Meurer: Schon vor der Wahl hatte die CSU abgestritten, dass der gestrige Urnengang ein Testlauf für die Bundestagswahl sei. Dennoch, das schwache Abschneiden der CSU in München, Nürnberg oder Augsburg wird als Rückschlag für den Chef der CSU, für den Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber gedeutet. Am Telefon begrüße ich Alois Glück, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag. Guten Morgen, Herr Glück.
Glück: Guten Morgen.
Meurer: Wie bitter ist denn das Ergebnis für Ihre Partei?
Glück: Ich sehe überhaupt keinen Anlass zur Bitternis. Wir haben in München ein erwartetes Ergebnis, allerdings ein schlechtes Ergebnis. Wir haben in Nürnberg alle Chancen, in der Stichwahl zu gewinnen, ebenso in Augsburg. Einzig in Fürth haben wir verloren. Außerdem haben wir in den großen Städten das letzte Mal von der SPD aus Nürnberg beispielsweise Erlangen, Regensburg durch den CSU-Bürgermeister wieder gewonnen. Wir haben in etwa die gleiche Zahl an Oberbürgermeistern wie das letzte Mal und, insoweit man das jetzt überblicken kann, auch einen guten Trend bei den Kommunalmandaten. Also, so gesehen gibt es einige wenige negative Ausreißer, die man allerdings auf dem sensationellen Einbruch der SPD vor sechs Jahren sehen muss.
Meurer: Bestreiten Sie denn, dass es eine Trendwende gibt? In München z.B. hatte sich die CSU im Stadtrat mehr erhofft und in Nürnberg hofft sie im zweiten Wahlgang auf einen Erfolg, aber da liegt der SPD-Herausforderer bei 49,2 Prozent im ersten Durchgang.
Glück: Stichwahlen haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Außerdem hat gleichzeitig die CSU im Stadtrat in Nürnberg nach bisheriger Auszählung zwei Mandate hinzugewonnen. Also kann die Rede nicht davon sein, dass es insgesamt einen negativen Trend gäbe. Hinzu kommt, dass ganz Bayern nicht nur aus München und Nürnberg besteht. Wir haben außergewöhnliche Ergebnisse in anderen größeren Städten, z.B. in Passau, wo wir alle Chancen haben, den SPD-Oberbürgermeister in der Stichwahl abzulösen. Außerdem haben wir ein hochinteressantes Ergebnis in Würzburg, wo die CSU-Kandidatin mit einem Vorsprung vor dem Amtsinhaber in die Stichwahl geht. Das muss man auch alles sehen, wenn man nicht einäugig sein will.
Meurer: Herr Glück, hätte die CSU mehr heraus holen können?
Glück: Ich glaube nicht, weil das auch mit der Wahlbeteiligung zusammen hängt. Insgesamt haben wir letztes Mal der SPD sensationell viele Stimmen abgejagt. Das war ein historische Einbruch der SPD und so etwas lässt sie sich nicht in jedem Ort auf Dauer halten.
Meurer: Und aus welchem Grund nicht? Eigentlich waren die Umstände doch günstig, denn der Ministerpräsident und CSU-Chef ist Kanzlerkandidat?
Glück: Es ist eine ziemlich absurde Argumentation, wenn man glaubt, dass die lokale Wahl durch eine solche Kandidatur entscheidend beeinflusst wird. Da hält man den Wähler eigentlich für viel weniger differenzierend als er eigentlich ist. Wir hatten zwar insgesamt als Partei, sobald es um Bundes- oder Landespolitik ging, einen starken Rückenwind, den man auch als grundsätzlich gute Stimmung in den Veranstaltungen gespürt hat. Aber es schlägt sich doch nicht entscheidend nieder, ob ich A, B oder C in einer Kommunalwahl wähle.
Meurer: Aus welchem Grund ist der Stoiber-Effekt ausgeblieben?
Glück: Ich habe noch nie gesagt, dass es bei einer Kommunalwahl einen Stoiber-Effekt gibt.
Meurer: Stoiber ist ja noch nie Bundeskanzlerkandidat gewesen.
Glück: Das hat nichts mit den Kommunalwahlen zu tun. Wer von Kommunalwahlen etwas versteht, kommt überhaupt nicht auf die Idee, die beiden Dinge miteinander in Verbindung zu bringen.
Meurer: Warum sind die Wähler der CSU eher zu Hause geblieben, als die der SPD?
Glück: Das kann man nicht sagen und das drückt das Wahlergebnis auch überhaupt nicht aus. Wenn man das Wahlergebnis als Ganzes betrachtet und nicht nur auf München fixiert ist, dann kann man überhaupt nicht zu solchen Schlussfolgerungen kommen.
Meurer: Das behaupten aber Meinungsforscher.
Glück: Ich wüsste nicht, woher die Meinungsforscher Grundlagen dafür hätten. Auffallend war bei dieser Kommunalwahl, dass es in ganz Bayern eigentlich kein Reizthema, kein kontroverses Thema gegeben hat. Früher war das beispielsweise die Umwelt-, Gesundheits- oder Verkehrspolitik. Ich habe seit Jahrzehnten keine so ruhige Kommunalwahl erlebt wie diese, und eine Folge davon ist wohl die relativ schlechte Wahlbeteiligung.
Meurer: Im Moment lebt die Opposition in Berlin, Herr Glück, und Kanzlerkandidat Stoiber in der Hauptsache von den Schwächen der Regierung - sagen jedenfalls die meisten Beobachter. Womit kann sich Stoiber noch bis zur Bundestagswahl deutlich den Wählern empfehlen?
Glück: Tatsache ist, dass wir bereits einen Vorsprung vor der jetzigen Regierung haben. Natürlich ist es immer so, dass jede Opposition zunächst ihre Chancen darin hat, wenn die Menschen mit einer Regierung unzufrieden sind. Das ist eine Grundvoraussetzung. Allerdings ist es mittlerweile so, dass wir in allen Feldern eine höhere Kompetenzzumessung haben, dass der Bundeskanzler zwar im Beliebtheitstest - wer ist der Netteste - vor Stoiber liegt, Stoiber allerdings in allen Fragen der Kompetenzzumessung vor dem Bundeskanzler liegt. Wir haben jetzt noch eine ziemlich lange Strecke vor uns - so eine Art Marathonstrecke -, und es wird darauf ankommen, die positiven Alternativen auch in der Sache deutlich zu machen und noch stärker mit dem Wahlkampf heraus zu arbeiten, und dann bin ich da sehr zuversichtlich.
Meurer: Was sagen Sie denn zu der Kritik, dass sich Stoiber zu sehr zurückhalte und eher darauf bedacht sei, Fehler zu vermeiden?
Glück: Zunächst ist das Erste in dieser Kandidatur, die Union zusammen zu führen, das heißt vor allen Dingen mit der CDU zu einer Feinabstimmung in den verschiedenen Punkten zu kommen, denn nichts wäre gegenwärtig schädlicher, als wenn der Kanzlerkandidat vorprescht und dann A-, B- oder C-Gliederung in der CDU ruft. Aber das ist mit uns noch nicht besprochen. Dieser Prozess läuft hervorragend und diese Geschlossenheit ist Grundvoraussetzung, dass wir dann die Wegstrecke des nächsten halben Jahres gut miteinander bestehen. An Führungskraft und Mut zur pointierten Äußerung hat es eben bei Stoiber noch nie gefehlt.
Meurer: Blockiert das, wenn man immer nur guckt, ob die CDU auch mitzieht?
Glück: Das blockiert nicht, aber es gibt logischerweise in der Abstimmung innerhalb von zwei Parteien einen Prozess, der nicht so schnell abläuft wie innerhalb von einer Partei, wo die Dinge stärker zusammen gewachsen sind. Aber es läuft hervorragend.
Meurer: Das war Alois Glück, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Danke, Herr Glück
Link: Interview als RealAudio
Glück: Guten Morgen.
Meurer: Wie bitter ist denn das Ergebnis für Ihre Partei?
Glück: Ich sehe überhaupt keinen Anlass zur Bitternis. Wir haben in München ein erwartetes Ergebnis, allerdings ein schlechtes Ergebnis. Wir haben in Nürnberg alle Chancen, in der Stichwahl zu gewinnen, ebenso in Augsburg. Einzig in Fürth haben wir verloren. Außerdem haben wir in den großen Städten das letzte Mal von der SPD aus Nürnberg beispielsweise Erlangen, Regensburg durch den CSU-Bürgermeister wieder gewonnen. Wir haben in etwa die gleiche Zahl an Oberbürgermeistern wie das letzte Mal und, insoweit man das jetzt überblicken kann, auch einen guten Trend bei den Kommunalmandaten. Also, so gesehen gibt es einige wenige negative Ausreißer, die man allerdings auf dem sensationellen Einbruch der SPD vor sechs Jahren sehen muss.
Meurer: Bestreiten Sie denn, dass es eine Trendwende gibt? In München z.B. hatte sich die CSU im Stadtrat mehr erhofft und in Nürnberg hofft sie im zweiten Wahlgang auf einen Erfolg, aber da liegt der SPD-Herausforderer bei 49,2 Prozent im ersten Durchgang.
Glück: Stichwahlen haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Außerdem hat gleichzeitig die CSU im Stadtrat in Nürnberg nach bisheriger Auszählung zwei Mandate hinzugewonnen. Also kann die Rede nicht davon sein, dass es insgesamt einen negativen Trend gäbe. Hinzu kommt, dass ganz Bayern nicht nur aus München und Nürnberg besteht. Wir haben außergewöhnliche Ergebnisse in anderen größeren Städten, z.B. in Passau, wo wir alle Chancen haben, den SPD-Oberbürgermeister in der Stichwahl abzulösen. Außerdem haben wir ein hochinteressantes Ergebnis in Würzburg, wo die CSU-Kandidatin mit einem Vorsprung vor dem Amtsinhaber in die Stichwahl geht. Das muss man auch alles sehen, wenn man nicht einäugig sein will.
Meurer: Herr Glück, hätte die CSU mehr heraus holen können?
Glück: Ich glaube nicht, weil das auch mit der Wahlbeteiligung zusammen hängt. Insgesamt haben wir letztes Mal der SPD sensationell viele Stimmen abgejagt. Das war ein historische Einbruch der SPD und so etwas lässt sie sich nicht in jedem Ort auf Dauer halten.
Meurer: Und aus welchem Grund nicht? Eigentlich waren die Umstände doch günstig, denn der Ministerpräsident und CSU-Chef ist Kanzlerkandidat?
Glück: Es ist eine ziemlich absurde Argumentation, wenn man glaubt, dass die lokale Wahl durch eine solche Kandidatur entscheidend beeinflusst wird. Da hält man den Wähler eigentlich für viel weniger differenzierend als er eigentlich ist. Wir hatten zwar insgesamt als Partei, sobald es um Bundes- oder Landespolitik ging, einen starken Rückenwind, den man auch als grundsätzlich gute Stimmung in den Veranstaltungen gespürt hat. Aber es schlägt sich doch nicht entscheidend nieder, ob ich A, B oder C in einer Kommunalwahl wähle.
Meurer: Aus welchem Grund ist der Stoiber-Effekt ausgeblieben?
Glück: Ich habe noch nie gesagt, dass es bei einer Kommunalwahl einen Stoiber-Effekt gibt.
Meurer: Stoiber ist ja noch nie Bundeskanzlerkandidat gewesen.
Glück: Das hat nichts mit den Kommunalwahlen zu tun. Wer von Kommunalwahlen etwas versteht, kommt überhaupt nicht auf die Idee, die beiden Dinge miteinander in Verbindung zu bringen.
Meurer: Warum sind die Wähler der CSU eher zu Hause geblieben, als die der SPD?
Glück: Das kann man nicht sagen und das drückt das Wahlergebnis auch überhaupt nicht aus. Wenn man das Wahlergebnis als Ganzes betrachtet und nicht nur auf München fixiert ist, dann kann man überhaupt nicht zu solchen Schlussfolgerungen kommen.
Meurer: Das behaupten aber Meinungsforscher.
Glück: Ich wüsste nicht, woher die Meinungsforscher Grundlagen dafür hätten. Auffallend war bei dieser Kommunalwahl, dass es in ganz Bayern eigentlich kein Reizthema, kein kontroverses Thema gegeben hat. Früher war das beispielsweise die Umwelt-, Gesundheits- oder Verkehrspolitik. Ich habe seit Jahrzehnten keine so ruhige Kommunalwahl erlebt wie diese, und eine Folge davon ist wohl die relativ schlechte Wahlbeteiligung.
Meurer: Im Moment lebt die Opposition in Berlin, Herr Glück, und Kanzlerkandidat Stoiber in der Hauptsache von den Schwächen der Regierung - sagen jedenfalls die meisten Beobachter. Womit kann sich Stoiber noch bis zur Bundestagswahl deutlich den Wählern empfehlen?
Glück: Tatsache ist, dass wir bereits einen Vorsprung vor der jetzigen Regierung haben. Natürlich ist es immer so, dass jede Opposition zunächst ihre Chancen darin hat, wenn die Menschen mit einer Regierung unzufrieden sind. Das ist eine Grundvoraussetzung. Allerdings ist es mittlerweile so, dass wir in allen Feldern eine höhere Kompetenzzumessung haben, dass der Bundeskanzler zwar im Beliebtheitstest - wer ist der Netteste - vor Stoiber liegt, Stoiber allerdings in allen Fragen der Kompetenzzumessung vor dem Bundeskanzler liegt. Wir haben jetzt noch eine ziemlich lange Strecke vor uns - so eine Art Marathonstrecke -, und es wird darauf ankommen, die positiven Alternativen auch in der Sache deutlich zu machen und noch stärker mit dem Wahlkampf heraus zu arbeiten, und dann bin ich da sehr zuversichtlich.
Meurer: Was sagen Sie denn zu der Kritik, dass sich Stoiber zu sehr zurückhalte und eher darauf bedacht sei, Fehler zu vermeiden?
Glück: Zunächst ist das Erste in dieser Kandidatur, die Union zusammen zu führen, das heißt vor allen Dingen mit der CDU zu einer Feinabstimmung in den verschiedenen Punkten zu kommen, denn nichts wäre gegenwärtig schädlicher, als wenn der Kanzlerkandidat vorprescht und dann A-, B- oder C-Gliederung in der CDU ruft. Aber das ist mit uns noch nicht besprochen. Dieser Prozess läuft hervorragend und diese Geschlossenheit ist Grundvoraussetzung, dass wir dann die Wegstrecke des nächsten halben Jahres gut miteinander bestehen. An Führungskraft und Mut zur pointierten Äußerung hat es eben bei Stoiber noch nie gefehlt.
Meurer: Blockiert das, wenn man immer nur guckt, ob die CDU auch mitzieht?
Glück: Das blockiert nicht, aber es gibt logischerweise in der Abstimmung innerhalb von zwei Parteien einen Prozess, der nicht so schnell abläuft wie innerhalb von einer Partei, wo die Dinge stärker zusammen gewachsen sind. Aber es läuft hervorragend.
Meurer: Das war Alois Glück, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Danke, Herr Glück
Link: Interview als RealAudio