Jochen Spengler: Es ist eine volle Tagesordnung: Welche Zukunft hat das staatliche Glücksspielmonopol, welche das System des Rundfunkgebühreneinzugs, wie geht es weiter mit der Föderalismusreform? Nur einige der Punkte auf der zweitägigen Konferenz der Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer im niedersächsischen Bad Pyrmont. Gestern hat die Konferenz begonnen, heute endet sie. Überlagert wurde die Ministerpräsidentenkonferenz in Bad Pyrmont von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Finanzklage. Bund und Länder forderten anschließend schärfere Schuldenregelungen sowie Frühwarnsysteme zur Vermeidung von Haushaltskrisen. Von den Vorgaben aus Karlsruhe könnte also ein Schub für die angestrebte Neuordnung der Finanzbeziehungen ausgehen. Über die Konsequenzen des Berliner Urteils für die föderale Ordnung wollen wir nun sprechen mit dem Christdemokraten und Ministerpräsidenten Hessens, mit Roland Koch. Einen guten Morgen Herr Koch!
Roland Koch: Guten Morgen Herr Spengler!
Spengler: Herr Koch, wie wichtig ist Ihnen persönlich die Bundeshauptstadt Berlin?
Koch: Die Bundeshauptstadt Berlin ist mir sehr wichtig. Ich habe mich damals nicht in Übereinstimmung mit allen anderen, aber Gott sei Dank mit der Mehrheit dafür eingesetzt, dass sie Bundeshauptstadt ist.
Spengler: Und was ist sie Ihnen wert?
Koch: Sie ist einem Land wie dem Bundesland Hessen jährlich viele hundert Millionen, fast eine Milliarde Länderfinanzausgleich wert, die wir an Berlin zahlen.
Spengler: Nun gibt es ernsthafte Wissenschaftler die sagen, Berlin kann sich anstrengen wie es will, ohne zusätzliche Hilfe kommt es von den Schulden nicht herunter. Sehen Sie das auch so?
Koch: Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass durchaus mit einer sehr soliden Begründung die acht Mitglieder des Senats des Bundesverfassungsgerichts das gestern genau anders herum gesehen haben. Sie haben nämlich gesagt, dass die Haushaltssituation Berlins im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht extrem ist, sondern im Gegenteil im Vergleich zu anderen Bundesländern so, wenn Berlin auf das Ausgabenniveau vergleichbarer Länder wie des Stadtstaates Hamburg kommt, dass dann eine Situation eintritt, die durchaus für Berlin attraktiv sein kann.
Spengler: Aber muss man an Berlin nicht als Bundeshauptstadt andere Maßstäbe anlegen als an Bremen, das Saarland oder wie Sie gesagt haben an Hamburg?
Koch: Eindeutig nein, denn der Bund - und das wird auch die zukünftige Aufgabe sein - hat natürlich in Berlin Aufgaben übernommen, die mit der Aufgabe der Bundeshauptstadt zu tun haben bis hin ins Banale, als die Berliner bei ihrer Haushaltssanierung festgestellt haben, dass sie eine polizeiliche Reiterstaffel nicht mehr erhalten können, was viele andere in Deutschland auch diskutieren und in der einen oder anderen Weise entschieden haben. Da hat der Bund gesagt, das gehört aber zu einer Bundeshauptstadt, also finanzieren wir es über den Bundesgrenzschutz. Wer sich die Frage der Kultur anschaut weiß: es gibt einen Kulturvertrag zwischen dem Senat von Berlin und der Bundesrepublik Deutschland. Solche Diskussionen wird es sicher auch in Zukunft geben. Die Lasten der Bundeshauptstadt sind eine Aufgabe des Bundeshaushalts. Das ist aber nicht neu. Da kann es darum gehen, ob es an der einen oder anderen Stelle etwas mehr oder weniger ist, aber prinzipiell ist diese Frage völlig unbestritten.
Spengler: Hatte es Berlin nicht auch besonders schwer: immer gepäppelt und dann auf einmal nach 1989 die Subventionen in West- und Ost-Berlin weg?
Koch: Ich will gar nicht bestreiten, dass es in Berlin schwierige Ausgangssituationen gibt. Deshalb erhält Berlin ja auch einen hohen Ausgleich. Man muss sehen, dass die Stadt Berlin allein mehr als ein Viertel des gesamten deutschen Länderfinanzausgleiches jährlich erhält und das ist der Tatsache geschuldet, dass die Ausgangssituation - insbesondere dann eben auch keine Steuereinnahmen - nicht so üppig ist, dass dort alles von selbst geregelt werden kann. Nur wenn eben die Kosten pro Einwohner bezüglich der Leistungen für Kinder, die Kosten pro Einwohner bezüglich der Leistungen im Wohnungsbau sehr, sehr viel höher sind, als das in der Stadt Frankfurt am Main der Fall ist oder in der Stadt Hamburg, dann muss im 17. Jahr nach der deutschen Einheit auch die Frage gestellt werden, wie man das ändert. Dass die Frankfurter dauerhaft Geld nach Berlin überweisen, weil dort pro Kopf für all diese Leistungen mehr ausgegeben wird als in Frankfurt, und die Frankfurter dann geringere Leistungen haben, das ist ein Verfahren, das das Bundesverfassungsgericht zu Recht für nicht angemessen erklärt hat.
Spengler: Herr Koch, können wir es vielleicht noch ein bisschen konkreter machen. An welchen Stellen gibt Berlin einfach mehr Geld aus, als Sie sich das in Hessen für Ihre Bürger leisten?
Koch: Auch das hat das Bundesverfassungsgericht ja sehr präzise schon in Beispielen genannt. Der Bereich des sozialen Wohnungsbaus etwa gehört zu den Bereichen, in denen der gleiche Quadratmeter Wohnung in Berlin zur Verfügung gestellt, sehr viel teuerer ist als in anderen deutschen Großstädten. Die Frage was wird pro Kind im Bereich der Sozialeinrichtungen ausgegeben - und das bedeutet häufig nicht, ob der Platz zur Verfügung steht oder nicht, sondern was er kostet - ist höher. Das heißt Berlin muss an vielen einzelnen Stellen in seinem Haushalt eine Entwicklung fortsetzen, die es eingeleitet hat, und ich glaube es macht jetzt gar keinen Sinn, darüber zu diskutieren. Kein Mensch in der Bundesrepublik Deutschland, weder in anderen Ländern noch in der Bundesregierung, ist in der Lage. Nach einem so außergewöhnlich klaren detaillierten, auf die einzelnen Positionen eines Stadtstaatenhaushaltes eingehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Berlin keine andere Möglichkeit, als die Vorgaben dieses Urteils zu erfüllen.
Spengler: Ist dann denkbar, wenn die Vorgaben erfüllt werden, wenn also ein rigoroser Sparkurs fortgesetzt und vielleicht gesteigert wird, dass man dann am Ende als Gegenleistung für kontrollierbare Eigensanierungsschritte wieder mehr Geld als die ohnehin schon jährlich sechs Milliarden bekommt, die jetzt schon jedes Jahr fließen?
Koch: Das ist aus meiner Sicht für eine absehbare Zeit von Jahren eine theoretische Frage, denn die Voraussetzung dafür ist in der Tat, dass zunächst einmal gleichmäßige Verhältnisse geschaffen werden. Wir werden ja in den nächsten Monaten sehen, dass andere Bundesländer, die bisher wie Saarland und Bremen nationale Hilfen erhalten haben, darauf hinweisen, dass ihre Situation sehr viel schwieriger ist als die von Berlin und ihre Ansprüche stellen. Wir müssen aufpassen, dass es dort einigermaßen fair und gerecht auch in Zukunft zugeht, so dass ich denke im Augenblick ist die Aufgabe, die Vergleichbarkeit der Bedingungen in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen und nicht nach dem Urteil so zu tun, als wären wir vor dem Urteil.
Spengler: Was bedeutet das Urteil denn für die noch anhängigen Klagen Bremens und des Saarlandes: weniger Erfolgsaussicht?
Koch: Das ist sicherlich wie immer vor Gericht schwer zu interpretieren, denn das Bundesverfassungsgericht hat ja an diesen Stellen einige Male darauf hingewiesen, dass das besondere an dem Berliner Verfahren sei, dass eben gerade Berlin so deutlich bessergestellt ist als die beiden anderen Länder, in denen es bisher Bundeshilfen gab. Dennoch denke ich, dass die Maßstäbe - so sagt es das Bundesverfassungsgericht im Urteil - für Bundeshilfen strenger geworden sind. Das heißt im Vergleich zu vor dem Urteil sind sicher die Chancen von Saarland und Bremen eher schlechter, denn besser geworden.
Spengler: Berlin ist ja wie gesagt nicht das einzige Land mit Haushaltsnotlagen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun Lösungskonzepte zur Vorbeugung von Haushaltskrisen gefordert. Wie könnte ein solches Konzept Ihrer Ansicht nach aussehen?
Koch: Dies wird einer der wichtigen Punkte der Föderalismusreform II werden. Ich denke, dass wir eine wichtige Einigung, die wir in der Föderalismusreform I schon geschaffen haben, nämlich dass die deutschen Länder erstmals in der Verfassung eine Mitverantwortung zugewiesen oder übernommen haben für die Frage der Verantwortlichkeit nach den Maastricht-Kriterien.
Spengler: Also für die Verschuldung?
Koch: Über die Verschuldung. Das ist eine der wesentlichen Stellschrauben. Solange das alle einhalten, ist die Verschuldung nicht gefährlich. Ich glaube, dass wir respektieren müssen, dass bei all diesen Maßnahmen es nach wie vor selbständige Landesparlamente sind, die nicht durch irgendein Bundesgesetz in ihrer Haushaltspolitik gegängelt werden können, aber dass wir zu einer sehr viel präziseren Verabredung kommen müssen was passiert, bevor ein Land in eine Notlage gerät. Meiner Einschätzung nach gibt es da nicht die Chance, dass andere Länder einen Sparkommissar schicken, denn es sind selbständige Länder, aber es gibt schon die Möglichkeit, Hilfen sehr viel deutlicher, als das bei diesen beiden Ländern in der Vergangenheit der Fall war, an Bedingungen zu knüpfen, welche Sanierungsschritte vorzunehmen sind, und auch klar zu machen, dass die Zahlungen pro Jahr dann nur erfolgen, wenn diese Schritte tatsächlich von dem Land, das diesen Schritten zugestimmt hat - sonst wäre die Vereinbarung nicht zu Stande gekommen -, dann auch erfüllt werden.
Spengler: Aber von Sanktionen reden Sie nicht?
Koch: Die Sanktion ist dann, dass es kein Geld gibt. Das ist, wie wir vom Internationalen Währungsfonds wissen, eine Sanktion, die vielen Ländern sehr bedrohlich erscheint. Aber die Sanktion ist eben, dass ein Land, das selbständig handeln kann - kein anderes Bundesland hat das Recht, dem Landesparlament eines jeweiligen Landes Vorschriften zu machen. Das sind souverän gewählte Parlamente in selbständigen Staatsorganisationen nach unserer Verfassung, aber wenn die Probleme haben und wollen, dass andere bei den Problemen helfen, dann müssen sie Vereinbarungen treffen, die für andere diese Unterstützung und Hilfe zumutbar machen.
Roland Koch: Guten Morgen Herr Spengler!
Spengler: Herr Koch, wie wichtig ist Ihnen persönlich die Bundeshauptstadt Berlin?
Koch: Die Bundeshauptstadt Berlin ist mir sehr wichtig. Ich habe mich damals nicht in Übereinstimmung mit allen anderen, aber Gott sei Dank mit der Mehrheit dafür eingesetzt, dass sie Bundeshauptstadt ist.
Spengler: Und was ist sie Ihnen wert?
Koch: Sie ist einem Land wie dem Bundesland Hessen jährlich viele hundert Millionen, fast eine Milliarde Länderfinanzausgleich wert, die wir an Berlin zahlen.
Spengler: Nun gibt es ernsthafte Wissenschaftler die sagen, Berlin kann sich anstrengen wie es will, ohne zusätzliche Hilfe kommt es von den Schulden nicht herunter. Sehen Sie das auch so?
Koch: Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass durchaus mit einer sehr soliden Begründung die acht Mitglieder des Senats des Bundesverfassungsgerichts das gestern genau anders herum gesehen haben. Sie haben nämlich gesagt, dass die Haushaltssituation Berlins im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht extrem ist, sondern im Gegenteil im Vergleich zu anderen Bundesländern so, wenn Berlin auf das Ausgabenniveau vergleichbarer Länder wie des Stadtstaates Hamburg kommt, dass dann eine Situation eintritt, die durchaus für Berlin attraktiv sein kann.
Spengler: Aber muss man an Berlin nicht als Bundeshauptstadt andere Maßstäbe anlegen als an Bremen, das Saarland oder wie Sie gesagt haben an Hamburg?
Koch: Eindeutig nein, denn der Bund - und das wird auch die zukünftige Aufgabe sein - hat natürlich in Berlin Aufgaben übernommen, die mit der Aufgabe der Bundeshauptstadt zu tun haben bis hin ins Banale, als die Berliner bei ihrer Haushaltssanierung festgestellt haben, dass sie eine polizeiliche Reiterstaffel nicht mehr erhalten können, was viele andere in Deutschland auch diskutieren und in der einen oder anderen Weise entschieden haben. Da hat der Bund gesagt, das gehört aber zu einer Bundeshauptstadt, also finanzieren wir es über den Bundesgrenzschutz. Wer sich die Frage der Kultur anschaut weiß: es gibt einen Kulturvertrag zwischen dem Senat von Berlin und der Bundesrepublik Deutschland. Solche Diskussionen wird es sicher auch in Zukunft geben. Die Lasten der Bundeshauptstadt sind eine Aufgabe des Bundeshaushalts. Das ist aber nicht neu. Da kann es darum gehen, ob es an der einen oder anderen Stelle etwas mehr oder weniger ist, aber prinzipiell ist diese Frage völlig unbestritten.
Spengler: Hatte es Berlin nicht auch besonders schwer: immer gepäppelt und dann auf einmal nach 1989 die Subventionen in West- und Ost-Berlin weg?
Koch: Ich will gar nicht bestreiten, dass es in Berlin schwierige Ausgangssituationen gibt. Deshalb erhält Berlin ja auch einen hohen Ausgleich. Man muss sehen, dass die Stadt Berlin allein mehr als ein Viertel des gesamten deutschen Länderfinanzausgleiches jährlich erhält und das ist der Tatsache geschuldet, dass die Ausgangssituation - insbesondere dann eben auch keine Steuereinnahmen - nicht so üppig ist, dass dort alles von selbst geregelt werden kann. Nur wenn eben die Kosten pro Einwohner bezüglich der Leistungen für Kinder, die Kosten pro Einwohner bezüglich der Leistungen im Wohnungsbau sehr, sehr viel höher sind, als das in der Stadt Frankfurt am Main der Fall ist oder in der Stadt Hamburg, dann muss im 17. Jahr nach der deutschen Einheit auch die Frage gestellt werden, wie man das ändert. Dass die Frankfurter dauerhaft Geld nach Berlin überweisen, weil dort pro Kopf für all diese Leistungen mehr ausgegeben wird als in Frankfurt, und die Frankfurter dann geringere Leistungen haben, das ist ein Verfahren, das das Bundesverfassungsgericht zu Recht für nicht angemessen erklärt hat.
Spengler: Herr Koch, können wir es vielleicht noch ein bisschen konkreter machen. An welchen Stellen gibt Berlin einfach mehr Geld aus, als Sie sich das in Hessen für Ihre Bürger leisten?
Koch: Auch das hat das Bundesverfassungsgericht ja sehr präzise schon in Beispielen genannt. Der Bereich des sozialen Wohnungsbaus etwa gehört zu den Bereichen, in denen der gleiche Quadratmeter Wohnung in Berlin zur Verfügung gestellt, sehr viel teuerer ist als in anderen deutschen Großstädten. Die Frage was wird pro Kind im Bereich der Sozialeinrichtungen ausgegeben - und das bedeutet häufig nicht, ob der Platz zur Verfügung steht oder nicht, sondern was er kostet - ist höher. Das heißt Berlin muss an vielen einzelnen Stellen in seinem Haushalt eine Entwicklung fortsetzen, die es eingeleitet hat, und ich glaube es macht jetzt gar keinen Sinn, darüber zu diskutieren. Kein Mensch in der Bundesrepublik Deutschland, weder in anderen Ländern noch in der Bundesregierung, ist in der Lage. Nach einem so außergewöhnlich klaren detaillierten, auf die einzelnen Positionen eines Stadtstaatenhaushaltes eingehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Berlin keine andere Möglichkeit, als die Vorgaben dieses Urteils zu erfüllen.
Spengler: Ist dann denkbar, wenn die Vorgaben erfüllt werden, wenn also ein rigoroser Sparkurs fortgesetzt und vielleicht gesteigert wird, dass man dann am Ende als Gegenleistung für kontrollierbare Eigensanierungsschritte wieder mehr Geld als die ohnehin schon jährlich sechs Milliarden bekommt, die jetzt schon jedes Jahr fließen?
Koch: Das ist aus meiner Sicht für eine absehbare Zeit von Jahren eine theoretische Frage, denn die Voraussetzung dafür ist in der Tat, dass zunächst einmal gleichmäßige Verhältnisse geschaffen werden. Wir werden ja in den nächsten Monaten sehen, dass andere Bundesländer, die bisher wie Saarland und Bremen nationale Hilfen erhalten haben, darauf hinweisen, dass ihre Situation sehr viel schwieriger ist als die von Berlin und ihre Ansprüche stellen. Wir müssen aufpassen, dass es dort einigermaßen fair und gerecht auch in Zukunft zugeht, so dass ich denke im Augenblick ist die Aufgabe, die Vergleichbarkeit der Bedingungen in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen und nicht nach dem Urteil so zu tun, als wären wir vor dem Urteil.
Spengler: Was bedeutet das Urteil denn für die noch anhängigen Klagen Bremens und des Saarlandes: weniger Erfolgsaussicht?
Koch: Das ist sicherlich wie immer vor Gericht schwer zu interpretieren, denn das Bundesverfassungsgericht hat ja an diesen Stellen einige Male darauf hingewiesen, dass das besondere an dem Berliner Verfahren sei, dass eben gerade Berlin so deutlich bessergestellt ist als die beiden anderen Länder, in denen es bisher Bundeshilfen gab. Dennoch denke ich, dass die Maßstäbe - so sagt es das Bundesverfassungsgericht im Urteil - für Bundeshilfen strenger geworden sind. Das heißt im Vergleich zu vor dem Urteil sind sicher die Chancen von Saarland und Bremen eher schlechter, denn besser geworden.
Spengler: Berlin ist ja wie gesagt nicht das einzige Land mit Haushaltsnotlagen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun Lösungskonzepte zur Vorbeugung von Haushaltskrisen gefordert. Wie könnte ein solches Konzept Ihrer Ansicht nach aussehen?
Koch: Dies wird einer der wichtigen Punkte der Föderalismusreform II werden. Ich denke, dass wir eine wichtige Einigung, die wir in der Föderalismusreform I schon geschaffen haben, nämlich dass die deutschen Länder erstmals in der Verfassung eine Mitverantwortung zugewiesen oder übernommen haben für die Frage der Verantwortlichkeit nach den Maastricht-Kriterien.
Spengler: Also für die Verschuldung?
Koch: Über die Verschuldung. Das ist eine der wesentlichen Stellschrauben. Solange das alle einhalten, ist die Verschuldung nicht gefährlich. Ich glaube, dass wir respektieren müssen, dass bei all diesen Maßnahmen es nach wie vor selbständige Landesparlamente sind, die nicht durch irgendein Bundesgesetz in ihrer Haushaltspolitik gegängelt werden können, aber dass wir zu einer sehr viel präziseren Verabredung kommen müssen was passiert, bevor ein Land in eine Notlage gerät. Meiner Einschätzung nach gibt es da nicht die Chance, dass andere Länder einen Sparkommissar schicken, denn es sind selbständige Länder, aber es gibt schon die Möglichkeit, Hilfen sehr viel deutlicher, als das bei diesen beiden Ländern in der Vergangenheit der Fall war, an Bedingungen zu knüpfen, welche Sanierungsschritte vorzunehmen sind, und auch klar zu machen, dass die Zahlungen pro Jahr dann nur erfolgen, wenn diese Schritte tatsächlich von dem Land, das diesen Schritten zugestimmt hat - sonst wäre die Vereinbarung nicht zu Stande gekommen -, dann auch erfüllt werden.
Spengler: Aber von Sanktionen reden Sie nicht?
Koch: Die Sanktion ist dann, dass es kein Geld gibt. Das ist, wie wir vom Internationalen Währungsfonds wissen, eine Sanktion, die vielen Ländern sehr bedrohlich erscheint. Aber die Sanktion ist eben, dass ein Land, das selbständig handeln kann - kein anderes Bundesland hat das Recht, dem Landesparlament eines jeweiligen Landes Vorschriften zu machen. Das sind souverän gewählte Parlamente in selbständigen Staatsorganisationen nach unserer Verfassung, aber wenn die Probleme haben und wollen, dass andere bei den Problemen helfen, dann müssen sie Vereinbarungen treffen, die für andere diese Unterstützung und Hilfe zumutbar machen.