einzelner Regelungen geben, oder einigen Sie sich doch noch auf ein Rahmengesetz?
Böhmer: Also ich würde sehr dafür plädieren, dass wir uns auf ein Rahmengesetz einigen, aus ganz didaktischen Gründen. Aber schon dieses Schimpfwort Flickenteppich, wir haben im öffentlich rechtlichen Rundfunk einen Flickenteppich, und alle finden das gut und sind der Meinung, dass das für Deutschland richtig vernünftig ist. Wenn wir jetzt aber in den einzelnen Ländern marginal abweichende Regelungen hätten, dann wird das in einer Weise verfemt, die ist fast nicht mehr nachvollziehbar.
Engels: Nun, aber die unmittelbare Einwirkung, ob jetzt jemand rauchen darf in einer bestimmten Kneipe, in einem bestimmten Bundesland oder nicht, das ist doch verwirrend, oder nicht?
Böhmer: Das muss durchaus nicht verwirrend sein. Wenn man weiß, dass es Kneipen gibt, in denen man das nicht kann, und wenn man weiß, dass es Kneipen gibt, in denen man das kann, und das ist von außen erkennbar, dann hat jeder Bürger das Recht sich zu entscheiden, ob er da hingeht oder nicht.
Engels: Warum haben wir jetzt eigentlich immer wieder die neue Diskussion um Ausnahmen? Beim Nichtrauchergipfel vor einem Monat klang das ja viel einheitlicher, als es jetzt klingt.
Böhmer: Da sind aber, soweit mir das berichtet worden ist, diese unterschiedlichen Probleme, die vor allen Dingen aus der Sicht der Gastronomie in die Diskussion getragen werden, nicht mit gewürdigt worden. Dort ging es eher – das waren die Gesundheitsminister, deswegen ist es verständlich – zu sagen, einfach aus prophylaktischen Gründen, weil Rauchen schädlich ist, sollten wir es generell verbieten. Da könnte ich gut damit leben. Aber die gleichen Leute fordern, dass man das Rauchen in einem geschlossenen Auto unter Strafe stellen sollte oder in geschlossenen Zimmern zu Hause in der Wohnung, und dann frage ich mich, wie ein Staat so etwas umsetzen soll.
Engels: Nun ja, aber der Streit ging ja vor allen Dingen um die Gastronomie. Die anderen Vorschläge waren ja ohnehin vom Tisch.
Böhmer: Also von Speisegaststätten und Gastronomie, die für alle offen sein soll, da gibt es keine Diskussion, sondern es geht wirklich nur um diese kleine so genannte Eckkneipe, wo manche Leute abends hingehen und ihr Bier trinken, weil sie es dort gemütlicher finden als zu Hause. Das ist ohnehin ein Milieu, in dem ich mich bisher noch nie wohl gefühlt habe, aber es ist nun einmal so, und da muss man wenigstens darüber diskutieren können.
Engels: Vielen Dank für das Gespräch.
Wolfgang Böhmer: Guten Morgen Frau Engels!
Engels: Kündigen Sie den Beschluss des Nichtrauchergipfels auf?
Böhmer: Ich habe den ganzen Bericht zwar gehört, aber bin völlig fassungslos darüber, wie man die Dinge darstellt. Wir sind uns einig, dass die Nichtraucher vor dem passiven, ungewollten Mitrauchen geschützt werden müssen. Aber die Frage, die Sie mit angesprochen haben, ist, ob die Raucher unter sich tun dürfen, was sie möchten, oder ob das auch der Gesetzgeber vorschreibt. Und das sind nicht zu vermischende Fragekomplexe, und darüber werden wir sprechen, und da würde ich ganz deutlich sagen, wir haben ein großes Interesse daran, eine Lösung zu finden, die möglichst alle mittragen, nicht mal weil das juristisch unbedingt notwendig wäre, aber weil es aus didaktischen Gründen überzeugender ist, wenn wir uns auf eine gemeinsame Linie einigen, und das werden wir mit Sicherheit versuchen.
Engels: Wie sehen denn die Ausnahmen für bestimmte Gaststätten aus, die Ihnen vorschweben?
Böhmer: Also es geht dann nur um die so genannte kleine, inhabergeführte Eckkneipe, wo der Wirt selbst noch das Bier ausschenkt und wo man die Möglichkeit ernsthaft diskutieren kann, ob er von außen erkennbar seine Kneipe als Nichtraucher- oder Raucherkneipe etikettiert, damit jeder die Möglichkeit hat, vorher zu entscheiden, da gehst du hin, weil du rauchen möchtest, oder da gehst du nicht hin, weil du nicht gezwungen werden möchtest, mitrauchen zu müssen. Das muss dann der Besucher schon wissen, bevor er diese Kneipe betritt. Eine solche Regelung halte ich für umsetzbar.
Engels: Ist denn diese Freiwilligkeit für Gastwirte, die Sie da anstreben, überhaupt realistisch? Denn wenn die rauchenden Stammgäste ihn unter Druck setzen, dann kann er ja, um nicht das Umsatzgeschäft zu verlieren, gar nicht seine Kneipe zu einer Nichtraucherkneipe machen. Er kann ja nur hoffen, dass er neue nicht rauchende Gäste kriegt, da sind doch die rauchenden Stammgäste stärker.
Böhmer: Das kann im Einzelfall der Fall sein. Dann muss er sich entscheiden, ob er als Nichtraucherkneipe ein neues Publikum sucht oder ob er wie bisher sein altes Publikum behalten will, wenn dieses darauf besteht zu rauchen. Das tun die dann ja auch, auch wenn sie sich eine andere Kneipe suchen müssten. Und deswegen muss man unterscheiden, ob wir ein Gesetz machen, mit dem wir die Nichtraucher vor dem Passivrauchen schützen wollen, oder ob wir ein Gesetz machen, mit dem wir das Rauchen verbieten. Das müsste dann auch juristisch völlig anders angelegt werden.
Engels: Viele Gastwirte in europäischen Ländern, wo ein striktes Rauchverbot herrscht, berichten heute, dass sie freiwillig nie Nichtraucherkneipen geworden wären, aber sie begrüßen es heute, dass sie gezwungen wurden, denn die Umsätze sind stabil und die Atemluft besser, aber von sich aus hätten sie es nie durchsetzen können.
Böhmer: Das ist für mich nicht unmittelbar nachvollziehbar. Auch jetzt haben wir schon viele Gaststätten, in denen ein Schild steht, wir bitten unsere Gäste nicht zu rauchen, und es sind Nichtrauchergaststätten. Das heißt, dass man unbedingt jemanden zu seinem Glück zwingen muss, das ist schon eine merkwürdige Vorstellung. Aber selbst wenn es so sein sollte, bin ich ganz sicher, dass einige dagegen klagen werden, weil sie sich in ihren Rechten beeinflusst fühlen. Und die Vorstellung, dass erwachsene Menschen über so etwas selbst entscheiden können, solange das Rauchen selbst nicht unter Strafe steht, diese Vorstellung ist für mich nicht unmittelbar abwegig.
Engels: In Umfragen sprechen sich regelmäßig deutliche Mehrheiten für generelle Rauchverbote, auch in Gaststätten, auch in kleinen Kneipen aus. Sehen Sie sich da nicht dem Wähler gegenüber in der Pflicht?
Böhmer: Wissen Sie, das sind zum Teil 80 Prozent. Ich persönlich bin ein überzeugter Nichtraucher. Ich könnte persönlich ausgesprochen gut damit leben. Die Frage ist nur, ob die Nichtraucher das Recht bekommen sollen zu entscheiden, was die Raucher, wenn sie unter sich sind, tun dürfen oder nicht. Und das ist dann schon eine spannende juristische Frage.
Engels: Herr Böhmer, Sie sind selbst Arzt und – Sie haben es auch selbst angesprochen – überzeugter Nichtraucher. Was sagen Sie als künftig Menschen, die möglicherweise in Kneipen auch künftig im blauen Dunst arbeiten müssen, kellnern müssen?
Böhmer: Wenn sie selbst Raucher sind, wird sie das nicht stören, und wenn sie Nichtraucher sind, dürfen sie von niemandem dazu gezwungen werden, und das kann man regeln.
Engels: Blicken wir auf die heutige Konferenz: Wird es nun einen Flickenteppich einzelner Regelungen geben, oder einigen Sie sich doch noch auf ein Rahmengesetz?
Böhmer: Also ich würde sehr dafür plädieren, dass wir uns auf ein Rahmengesetz einigen, aus ganz didaktischen Gründen. Aber schon dieses Schimpfwort Flickenteppich, wir haben im öffentlich rechtlichen Rundfunk einen Flickenteppich, und alle finden das gut und sind der Meinung, dass das für Deutschland richtig vernünftig ist. Wenn wir jetzt aber in den einzelnen Ländern marginal abweichende Regelungen hätten, dann wird das in einer Weise verfemt, die ist fast nicht mehr nachvollziehbar.
Engels: Nun, aber die unmittelbare Einwirkung, ob jetzt jemand rauchen darf in einer bestimmten Kneipe, in einem bestimmten Bundesland oder nicht, das ist doch verwirrend, oder nicht?
Böhmer: Das muss durchaus nicht verwirrend sein. Wenn man weiß, dass es Kneipen gibt, in denen man das nicht kann, und wenn man weiß, dass es Kneipen gibt, in denen man das kann, und das ist von außen erkennbar, dann hat jeder Bürger das Recht sich zu entscheiden, ob er da hingeht oder nicht.
Engels: Warum haben wir jetzt eigentlich immer wieder die neue Diskussion um Ausnahmen? Beim Nichtrauchergipfel vor einem Monat klang das ja viel einheitlicher, als es jetzt klingt.
Böhmer: Da sind aber, soweit mir das berichtet worden ist, diese unterschiedlichen Probleme, die vor allen Dingen aus der Sicht der Gastronomie in die Diskussion getragen werden, nicht mit gewürdigt worden. Dort ging es eher – das waren die Gesundheitsminister, deswegen ist es verständlich – zu sagen, einfach aus prophylaktischen Gründen, weil Rauchen schädlich ist, sollten wir es generell verbieten. Da könnte ich gut damit leben. Aber die gleichen Leute fordern, dass man das Rauchen in einem geschlossenen Auto unter Strafe stellen sollte oder in geschlossenen Zimmern zu Hause in der Wohnung, und dann frage ich mich, wie ein Staat so etwas umsetzen soll.
Engels: Nun ja, aber der Streit ging ja vor allen Dingen um die Gastronomie. Die anderen Vorschläge waren ja ohnehin vom Tisch.
Böhmer: Also von Speisegaststätten und Gastronomie, die für alle offen sein soll, da gibt es keine Diskussion, sondern es geht wirklich nur um diese kleine so genannte Eckkneipe, wo manche Leute abends hingehen und ihr Bier trinken, weil sie es dort gemütlicher finden als zu Hause. Das ist ohnehin ein Milieu, in dem ich mich bisher noch nie wohl gefühlt habe, aber es ist nun einmal so, und da muss man wenigstens darüber diskutieren können.
Engels: Vielen Dank für das Gespräch.