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Kommentar
Die FIFA vom Hof gejagt

FIFA-Präsident Gianni Infantino wollte vor einem halben Jahr beim krisengeplagten afrikanischen Fußball-Verband CAF aufräumen. Doch einige Spitzenfunktionäre haben durchschaut, dass der CAF für den Weltverband nur ein politischer Spielball war, kommentiert Thomas Kistner. Jetzt zog Afrika die Konsequenzen.

Von Thomas Kistner | 03.02.2020
FIFA-Präsident President Gianni Infantino (l.) und Generalsekretärin Fatma Samoura auf dem FIFA-Kongress in Paris am 5. Juni 2019
FIFA-Präsident President Gianni Infantino (l.) und Generalsekretärin Fatma Samoura (FRANCK FIFE / AFP)
Der Handstreich machte Furore in der Fußballwelt: Vor einem halben Jahr kaperte die FIFA den Afrika-Verband CAF, der durch Korruptionsermittlungen gegen Präsident Ahmad Ahmad in Turbulenzen geraten war. Verkleidet wurde die Aktion als Hilferuf, in Afrika sollte die FIFA organisatorisch und finanziell aufräumen.
Generalsekretärin Fatma Samoura zog als "Generaldelegierte" in die Verbandszentrale in Kairo ein, obwohl der CAF nicht einmal Mitglied der FIFA ist. Das Mandat hätte am Sonntag um ein halbes Jahr verlängert werden sollen, aber nun wurde die FIFA vom Hof gejagt.
Für die FIFA nur ein politischer Spielball
Einige Spitzenfunktionäre haben durchschaut, dass der CAF für den Weltverband nur ein politischer Spielball ist. Die kurze Ära der von FIFA-Boss Gianni Infantino in Zürich gesteuerten Samoura hat nicht nur den Riss durch den Kontinent vertieft. Mit dem Vorschlag, die größte CAF-Geldquelle, den Afrika-Cup, nur noch alle vier statt alle zwei Jahre auszutragen, und zugleich eine pan-afrikanische Superliga für Klubteams einzuführen, hat sich Infantino selbst entlarvt: Als Lobbyist eigener Interessen.
FIFA-Generalsekreätin Fatma Samoura mit Präsident Gianni Infantino
Infantinos Manöver in Afrika
FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura soll als "Hochkommissarin" helfen, die Krise in Afrikas Fußball-Verband zu bewältigen. Allerdings sei dafür niemand ungeeigneter als die FIFA, sagte Journalist Thomas Kistner im Dlf.
Seine Machtpläne, den Weltfußball über neue, globale Turnierformate für Klub- und Nationalteams in ein von ihm selbst kontrolliertes Geschäftskonzept zu pressen, blockt die Europa-Union UEFA seit Monaten ab; auch Südamerika stellt sich quer. Wie vergiftet das Klima im Fußball bereits ist, zeigt der Umstand, dass der FIFA-Boss seinen Vorstoß für eine geschlossene Afrika-Liga erst gar nicht mit dem FIFA-Rat abgestimmt hat.
FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura aus dem Senegal.
Infantino setzt Samoura an Spitze der CAF
FIFA-Präsident Gianni Infantino sorgt wieder einmal für Schlagzeilen – mit einer umstrittenen Personal-Rochade und Machtspielen. Die UEFA fühlt sich überrumpelt und moniert vielzählige Interessenskonflikte.
Schon genug Flurschaden für den CAF
Nun bockt auch Afrika. Dort wollte Infantino am Wochenende die Funktionäre mit absurden Rechenspielen ködern. Er schlug vor, eine Milliarde Dollar an den Finanzmärkten zu erlösen, um in jedem der 54 CAF-Länder ein Stadion mit Topstandard zu bauen - das wären gerade mal 18 Millionen pro Stadion.
Auch so beklagt der CAF schon genug Flurschaden unter der FIFA-Regie. Schwer auf die Finanzen drückt die jüngst veranlasste Kündigung des TV-Vertrags mit der Pariser Rechteagentur Lagardere. Der Langzeit-Partner fordert nun 90 Millionen Dollar Kompensation, zugleich findet der CAF keinen neuen Sendepartner. Deshalb mussten die Qualifikationsspiele für die WM 2022 in Katar, die im März starten sollten, in den Herbst verschoben werden. Mit dem Rauswurf der FIFA hat sich Afrika jetzt eines großen Problems entledigt.