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Kolumbien
Ein Krieg weniger auf der Welt

UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon und 2.500 geladene Gäste waren dabei: Nach einer Schweigeminute für die Opfer des Krieges unterzeichneten Kolumbiens Präsident Santos und der Timoshenko genannte Kommandant der FARC-Guerilla den Friedensvertrag. Damit ist der älteste und längste Konflikt Amerikas offiziell beigelegt.

Von Ivo Marusczyk | 27.09.2016
    Drei Männer in weißen Händen schütteln sich die Hände, umgeben von vielen anderen Männern und Frauen, die Fahnen schwingen und auch in Weiß gekleidet sind.
    Dass Kolumbien mit seinem Frieden auf dem Verhandlungsweg dem Rest der Welt jetzt als Beispiel dienen könne, darin waren sich Kolumbiens Präsident Santos aus und FARC-Rebellenführer Rodrigo Jimenez, genannt Timoshenko, einig. (imago / Xinhua)
    In ganz Kolumbien wurden Friedensfeste und Konzerte auf den Straßen gefeiert. Die wichtigste Feier fand aber in Cartagena, an der Karibik-Küste des Landes statt. Anzüge, Krawatten, Uniformen waren hier nicht erwünscht: Die Gäste, darunter ein Dutzend Präsidenten, trugen schlichte weiße Hemden und Blusen mit offenem Kragen.
    Mit einem Kugelschreiber, der aus einer Patronenhülse angefertigt wurde, unterschrieben Präsident Santos und der Kommandant der FARC den Vertrag, der einen 52 Jahre dauernden Konflikt beilegt. "Nie wieder Krieg", rief Präsident Santos aus und Rodrigo Jimenez, genannt Timoshenko, der Kommandant der einstigen Guerillagruppe, rang sich zu einer lange erwarteten Geste durch: "Im Namen der FARC biete ich allen Opfern des Konflikts eine aufrichtige Entschuldigung an für all den Schmerz, den wir in diesem Krieg verursacht haben."
    Zu einer Umarmung zwischen Santos und Jimenez reichte es nicht
    Es gab einen kurzen Schreckmoment, als Flugzeuge kurz darauf die Rede des FARC-Kommandanten unterbrachen - aber das war nur schlechtes Timing, Jimenez hatte seine Redezeit weit überzogen. "Wenigstens sind sie diesmal gekommen um den Frieden zu begrüßen und nicht, um Bomben zu werfen."
    Zu einer Umarmung reichte es nicht, aber Santos und Jimenez tauschten einen langen Händedruck und der Rebellenführer steckte sich eine kleine Friedenstaube ans Hemd, die der Präsident ihm überreicht hatte. Santos wählte pathetische Worte. "Die schreckliche Nacht der Gewalt ist vorbei, die uns ein halbes Jahrhundert lang in ihren Schatten gehüllt hat. Die schreckliche Nacht ist vorbei und ein Tag mit all seinen Versprechen bricht an."
    FARC: Waffen abgeben und Verbindung zu Drogenkartellen kappen
    Einig waren sich beide in einem Punkt: Dass Kolumbien mit seinem Frieden auf dem Verhandlungsweg dem Rest der Welt jetzt als Beispiel dienen kann und soll.
    Die FARC versprechen, die Waffen abzugeben und ihre Verbindungen zu den Drogenkartellen zu kappen. Die Regierung verspricht im Gegenzug, sie als demokratische politische Bewegung zu akzeptieren und sogar zu schützen.
    Das zu akzeptieren fällt vielen in Kolumbien allerdings immer noch schwer. Auch an diesem Tag waren Stimmen gegen den Friedensvertrag zu hören. In Cartagena selbst protestierten die Anhänger von Ex-Präsident Uribe, der seine Kritik erneuerte: "Die wichtigsten Verantwortlichen der FARC, des größten Kokainkartells der Welt, kommen straflos davon." Uribe wirbt dafür, das Friedensabkommen beim Referendum am kommenden Sonntag abzulehnen.
    Eine Einschätzung von ARD-Korrespondent Ivo Marusczyk im Gespräch mit Moderatorin Bettina Klein hören Sie hier.