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Kommunale Haushalte
"Steueroase" Monheim

Viele Kommunen sind pleite, trotz der Milliardensteuereinnahmen - auch in Nordrhein-Westfalen. Doch dort gibt es eine große Ausnahme: Monheim. Die kleine Stadt am Rhein hat es geschafft, aus dem Nothaushalt herauszukommen. Was aber nicht jeden erfreut.

Von Moritz Küpper | 09.08.2017
    Der Bürgermeister von Monheim, Daniel Zimmermann, spricht in Monheim (Nordrhein-Westfalen) auf einem Informationsabend mit Vertretern der muslimischen Verbände.
    Bürgermeister Zimmermann hat es geschafft, zahlreiche Firmen nach Monheim zu holen (dpa/ Oliver Berg)
    Es ist sonniger Vormittag, an dem Daniel Zimmermann zu einer Radtour durch seine Stadt aufbricht: "Ja, dann können wir vielleicht einfach mit so einer kleinen Runde durch die Altstadt starten."
    35 Jahre ist er alt, davon hat er bereits acht Jahre an der Spitze von Monheim verbracht. Im Jahr 2009 wurde mit 27 Jahren zum Bürgermeister gewählt - dank der einst von mit ihm mitgegründeten Schülerpartei "Peto". "Die Altstadt hat immer so einen kleinen Dornröschenschlaf gehalten."
    Monheim - überregional in den Schlagzeilen
    Zimmermann fährt an frisch renovierten Häusern vorbei. Monheim, einst hoch verschuldet, ist nun ein Erfolgsprojekt, macht überregional Schlagzeilen. Denn: Als Zimmermann anfing hatte seine Stadt 120 Millionen Euro Schulden, nun hat sie mehr als 120 Millionen auf der hohen Kante. Und weil die neue Landesregierung den sogenannten Kommunal-Soli, durch den Monheim und andere finanziell erfolgreiche Kommunen einen Teil dieses Gewinns für andere NRW-Kommunen abgeben müssen, abschaffen will, bleiben demnächst weitere 30 Millionen Euro pro Jahr in der Stadtkasse.
    Die Kirche St. Gereon  in Monheim am Rhein
    Monheim - einst hochverschuldet, jetzt ein Erfolgsmodell. (dpa / Hans-Joachim Rech)
    Nun kommen Vertreter aus dem ganzen Bundesgebiet vorbei, wollen sich informieren, wie man aus einem Schuldenberg eine reiche, handlungsfähige Stadt macht. Das vielfach beschriebene Erfolgsrezept fußt auf einer einfachen Senkung des Gewerbesteuersatzes, die Firmen anzog, das Steueraufkommen um 400 Prozent seit dem Jahr 2009 steigen ließ – und Monheim einen Handlungsspielraum gibt, von dem anderen Kommunen nur träumen können – auch wenn Zimmermann selbst das gar nicht so sieht.
    Richtige Konzepte und ideen statt viel Geld
    Er fährt durch seine renovierte Altstadt, überlegt, ob er "Projekte benennen kann, die nur deshalb möglich sind, weil die Stadt viel Geld hat. Wir geben zum Beispiel 21 Millionen aus, um alle Haushalte mit Glasfaserleitung auszustatten. Das ist aber ein Projekt, obwohl es so teuer ist, dass wir auch hätten machen können, wenn wir im Nothaushalt uns befunden hätten, weil wir letztendlich damit sogar Gewinn erwirtschaften werden. Wenn es uns gelingt, 20 Prozent Marktanteil zu bekommen – und den haben wir in den ersten Ausbaugebieten schon an Kunden mit Fernsehen, Internet, Telefon – dann wird über lange Sicht die Stadt diese Investitionen zurückbekommen, sogar mit Gewinn zurückbekommen. Und das zeigt, dass manche Dinge vielleicht gar nicht so davon abhängig sind, ob man Geld hat, sondern ob man die richtigen Konzepte oder Ideen hat, wie man zum Beispiel so ein Glasfaserumbau umsetzt."
    Es sei zu einfach, alles auf die Mehreinnahmen zu schieben, so Zimmermann. Allerdings gehe so vieles schneller. Seine Stadt habe strategische Ziele beschlossen, erklärt Zimmermann, dazu gehören neben der Wirtschaftsförderung und dem Thema Tourismus auch der Plan Hauptstadt für Kinder zu sein. Von null bis zehn Jahre entfallen schon jetzt sämtliche Betreuungskosten für die Kinder. Doch, was nach einem Paradies klingt, ist für Stefan Zimkeit dagegen schlicht asozial, "weil man sich Vorteile gegenüber armen Kommunen durch Steuerdumping verschafft und es so ist, dass viele arme Kommunen, unter anderem Leverkusen und Oberhausen die Lasten der Produktion zu tragen haben und Monheim die Gewinne abschöpft über Lizenzverrechnungsmodelle und das halte ich nicht für fair."
    Monheim profitiert auf Kosten anderer
    Für den SPD-Landtagsabgeordneten, haushalts- und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion, profitiere Monheim auf Kosten anderer. Die NRW-SPD habe daher auch auf Bundes-Ebene Vorstöße unternommen, um – zusammengefasst – die Steuern auch dort zu belassen, wo gearbeitet wird. Habe sich aber, so Zimkeit, nicht durchsetzen können. Bisher. Auch der von der nunmehr abgewählten rot-grünen Landesregierung eingeführte Kommunal-Soli, durch den Monheim einen Teil seines Mehrerlöses abgeben musste, sei richtig gewesen: "Das ist, glaube ich, der falsche Weg, weil wir Kommunen anhalten müssen, eben erfolgreich Unternehmen anzusiedeln, um eine gute Wirtschaftspolitik zu machen."
    Meint dagegen Moritz Körner zum Kommunal-Soli. Der 26-Jährige sitzt seit ein paar Monaten für die FDP im Landtag von Nordrhein-Westfalen, hat seinen Wahlkreis in Monheim. Seine Meinung ist klar: "Monheim ist ja keine Steueroase, sondern eigentlich ist Nordrhein-Westfalen eine Wüste."
    "Ja, die Wahrheit liegt in der Mitte, denn es ist tatsächlich so, dass in NRW mit Abstand die höchsten Gewerbesteuersätze aufweist im Vergleich zu anderen Bundesländern, verglichen aber auch mit dem europäischen Ausland. Die meisten NRW-Kommunen sind nicht mehr konkurrenzfähig mit den umliegenden Standorten und die Lehre, hier aus dieser Monheimer Steuerpolitik ist jetzt nicht, dass jetzt alle das jetzt eins zu eins kopieren müssen, das andere Städte aus NRW aufpassen müssen, dass sie den Anschluss nicht noch weiter verlieren", ist Zimmermanns Fazit des Monheimer Erfolgsmodells.