Karg: Bundeskanzler Gerhard Schröder will heute in Berlin mit Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac beraten, welche politische Richtung Europa künftig nehmen soll und welche Korrekturen vielleicht nötig sind. Ein Signal aus Deutschland gab es immerhin schon im Vorfeld: die jetzige Verfassungskrise könnte die Einigung über die ebenfalls strittigen Finanzfragen beschleunigen. Deutschland zumindest will sich flexibler hinsichtlich der Finanzierung zeigen. Was das in Zahlen heißt, wird sich in den kommenden Wochen herausstellen - doch das nur am Rande.
In der EU geht es nun um Schadensbegrenzung und um die Frage, wie die künftige Perspektive aussehen soll. Sind die Menschen Europa abgeneigt? Und wie soll es weitergehen? Darüber habe ich vor unserer Sendung mit Matthias Wissmann von der CDU gesprochen, er ist Vorsitzender des Europaausschusses im Deutschen Bundestag.
Wissmann: Die meisten Menschen erleben Europa bei ihren Urlaubsreisen und haben dabei meist gute Erfahrungen. Politisch allerdings glaube ich, dass die Skepsis in Deutschland gegenüber manchen europäischen Entwicklungen leider ebenfalls am Wachsen ist. Wir haben Gott sei Dank kein allgemeines Ressentiment gegen Europa wie in Teilen Großbritanniens zum Beispiel, aber wir haben nicht mehr die Begeisterung wie vor 20 Jahren.
Karg: Würden Sie sagen, dass die Deutschen so abgestimmt hätten wie die Franzosen, wenn sie es gekonnt hätten?
Wissmann: Es gab ja Meinungsumfragen vor einigen Monaten, die gesagt haben, die Deutschen wären mehrheitlich für die Verfassung gewesen. Allerdings gilt schon der Satz des großen französischen, früheren Staatspräsidenten Charles de Gaulle, der mal gesagt hat, bei Volksabstimmungen müsse man eines sehen: Die Menschen antworteten in der Regel nicht auf die Frage, die gestellt sei, sondern auf den, der sie stelle. Also, in diesem Fall zum Beispiel auf den französischen Staatspräsidenten Chirac oder auf den holländischen Ministerpräsidenten und insofern weiß man nicht, wie eine Volksabstimmung in Deutschland ausgegangen wäre.
Karg: Unterstellen wir mal, es gibt trotzdem eine Anti-Stimmung in weiten Teilen vielleicht der so genannten Alteuropäer. Hat das auch damit zu tun, dass für uns in den Kernstaaten der EU die Erweiterung und die EU als solche nicht mehr nur Wohlstand für alle bedeutet - was ja früher propagiert worden ist -, sondern eben auch Teilen? Stichwort: Zuzug von Billigarbeitskräften.
Wissmann: Ja, die Ängste haben zugenommen. Die ursprüngliche Erfahrung mit Europa muss wohl in den 50er und 60er Jahren gewesen sein - Grenzen werden aufgemacht, Freiheit kann erfahren werden, Freizügigkeit wird gelebt, der Export floriert - und jetzt, in den letzten Jahren, gibt es eben zunehmend auch Ängste, die sich insbesondere mit der Sorge um den Arbeitsplatz beschäftigen. Da wird Europa zum Teil auch gleichgesetzt mit dem Thema Globalisierung und mit beiden werden Sorgen verbunden, die sich dann kumulieren und die zu einer allgemeinen Skepsis führen. Und deswegen finde ich, müssen diejenigen, die in Europa Verantwortung haben, alles tun, um Menschen auf dem europäischen Weg mitzunehmen und sie auch nicht durch Hast, Oberflächlichkeit und Regulierungswut von der richtigen europäischen Idee abzuschrecken.
Ich glaube einfach, dass wir eine Neuorientierung der europäischen Politik in einigen Bereichen brauchen, die aus drei Feldern besteht: Erstens, eine wesentlich größere Zurückhaltung nationaler Bürokratien und der Europäischen Kommission beim Einfädeln immer neuer europäischer Regelungsvorschläge. Wir müssen nicht die Krümmung der Gurke und die Sonnenschirme in Biergärten durch eine europäische Vorschrift reguliert bekommen. Dadurch schreckt man ab. Selbstbegrenzung heißt die Parole.
Und das Zweite ist: Es muss jetzt alles getan werden, diese erweiterte Europäische Union mit 25 Staaten zu festigen und zu vertiefen - das wird schwer genug nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden - und nicht ständig noch die Europäische Union um immer weitere Staaten zu erweitern. Konsolidierung vor Erweiterung.
Karg: Herr Wissmann, wenn ich kurz einhaken darf. Sie sind ja Mitglied einer großen Partei, der CDU, und genau wie in der SPD war ja Europa eigentlich immer Konsens und da wurde glaube ich hier immer von oben herab eigentlich verordnet durch Beschlüsse des Parlaments. Nun sind die Menschen in Frankreich gefragt worden. Hat man da in der Politik durch diesen Konsens nicht eigentlich zu spät jetzt reagiert, wo man merkt, es gibt viele Menschen, die vielleicht dagegen oder zumindest skeptisch sind?
Wissmann: Ja, man hat die Leute nicht alle auf dem Weg mitgenommen. Man hat sie zum Teil überfordert. Ich habe das Thema Regulierung angesprochen: Wenn zu viel geregelt wird, dann übersieht man über dem Wust von Regelungen, dass der Kern der europäischen Idee richtig ist, wenn man die Leute unnötig an bestimmten bürokratischen Punkten ärgert.
Und wenn man mit der Erweiterung so voranmacht bis hin zum Thema Türkei, bis zu Bereichen des Balkans, dass die Leute Sorgen bekommen, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Sorgen sich irgendwann im Stimmverhalten niederschlagen.
Und wenn man zum Beispiel Regelungen schafft - das war mein dritter Punkt -, wo es dann groben Missbrauch gibt, denken Sie an die Situation von Menschen in den deutschen Schlachtereibetrieben, die arbeitslos geworden sind, und dann sind mit fragwürdigen Rechtsverhältnissen Dumping-Mitarbeiter reingekommen aus osteuropäischen Ländern, dann schafft das Ängste gerade dort, wo die Arbeitslosigkeit schon hoch ist. Und insofern glaube ich schon, business as usual, einfach so weitermachen, kann gerade für die, die Europa wollen, keine vernünftige Parole sein.
Karg: Sie haben sich dahingehend geäußert, Sie seien gegen eine voreilige Erweiterung. Was heißt denn jetzt noch "voreilige Erweiterung"? Zehn neue Staaten sind drin, diese Runde ist abgeschlossen. Bulgarien und Rumänien stehen vor der Tür - und vielleicht die Türkei. Was heißt Voreiligkeit? Wo sollen wir stoppen oder wie soll die EU weitermachen?
Wissmann: Es gibt ja Fantasten, die glauben, die Europäische Union könnte eines Tages aus 40 Staaten bestehen. Und die machen überall Zusagen, an deren wirtschaftliche und politische Realisierbarkeit man ernsthaft kaum denken kann. Ich glaube, jetzt wäre es notwendig, dass die führenden Verantwortlichen der Europäischen Union von links und rechts - und ich glaube, das wird eine Regierung Angela Merkel mit Sicherheit anstoßen -, ein Konzept eines Dritten Weges entwickeln. Also ein Konzept, wie kann man Freunde und Partner Europas wie die Türkei, wie die Ukraine, wie bestimmte Staaten des Balkans, wie vielleicht auch Staaten des Maghreb, in die Nähe, in die Partnerschaft, in die Nachbarschaft der Europäischen Union bringen, ohne sie zu Vollmitgliedern zu machen.
Man könnte einen erweiterten Europäischen Wirtschaftsraum schaffen, der eine solche Möglichkeit beinhaltet. Partnerschaft, Freundschaft, aber keine Vollmitgliedschaft. Und wenn ein solcher Dritter Weg nicht entwickelt wird, dann haben wir entweder 100 oder Null - und Null wäre keine Antwort für viele, die die Partnerschaft zur Europäischen Union brauchen und 100 wäre keine Antwort für die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union. Denn, dass wir jetzt die 25, vielleicht auch 27 Staaten erst einmal innerlich festigen müssen, ...
Karg: Also 27 heißt schon, Bulgarien und Rumänien rechnen Sie auf jeden Fall schon ein? Ist auch schon fest verhandelt worden.
Wissmann: Bulgarien und Rumänien hängt an einer entscheidenden Frage. Dort sind die Verhandlungen ja abgeschlossen, aber es sind einige Bereiche bisher von diesen Ländern, vor allem von Rumänien, nicht erfüllt. Die Europäische Kommission hat klar gesagt, dass Rumänien im Bereich Justiz, Inneres und Korruptionsbekämpfung bisher nicht die Anforderungen einer Vollmitgliedschaft der Europäischen Union erfüllt. Und ich bin der Meinung, in solchen Fragen kann kein Rabatt gegeben werden. Hier muss die Europäische Union, muss die Kommission, müssen auch die Mitgliedsstaaten darauf bestehen, dass erst alle Bedingungen erfüllt sind, bevor ein Beitritt vollzogen wird. Der Eindruck, man gebe Rabatt, der Eindruck, man mache politische Konzessionen, der zerstört auf Dauer das Zutrauen der Bürger in die Fähigkeit der europäischen Regierungen und der Europäischen Kommission, ihre Interessen zu schützen.
Karg: Also würden Sie sagen, spätestens - wenn es denn klappt - nach Bulgarien und Rumänien ist eigentlich Schluss mit den 27? Man müsste dann eigentlich Kroatien und vielleicht Bosnien-Herzegowina das verweigern, was die anderen Balkanstaaten haben - und der Türkei auch. Ist das Ihre Position?
Wissmann: Wir müssen einfach überlegen, ob europäische Perspektive nicht auch was anderes heißen kann als Vollmitgliedschaft. Man kann weitestgehend wirtschaftlich zusammenarbeiten, weitestgehend Freihandel schaffen, man kann europäische Entwicklungen in diesen Ländern fördern und stärken. Aber muss denn die Antwort in jedem Fall Vollmitgliedschaft sein? Ich sage: Nein.
In der EU geht es nun um Schadensbegrenzung und um die Frage, wie die künftige Perspektive aussehen soll. Sind die Menschen Europa abgeneigt? Und wie soll es weitergehen? Darüber habe ich vor unserer Sendung mit Matthias Wissmann von der CDU gesprochen, er ist Vorsitzender des Europaausschusses im Deutschen Bundestag.
Wissmann: Die meisten Menschen erleben Europa bei ihren Urlaubsreisen und haben dabei meist gute Erfahrungen. Politisch allerdings glaube ich, dass die Skepsis in Deutschland gegenüber manchen europäischen Entwicklungen leider ebenfalls am Wachsen ist. Wir haben Gott sei Dank kein allgemeines Ressentiment gegen Europa wie in Teilen Großbritanniens zum Beispiel, aber wir haben nicht mehr die Begeisterung wie vor 20 Jahren.
Karg: Würden Sie sagen, dass die Deutschen so abgestimmt hätten wie die Franzosen, wenn sie es gekonnt hätten?
Wissmann: Es gab ja Meinungsumfragen vor einigen Monaten, die gesagt haben, die Deutschen wären mehrheitlich für die Verfassung gewesen. Allerdings gilt schon der Satz des großen französischen, früheren Staatspräsidenten Charles de Gaulle, der mal gesagt hat, bei Volksabstimmungen müsse man eines sehen: Die Menschen antworteten in der Regel nicht auf die Frage, die gestellt sei, sondern auf den, der sie stelle. Also, in diesem Fall zum Beispiel auf den französischen Staatspräsidenten Chirac oder auf den holländischen Ministerpräsidenten und insofern weiß man nicht, wie eine Volksabstimmung in Deutschland ausgegangen wäre.
Karg: Unterstellen wir mal, es gibt trotzdem eine Anti-Stimmung in weiten Teilen vielleicht der so genannten Alteuropäer. Hat das auch damit zu tun, dass für uns in den Kernstaaten der EU die Erweiterung und die EU als solche nicht mehr nur Wohlstand für alle bedeutet - was ja früher propagiert worden ist -, sondern eben auch Teilen? Stichwort: Zuzug von Billigarbeitskräften.
Wissmann: Ja, die Ängste haben zugenommen. Die ursprüngliche Erfahrung mit Europa muss wohl in den 50er und 60er Jahren gewesen sein - Grenzen werden aufgemacht, Freiheit kann erfahren werden, Freizügigkeit wird gelebt, der Export floriert - und jetzt, in den letzten Jahren, gibt es eben zunehmend auch Ängste, die sich insbesondere mit der Sorge um den Arbeitsplatz beschäftigen. Da wird Europa zum Teil auch gleichgesetzt mit dem Thema Globalisierung und mit beiden werden Sorgen verbunden, die sich dann kumulieren und die zu einer allgemeinen Skepsis führen. Und deswegen finde ich, müssen diejenigen, die in Europa Verantwortung haben, alles tun, um Menschen auf dem europäischen Weg mitzunehmen und sie auch nicht durch Hast, Oberflächlichkeit und Regulierungswut von der richtigen europäischen Idee abzuschrecken.
Ich glaube einfach, dass wir eine Neuorientierung der europäischen Politik in einigen Bereichen brauchen, die aus drei Feldern besteht: Erstens, eine wesentlich größere Zurückhaltung nationaler Bürokratien und der Europäischen Kommission beim Einfädeln immer neuer europäischer Regelungsvorschläge. Wir müssen nicht die Krümmung der Gurke und die Sonnenschirme in Biergärten durch eine europäische Vorschrift reguliert bekommen. Dadurch schreckt man ab. Selbstbegrenzung heißt die Parole.
Und das Zweite ist: Es muss jetzt alles getan werden, diese erweiterte Europäische Union mit 25 Staaten zu festigen und zu vertiefen - das wird schwer genug nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden - und nicht ständig noch die Europäische Union um immer weitere Staaten zu erweitern. Konsolidierung vor Erweiterung.
Karg: Herr Wissmann, wenn ich kurz einhaken darf. Sie sind ja Mitglied einer großen Partei, der CDU, und genau wie in der SPD war ja Europa eigentlich immer Konsens und da wurde glaube ich hier immer von oben herab eigentlich verordnet durch Beschlüsse des Parlaments. Nun sind die Menschen in Frankreich gefragt worden. Hat man da in der Politik durch diesen Konsens nicht eigentlich zu spät jetzt reagiert, wo man merkt, es gibt viele Menschen, die vielleicht dagegen oder zumindest skeptisch sind?
Wissmann: Ja, man hat die Leute nicht alle auf dem Weg mitgenommen. Man hat sie zum Teil überfordert. Ich habe das Thema Regulierung angesprochen: Wenn zu viel geregelt wird, dann übersieht man über dem Wust von Regelungen, dass der Kern der europäischen Idee richtig ist, wenn man die Leute unnötig an bestimmten bürokratischen Punkten ärgert.
Und wenn man mit der Erweiterung so voranmacht bis hin zum Thema Türkei, bis zu Bereichen des Balkans, dass die Leute Sorgen bekommen, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Sorgen sich irgendwann im Stimmverhalten niederschlagen.
Und wenn man zum Beispiel Regelungen schafft - das war mein dritter Punkt -, wo es dann groben Missbrauch gibt, denken Sie an die Situation von Menschen in den deutschen Schlachtereibetrieben, die arbeitslos geworden sind, und dann sind mit fragwürdigen Rechtsverhältnissen Dumping-Mitarbeiter reingekommen aus osteuropäischen Ländern, dann schafft das Ängste gerade dort, wo die Arbeitslosigkeit schon hoch ist. Und insofern glaube ich schon, business as usual, einfach so weitermachen, kann gerade für die, die Europa wollen, keine vernünftige Parole sein.
Karg: Sie haben sich dahingehend geäußert, Sie seien gegen eine voreilige Erweiterung. Was heißt denn jetzt noch "voreilige Erweiterung"? Zehn neue Staaten sind drin, diese Runde ist abgeschlossen. Bulgarien und Rumänien stehen vor der Tür - und vielleicht die Türkei. Was heißt Voreiligkeit? Wo sollen wir stoppen oder wie soll die EU weitermachen?
Wissmann: Es gibt ja Fantasten, die glauben, die Europäische Union könnte eines Tages aus 40 Staaten bestehen. Und die machen überall Zusagen, an deren wirtschaftliche und politische Realisierbarkeit man ernsthaft kaum denken kann. Ich glaube, jetzt wäre es notwendig, dass die führenden Verantwortlichen der Europäischen Union von links und rechts - und ich glaube, das wird eine Regierung Angela Merkel mit Sicherheit anstoßen -, ein Konzept eines Dritten Weges entwickeln. Also ein Konzept, wie kann man Freunde und Partner Europas wie die Türkei, wie die Ukraine, wie bestimmte Staaten des Balkans, wie vielleicht auch Staaten des Maghreb, in die Nähe, in die Partnerschaft, in die Nachbarschaft der Europäischen Union bringen, ohne sie zu Vollmitgliedern zu machen.
Man könnte einen erweiterten Europäischen Wirtschaftsraum schaffen, der eine solche Möglichkeit beinhaltet. Partnerschaft, Freundschaft, aber keine Vollmitgliedschaft. Und wenn ein solcher Dritter Weg nicht entwickelt wird, dann haben wir entweder 100 oder Null - und Null wäre keine Antwort für viele, die die Partnerschaft zur Europäischen Union brauchen und 100 wäre keine Antwort für die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union. Denn, dass wir jetzt die 25, vielleicht auch 27 Staaten erst einmal innerlich festigen müssen, ...
Karg: Also 27 heißt schon, Bulgarien und Rumänien rechnen Sie auf jeden Fall schon ein? Ist auch schon fest verhandelt worden.
Wissmann: Bulgarien und Rumänien hängt an einer entscheidenden Frage. Dort sind die Verhandlungen ja abgeschlossen, aber es sind einige Bereiche bisher von diesen Ländern, vor allem von Rumänien, nicht erfüllt. Die Europäische Kommission hat klar gesagt, dass Rumänien im Bereich Justiz, Inneres und Korruptionsbekämpfung bisher nicht die Anforderungen einer Vollmitgliedschaft der Europäischen Union erfüllt. Und ich bin der Meinung, in solchen Fragen kann kein Rabatt gegeben werden. Hier muss die Europäische Union, muss die Kommission, müssen auch die Mitgliedsstaaten darauf bestehen, dass erst alle Bedingungen erfüllt sind, bevor ein Beitritt vollzogen wird. Der Eindruck, man gebe Rabatt, der Eindruck, man mache politische Konzessionen, der zerstört auf Dauer das Zutrauen der Bürger in die Fähigkeit der europäischen Regierungen und der Europäischen Kommission, ihre Interessen zu schützen.
Karg: Also würden Sie sagen, spätestens - wenn es denn klappt - nach Bulgarien und Rumänien ist eigentlich Schluss mit den 27? Man müsste dann eigentlich Kroatien und vielleicht Bosnien-Herzegowina das verweigern, was die anderen Balkanstaaten haben - und der Türkei auch. Ist das Ihre Position?
Wissmann: Wir müssen einfach überlegen, ob europäische Perspektive nicht auch was anderes heißen kann als Vollmitgliedschaft. Man kann weitestgehend wirtschaftlich zusammenarbeiten, weitestgehend Freihandel schaffen, man kann europäische Entwicklungen in diesen Ländern fördern und stärken. Aber muss denn die Antwort in jedem Fall Vollmitgliedschaft sein? Ich sage: Nein.