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Kölner Krawalle
Hooligans planen nächste Demo

Nach den Ausschreitungen in Köln sind sich Vertreter von Politik und Polizei einig: Hooligans und Rechtsextreme ging es vor allem um Gewalt, weniger um eine Demonstration gegen Salafismus. Eine Wiederholung sei wahrscheinlich, verhindern lasse sie sich wohl nicht.

Von Moritz Küpper | 27.10.2014
    Demonstranten laufen am 26.10.2014 in Köln (Nordrhein-Westfalen) während einer Demonstration von Hooligans bei der Aktion "Gemeinsam gegen Salafismus" durch die Innenstadt.
    Hooligan-Demo gegen Salafisten in Köln (Caroline Seidel / dpa)
    Am Tag danach lief alles wie gewohnt: Statt gewaltbereiter Hooligans und vermummten Polizisten hetzten hektische Berufspendler über den Breslauer Platz am Kölner Hauptbahnhof. Der umgekippte Mannschaftswagen der Kölner Polizei – das wohl prominente Bild der Ausschreitungen vom Vortag – war bereits in der Nacht abgeschleppt worden.
    Und während der eigentlich Ort des Geschehens Normalität ausstrahlt, beginnt auf anderer Ebene die Aufarbeitung der Ereignisse von gestern: 17 freiheitsberaubende Maßnahmen, 44 verletzte Beamte, so die Bilanz der Kölner Polizei. Wie viele Passanten und auch Medienvertreter, die ebenfalls angegriffen worden waren, noch hinzukommen, konnten die Beamten noch nicht sagen: Es werde Material gesichtet.
    Auch bezüglich der Teilnehmerzahl hielt sich die Polizei bedeckt, sprach von "mehreren tausend Anhängern". In Medienberichten war von 2.500 bis zu 5.000 Teilnehmern an der Aktion des Netzwerks "Hooligans gegen Salafisten", kurz HoGeSa, die Rede. Fest steht: Polizei, Politik und wohl auch die Veranstalter selbst schienen überrascht, welche Resonanz der Aufruf im Internet fand. Die Sicherheitskräfte – mit 1.300 Beamten vor Ort – waren zahlenmäßig deutlich unterlegen, drohten auch zeitweise die Kontrolle über die Geschehnisse zu verlieren, was NRW-Innenminister Ralf Jäger von der SPD jedoch deutlich zurückwies. Im ZDF-Morgenmagazin sagte er:
    "Neue Qualität der Gewalt"
    "Das Polizeikonzept hat funktioniert. Die Lageeinschätzung war ziemlich präzise und war mit starken Kräften vor Ort und hat überall da, wo es Durchbruch-Versuche gegeben hat, konsequent reagiert."
    Ein Zusammenstoß mit einer Gegendemonstration auf der anderen Seite des Kölner Hauptbahnhofs, wo sich mehrere hundert Menschen versammelt hatten, konnte so verhindert werden. Dennoch: Die fast ausschließlich rechtsextremen Teilnehmer der "HoGeSa" waren deutlich in der Überzahl.
    Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen, Arnold Plickert, sprach von einen neuen Qualität der Gewalt. Er warnte vor einer Verfestigung der Gruppe. Denn in Köln marschierten verfeindete Anhänger auf einmal nebeneinander: Teilnehmer kamen aus Dortmund, Gelsenkirchen, Dresden, München, Nürnberg, aber auch den Niederlanden. NRW-Innenminister Ralf Jäger:
    "Das ist in der Tat eine neue Dimension, dass sich Fußball-Gewalttäter zusammentun mit Rechtsextremisten vorgeblich, um gegen Salafismus zu demonstrieren. Tatsächlich aber, um eigentlich nur Gewalt auszuüben, das Demonstrationsrecht zu missbrauchen."
    Diese enorme Gewaltbereitschaft war von Beginn an spürbar: Die Hooligans brannten Feuerwerkskörper ab, warfen Flaschen oder gar Fahrräder auf die Beamten. Neben Tönen wie "Wir wollen keine Salafisten-Schweine" fielen vor allem aber immer wieder nationale Parolen wie "Unser Staat, unser Staat, unser Land“. Die Beamten mussten Pfefferspray, Schlagstöcke und sogar Wasserwerfer einsetzen. Im Laufe des Nachmittags wurde die Versammlung dann aufgelöst. Erst im Laufe des Abends löste sich die Demonstration auf.
    Wiederholung nicht ausgeschlossen
    Fest steht: Die Machtdemonstration war gelungen. Nach Einschätzungen von Experten war der Auftritt in Köln die mit Abstand größte Versammlung von Hooligans, die es in Deutschland gegeben hat. Erst im Mai dieses Jahres hatte sich das Bündnis "Hooligans gegen Salafisten" gegründet. Zu Veranstaltungen in den letzten Wochen, beispielsweise in Essen oder Dortmund, waren maximal 350 Teilnehmer gekommen. Nun hat sich die Zahl wohl verzehnfacht.
    Viele der Teilnehmer fühlten sich dementsprechend euphorisiert. Für Innenminister Jäger ist die Lage schwierig, denn eine Wiederholung solcher Nazi-Aufmärsche könne er nicht ausschließen, weil "das Demonstrationsrecht im Grundgesetz verankert ist. Ein einfaches Verbot ein weiteres Mal geht eben nicht. Das Bundesverfassungsgericht davon zu überzeugen, dass hier das Recht auf Demonstration als Grundrecht einzuschränken wäre, das ist nicht einfach, aber ist eine Möglichkeit, falls sich ein solches Bündnis noch einmal zusammentut."
    Unterstützung bekam Jäger von Bundesjustizminister Heiko Maas, ebenfalls SPD. Er kündigte eine Null-Toleranz-Linie bei Rassismus und Gewalt an, mahnte aber auch, dass dieses Problem nicht allein mit repressiven Mitteln zu bekämpfen sei.
    Dass die Gruppierung "Hooligans gegen Salafisten" weitermachen wird, daran besteht kein Zweifel. So waren auch Funktionäre rechter Parteien wie beispielsweise der NPD unter den Demonstranten. Ob und falls ja, inwieweit sich die Hooligans vor politischen Gruppierungen einspannen lassen, lässt sich allerdings noch nicht sagen. Noch soll es erst mal auf der Straße weitergehen, wie immer wieder am Rande der Demonstration in Köln betont wurde. Offenbar plant das Netzwerk eine weitere Veranstaltung im Norden Deutschlands, wahrscheinlich in Hamburg.