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Kölner Silvesternacht
Studie sieht Fehler in der Berichterstattung von ARD und ZDF

Eine Studie zur Kölner Silvesternacht kommt zu dem Schluss, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender bei ihrer Berichterstattung Fehler gemacht haben. Die Opfer kamen kaum zu Wort, Aussagen von Politikern und Behörden wurden nicht kritisch hinterfragt.

18.11.2016
    Chaos im Schatten des Doms - Silvester 2015 in Köln
    Die Silvesternacht 2015 in Köln (dpa / picture-alliance / Markus Boehm)
    Die Studien-Autorin kritisiert unter anderem, dass die Täter oft als eine homogene Gruppe dargestellt wurden, zum Beispiel als "Männer aus Nordafrika" oder "Flüchtlinge". Außerdem seien fast nur die Polizei oder Politiker zu Wort gekommen – und diese hätten vor allem von Abschiebung oder Werteverteidigung gesprochen.
    Die Studien-Autorin schreibt: Hätte man auch andere Akteure interviewt, zum Beispiel Wissenschaftler, Zivilverbände, Aktivisten oder die Opfer selbst, dann wäre das Thema "sexuelle Übergriffe" besser, distanzierter und umfangreicher diskutiert worden. Generell habe der Fokus nicht auf den Opfern gelegen, sondern auf den Tätern.
    Appell: Aussagen kritischer prüfen
    Der Appell an die Journalisten lautet: Sie sollten öfter hinterfragen, was passiert, wenn bestimmte Themen oder Stereotype ständig wiederholt werden. Und sie sollten Äußerungen von Politikern, Behörden und der Polizei nicht einfach unkommentiert übernehmen, sondern kritisch prüfen und durch gegensätzliche Meinungen oder zusätzliche Informationen ergänzen.
    Die Studie wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gegeben. Die Kommunikationswissenschaftlerin Ricarda Drüeke von der Universität Salzburg wertete dafür alle Nachrichtensendungen von ARD und ZDF zum Thema Silvesternacht aus, die in den zweieinhalb Wochen danach gesendet wurden. Insgesamt waren das knapp 100 Beiträge. Sie liefen in den Abendsendungen Tagesschau, Tagesthemen, Heute journal, aber auch im Morgenmagazin und in Sondersendungen.
    Ausgewertet wurden der textliche Inhalt und die Bilder, die gleichzeitig zu sehen waren. Die Autorin kritisiert nicht nur den textlichen Inhalt, sondern auch, dass kaum authentische Bilder verwendet wurden. Es seien meist die gleichen wenigen Handyaufnahmen zum Einsatz gekommen, die feiernde Menschen zeigten.
    (akh/jasi)