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Konzern-Aufsichtsrat
VW will sparen und investieren

Nach der Ankündigung eines milliardenschweren Sparprogramms zurrte der Aufsichtsrat von Europas größtem Autokonzern Volkswagen jetzt die Investitionen für die kommenden fünf Jahre fest. Es geht um Weichenstellungen in einem Konzern, der unverändert den Weg an die Weltspitze sucht - aber dringend die Ertragskrise seiner Kernmarke stoppen muss. Bis 2017 sollen fünf Milliarden Euro gespart werden.

Von Alexander Budde | 21.11.2014
    Ein von Robotern geführtes Auto im Volkswagen-Werk in Wolfsburg. Davor ein Warnschild, dort nicht händisch einzugreifen.
    Mehr als 830.000 Automobile werden im Stammwerk Wolfsburg voraussichtlich in diesem Jahr vom Band rollen. (John Macdougall / AFP)
    Wer sich im Wolfsburger Stammwerk das Ballett der Roboter anschaut, erkennt auf den ersten Blick: Alles ist in Bewegung am Hauptsitz des Weltkonzerns. Mehr als 830.000 Automobile werden dort voraussichtlich in diesem Jahr vom Band rollen. Auf dem Weg zur Weltspitze werden die Wolfsburger die ursprünglich für 2018 gesetzte Zielmarke von 10 Millionen verkauften Fahrzeugen wohl noch in diesem Jahr einhole - und am Absatzriesen Toyota vorbeiziehen.
    Absatzrekorde und Milliardengewinne
    Obwohl gerade der europäische Heimatmarkt alles andere als rundläuft, feiert der zweitgrößte Autobauer Absatzrekorde und Milliardengewinne. Die Budgetplanung für die kommenden fünf Jahre, über die der Aufsichtsrat traditionell im Herbst berät, listet Summen auf, gegen die sich der gesamte NS Landeshaushalt im Vergleich wie die berühmte Portokasse ausnimmt.
    "Volkswagen investiert massiv aber auch gezielt in die Zukunft."
    Sagt Konzernchef Martin Winterkorn nach der Sitzung des Kontrollrats in Wolfsburg. Volkswagen hat sich vorgenommen, bis 2019 41, 3 Milliarden Euro in die Modernisierung und Erweiterung der Produktpalette sämtlicher Marken zu investieren. Weitere 22 Milliarden sollen die Gemeinschaftsunternehmen in China in die Hand nehmen.
    Investitionen von 85,6 Milliarden Euro
    Mehr als die Hälfte dieser Sachinvestitionen im Konzernbereich Automobile ist für die 28 Werke in Deutschland mit ihren 270.000 Beschäftigten vorgesehen. Investitionen von 85,6 Milliarden Euro insgesamt sollen in Standorte, Modelle und Technologien fließen. Damit schreibt Volkswagen ungeachtet des milliardenschweren Sparprogramms, das Winterkorn vor vier Monaten verordnete, den sogenannten Fünfjahresplan aus dem Vorjahr fort.
    Effizienz wird künftig im Fokus stehen
    Doch die größten Herausforderungen beim Projekt Weltspitze stehen noch bevor: Volkswagen muss kräftig investieren, um auf dem bedeutsamen US-Markt mit Produkten, insbesondere großen Geländewagen, anzugreifen. Strenge Abgasnormen, vernetzte Fahrzeuge: Volumen ist nicht alles, die Effizienz wird künftig im Fokus stehen, deutet Winterkorn das Umdenken an.
    "Damit bauen wir unsere Technologieführerschaft weiter aus. Und damit stellen wir sicher, dass wir die hohen Anforderungen an die CO2-gesetzgebung erfüllen."
    Nur Investitionen in Produkte und Standorte sichern langfristig Beschäftigung, betont Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh. Damit diese Mittel zur Verfügung stünden, helfe die Belegschaft mit, den Wildwuchs bei Modellen und Komponenten zu bekämpfen. Osterloh zeigt sich erfreut "dass Volkswagen unvermittelt mit voller Kraft in seine weltweiten Standorte investiert. Gleichzeitig bekennt sich Volkswagen mit dieser Planungsrunde einmal mehr klar zum Standort Deutschland, was unser Unternehmen durchaus von anderen Mitbewerbern unterscheidet."
    Produktübergreifend sind 23 Milliarden Euro unter anderem für ein neues Crafter-Werk in Polen sowie das neue Audi-Werk in Mexiko vorgesehen. Im Motorenbereich weitere Optimierung bei Leistung, Verbrauch und Schadstoffwerten. Und Stephan Weil darf sich über eine lange umstrittene Standort-Entscheidung freuen:
    "Der Standort Hannover wird die Premiumklasse der leichten Nutzfahrzeuge künftig mitbauen. Es ist zu einem Ergebnis gekommen, dass für alle Beteiligten gut ist!"
    Der niedersächsische Ministerpräsident von der SPD dürfte im Aufsichtsrat vor allem an die 120.000 VW-Mitarbeiter im Lande denken.