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Körting will mehr Kameras

Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting plädiert für eine Ausweitung der Videoüberwachung auf Bahnhöfen. Sowohl die Bahn wie auch die Nahverkehrsbetriebe müssten nachbessern, sagte der SPD-Politiker. Gerade der öffentliche Personennahverkehr sei angesichts der Terrorgefahr in Deutschland besonders gefährdet.

Moderation: Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Man muss sich nicht erst in die abnorme Gedankenwelt eines Terroristen hineinversetzen, um zu erkennen, dass vor allem die Bundeshauptstadt Berlin und ihr großes U- und S-Bahn-Netz gefährdet sein könnten. Zuständig für die Gefahrenabwehr dort ist Innensenator Erhart Körting (SPD). Guten Morgen, Herr Körting!

    Erhart Körting: Guten Morgen, Herr Spengler!

    Spengler: Herr Körting, wie hoch stufen Sie denn die Gefährdung in Berlin ein?

    Körting: Wir haben schon in der Vergangenheit gesagt, dass wir natürlich abstrakt gefährdet sind durch Terroristen oder Einzeltäter, was immer da vorliegt, weil so ein Symbolgehalt, wie er mit der Bundeshauptstadt verbunden ist - das zeigen die Anschläge in London und in Madrid -, vielleicht solche Leute besonders anlockt. Andererseits haben wir jetzt erstmals einen Fall, bei dem ein Anschlag wirklich durchgeführt werden sollte in dem Bereich. Das setzt unsere Gefährdungslage höher als bisher.

    Spengler: Welche Folgerungen ziehen Sie daraus?

    Körting: Wir ziehen daraus die Folgerungen, dass wir noch mehr machen müssen, was Überwachung betrifft. Das betrifft dann Fragen wie Videoüberwachung oder Ähnliches, obwohl wir da auf dem Weg sind. Für mich ist auch eine Folgerung, dass wir noch mehr ins Vorfeld solcher Fälle gehen müssen.

    Spengler: Sie haben das Stichwort Videoüberwachung genannt. Da ist allenthalben die Rede davon, dass man die noch ausweiten müsse. Worauf denn? Was fehlt denn noch an Videoüberwachung?

    Körting: Gerade öffentlicher Personennahverkehr ist wegen seiner Anonymität, wegen der Tatsache, dass man dort sozusagen der Natur der Sache nach mit Koffern und Ähnlichem herumläuft, für mögliche Anschläge ein ausgewähltes Ziel. Das zeigen also auch die bisherigen Dinge. Das bedeutet, dass man dort Anschläge nicht verhindern kann. Sie werden einen Selbstmordanschlag nicht verhindern können durch Videoüberwachung. Da müssen wir uns alle darüber im Klaren sein. Sie können aber - und das zeigt jetzt Koblenz und Dortmund -, wenn ein Anschlag fehl läuft oder wenn ein Anschlag wiederholt werden soll, eventuell durch die Videoüberwachung Täter ermitteln und auf Grund der Ermittlungen dann präventiv künftige Anschläge verhindern.

    Spengler: Darf ich noch einmal an meine Frage erinnern, Herr Körting. Woraufhin soll man denn noch überwachen? Wird nicht schon alles überwacht?

    Körting: Nein, nein. Wir haben eine Videoüberwachung in Berlin auf den Bahnhöfen. Wir haben bisher nach einem Streit mit dem Datenschutzbeauftragten hier keine Aufzeichnung dieser Videoüberwachung. Das heißt, da laufen dann zwar Bilder, aber sie werden nicht aufgezeichnet und damit sind sie für spätere präventive Maßnahmen nicht verwertbar. Deshalb soll in Berlin - wir machen das probeweise jetzt auf drei Linien -, soll in Berlin flächendeckend bei Bahnhöfen aufgezeichnet werden, bei U-Bahnhöfen, und die Entscheidung, meine ich, kann man jetzt auch insgesamt treffen.

    Spengler: Gibt es eigentlich Zuständigkeitsgerangel bei Ihnen in Berlin, weil für U-Bahnen sind ja sozusagen Sie zuständig. Dagegen ist bei der S-Bahn und der Bundesbahn die Bundespolizei zuständig.

    Körting: Da gibt es überhaupt kein Zuständigkeitsgerangel. Da gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen der Berliner Polizei und der Bundespolizei. Die Bundespolizei ist eben für den Bereich der deutschen Bundesbahn - dazu gehört die S-Bahn - wie bundesweit zuständig. Für die Berliner Verkehrsbetriebe, die städtischen Betriebe, ist die Berliner Polizei zuständig.

    Spengler: Die Bundespolizei, die hat diese Videoaufnahmen länger als 24 Stunden, oder?

    Körting: Die Bundespolizei hat jetzt schon längere Aufzeichnungen oder überhaupt Aufzeichnungen auf den Bahnhöfen. Wir haben ja teilweise nicht Aufzeichnungen in Berlin. Andererseits wissen wir alle, dass auch im Bereich der Bahn, etwa der Bundesbahn, nicht an jedem Bahnhof Videoüberwachungsanlagen stehen. Das heißt, sowohl die Bundesbahn wie auch die Nahverkehrsbetriebe werden nachbessern müssen.

    Spengler: Herr Körting, was halten Sie von dem Vorschlag, auch Plätze, öffentliche Plätze stärker zu überwachen?

    Körting: Ich halte von dem Vorschlag nur etwas, wenn dort Großereignisse stattfinden wie bei der Fußballweltmeisterschaft oder bei irgendwelchen Volksfesten oder so. Dann ist die Videobegleitung ein vernünftiges taktisches Mittel, um rechtzeitig erkennen zu können, dass sich dort irgendetwas zusammenbraut und dass man etwas sehen kann. Ansonsten halte ich von den Praktiken wie in England, praktisch jede Seitenstraße und jede Parkbank mit einer Videoüberwachungsanlage zu beobachten, nichts. Ich halte übrigens auch kriminalpolitisch davon nichts. Das ist nicht effektiv, und sie kriegen irgendwann einen Datenfriedhof, mit dem man nicht mehr vernünftig umgehen kann.

    Spengler: Ich danke Ihnen für das Gespräch. Das war Erhart Körting, der Berliner Innensenator.