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Kontinent im Aufwind

Der Internationale Währungsfonds sagt Afrika ein beachtliches Wirtschaftswachstum voraus. Während sich China, Indien und Brasilien hier stark engagieren, hätten deutsche Investoren den Kontinent noch zu wenig im Blick, so der Tenor auf dem Kongress des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft.

Von Michael Braun | 22.04.2013
    Ja, Deutschland hat Afrika im Blick. Aber für den Geschmack der Kenner nicht genügend. Für fast 22 Milliarden Euro wurden im vorigen Jahr Waren nach Afrika exportiert, von dort kamen Waren im Wert von fast 24 Milliarden Euro – ein ganzer Kontinent erreicht damit knapp das Handelsvolumen, das Deutschland mit einem europäischen Land austauscht, mit Spanien. Mit Russland summieren sich Im- und Export auf beinahe das Doppelte. Dabei sei Afrika weitaus attraktiver als Russland: mehr Wachstumspotenzial, weniger Korruption, meint Stephan Liebing, der Vorsitzende des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft:

    "Schauen Sie sich die Größe des Marktes an: Allein in Nigeria leben mehr Menschen als in Russland. Ganz Afrika ist größer als Indien. Und 34 afrikanische Länder sind im Korruptionsindex von Transparency International besser als Russland platziert."

    Jedenfalls sind andere Länder durchaus präsenter in Afrika, auch aus Europa. Jasper Großkurth arbeitet von Nairobi aus als Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Research Solutions Africa:

    "Ich sehe niederländische Unternehmen, schwedische Unternehmen sogar englische Unternehmen. Und die deutschen Unternehmen sind sehr zurückhaltend mit wenigen Ausnahmen."

    Dass deutsche Investoren hinterherhinken, erklärt er sich so:

    "Das hat damit zu tun, meiner Meinung nach, dass deutsche Unternehmer in den 80er-Jahren sehr stark versucht haben, nach Afrika zu expandieren und waren damit zu früh und haben sich da quasi eine blutige Nase geholt. Und die Leute, die damals in den afrikanischen Ländern waren, sitzen jetzt in den Entscheidungspositionen und sagen, nein, haben wir schon versucht, machen wir jetzt lieber nicht."

    Dabei gebe es viele Chancen. Günter Nooke, Afrika-Beauftragter der Bundesregierung, berichtete etwa von ganzjährig stabilen klimatischen Verhältnissen in Äthiopien, die sich sehr gut etwa für die Saatzucht eigneten. Er mahnte, Afrika als Investitionsstandort zu sehen:

    "Zu häufig wird Afrika noch als Ziel mildtätiger Spenden gesehen, zu wenig als Wirtschaftsstandort."

    Zwei Arbeitsgebiete von vielen, in denen es Chancen auch für die deutschen Unternehmen gibt: Der afrikanische Kontinent verfügt derzeit über eine Stromerzeugungskapazität von etwa 125 Gigawatt. Bis 2040 sollen es 700 Gigawatt sein. Eine Billion Euro soll in Afrika bis 2040 in den Energiesektor investiert werden. Zudem ist gerade in Ostafrika ein Boom etwa im Straßenbau und bei neuen Bergbauaktivitäten entbrannt. Davon profitieren derzeit aber vor allem Anbieter aus China. Analyst Großkurth kritisiert, dass in Deutschland die Behörden den Austausch oft behindern. Das beginne schon bei der Einreise:

    "Unternehmer, die sagen, dass sie früher eben aus Kenia nach Deutschland fliegen konnten, ihr Visum am Flughafen holen konnten und hier gut einreisen konnten. Und jetzt ist es einer Botschaft noch nicht mal zu vermitteln, dass jemand gerne mal als Tourist nach Europa kommen möchte."

    Dabei seien Investoren aus Deutschland willkommen, versichert Essohanam Paka, der Botschafter aus Togo, der in Berlin Sprecher aller afrikanischer Botschafter ist. Und er versichert, Afrika sei in Bewegung und sei ein Kontinent der Hoffnung:

    "Und das für viele Branchen."