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Konferenz in Paris
Mehr Schutz für Verfolgte in Nahost

Die internationale Gemeinschaft will ethnisch und religiös verfolgte Minderheiten im Nahen Osten besser vor der Terrormiliz Islamischer Staat schützen. Dafür vereinbarten die Vertreter aus rund 60 Ländern in Paris einen Aktionsplan.

Von Ursula Welter | 08.09.2015
    Kinder spielen in einem inoffiziellen Flüchtlingslager bei Arida nördlich von Beirut im Libanon im Juni 2015
    Kinder spielen in einem inoffiziellen Flüchtlingslager bei Arida nördlich von Beirut im Libanon im Juni 2015 (AFP / Joseph Eid)
    Seit mehr als einem Jahr werden die religiösen und ethnischen Minderheiten durch die Terrormilizen der Islamisten im Vorderen Orient vertrieben: Chaldäische Christen, Jesiden, Kurden.
    "Unsere Wurzeln sind dort", sagt Elish Yako, dessen Hilfsorganisation A.E.M.O. die heutige Konferenz in Paris mit vorbereitet hat. Er kümmert sich um Christen aus dem Irak, denen Frankreich Spezial-Visa ausstellt, die das Recht auf Asyl mit einschließen.
    Aber, so sagte Außenminister Laurent Fabius heute, die massenhafte Aufnahme all der Menschen, die vor den Terrormilizen auf der Flucht seien, dürfe nicht bedeuten, den Islamisten das Feld zu überlassen. Die UNESCO, auch sie saß heute in Paris mit am Tisch, warnte ebenfalls vor dem anhaltenden Exodus. Die Flucht so vieler Menschen aus dem Nahen Osten bedeute auch eine kulturelle Krise.
    Der stellvertretende Generalsekretär der Vereinten Nationen, die heute mit allen Hilfswerken in Paris vertreten waren, Jan Eliasson, bedankte sich bei Frankreich und Jordanien, die Gastgeber der Konferenz mit fast 60 Staaten waren. Das zeige, dass die Weltgemeinschaft sich der wachsenden Gefahr bewusst sei:
    "Nicht nur, weil Menschen sterben und zerstört werden, was wir nie vergessen dürfen, aber es werden ihnen auch ihre Geschichte, ihre Identität genommen."
    Vielfältigkeit der Volks- und Religionsgruppen bewahren
    Die Weltgemeinschaft müsse sehr viel entschiedener in den Regionen vorgehen, in denen sich die Islamisten festgesetzt hätten, sagte der UNO-Vize. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius unterstrich, dass die Vielfältigkeit der Volks- und Religionsgruppen im Nahen Osten gewahrt werden müsse. Es komme darauf an, die militärischen Mittel mit einer strategischen Politik zu verbinden, vor allem die Staaten zu unterstützen, die als Erste Anlaufstelle der Flüchtlinge seien.
    "Wenn wir, zumal den Nachbarstaaten Syriens und des Irak, nicht noch mehr helfen", sagte Staatspräsident Hollande, "dann werden sich nicht nur Dramen abspielen, es wird sich der Exodus fortsetzen, der vor unseren Augen abläuft".
    Der "Aktionsplan von Paris", der am Abend beschlossen wurde, sieht vor, den Menschen die Möglichkeit zur Rückkehr zu geben, bessere humanitäre Hilfe - medizinisch und psychologisch in den Flüchtlingslagern im Nahen Osten. Die Teilnehmer der Konferenz verurteilten die Verbrechen, die von den IS-Terroristen begangen wurden und forderten eine juristische Verfolgung der Kriegsverbrechen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sprachen von Genozid, der an manchen Minderheiten verübt werde. Die Täter müssten vor die zuständigen nationalen und internationalen Gerichte gestellt werden.
    Lösung muss politisch sein
    Der "Aktionsplan von Paris" sieht vor, dass Zeugenaussagen und Dokumente zusammengetragen werden, dem Internationalen Strafgerichtshof komme eine zentrale Rolle zu. Bei allem militärischen Engagement gegen den IS-Terror müsse die Lösung aber politisch sein.
    Während die Konferenz tagte, entbrannte in Frankreich selbst ein Streit zwischen den Bürgermeistern Frankreichs. Konservative Kommunalpolitiker hatten angekündigt, dass sie im Rahmen der EU-Quoten, die Frankreich mittragen will, nur vertriebene Christen aufnehmen würden. Eine Forderung, die Innenminister Bernard Cazeneuve entschieden zurückwies. Auf der Hilfskonferenz für die vertriebenen Minderheiten hatte auch Außenminister Laurent Fabius unterstrichen:
    "Es ist für alle klar, dass wir die Verbrechen nicht nach Herkunft der Opfer variieren, und auch nicht unsere Hilfe."
    Aber ebenso klar sei, dass die IS-Milizen es darauf anlegten, teils zigtausend Jahre alte Wurzeln der Zivilisation, zumal der christlichen Welt, zu zerstören.