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Kooperative Promotion
Ein Doktorand, zwei Professoren

Promovieren war lange Zeit nur an einer Universität möglich. Seit rund zehn Jahren geht dies auch an Fachhochschulen. Dabei arbeitet ein Uni-Professor mit einem Kollegen der Fachhochschule bei der Betreuung der Doktoranden zusammen. Ein Fallbeispiel aus Koblenz.

Von Anke Petermann | 05.01.2019
    Zahlreiche schwarze Doktorhüte werden hoch in den Himmel geworfen
    Vor rund zehn Jahren das sogenannte kooperative Promotionsverfahren aufgelegt (dpa/Jan Woitas)
    Sabine Schmeißer ist eine von 80 kooperativ Promovierenden an der Koblenzer Hochschule für Angewandte Wissenschaften. "Die Forschungslücke zu finden, um mein Forschungsthema zu konkretisieren, das war so die erste Schwierigkeit", erinnert sich die Wirtschaftswissenschaftlerin.
    2015 hatte sie nach langer Berufstätigkeit im Krankenhausmanagement berufsbegleitend ihren Master an einer Berliner FH gemacht. An der Hochschule Koblenz trat Sabine Schmeißer dann eine Promotionsstelle als wissenschaftliche Hilfskraft an. Die Universität für die kooperative Promotion war ihr mit dieser Stelle vorgegeben. Doch der betreuende Uni-Professor und der Schwerpunkt auf der Theorie lagen ihr nicht, merkte sie:
    "Ich hab' dann auf Eigeninitiative die betreuende Universität gewechselt, eine neue Promotionsbetreuerin gefunden, mit denen ich dann ein Promotionsthema finden konnte, das dann auch von der Universität abgesegnet wurde. Ich brauchte eine Struktur, die das wissenschaftliche Arbeiten mit einer gewissen Praxisrelevanz kombiniert hat."
    Genau diese Struktur hat die die frühere Krankenhaus-Managerin jetzt gefunden. Samt einer sinnvollen Schnittstelle, "dass ich zwei Bereiche, die Geisteswissenschaft der Universität und die Wirtschaftswissenschaft der Hochschule sehr gut zusammenfügen kann."
    Große Hürde: Betreuer an der Uni zu finden
    Und zwar zu einer Doktorarbeit, die ökonomische und christlich-philosophische Aspekte von Non-Profit-Organisationen im Gesundheitswesen beleuchten soll. Dass der Einstieg von FH-Absolventen in die Uni-Promotion holpert - keine Ausnahme, weiß Nina Mahrt vom Graduiertenzentrum der Hochschule Koblenz. Schon einen Betreuer an der Uni zu finden, sei schwer.
    "Das ist oft eine große Hürde am Anfang eines Promotionsprozesses."
    Manche Uni-Professoren hätten generelle Vorbehalte, berichten ihr FH-Absolventen, manche wollten nur eigene Hilfskräfte betreuen. Am besten funktioniert es über persönliche Beziehungen von Uni- und Hochschulprofessoren, findet die Leiterin der Geschäftsstelle des Hochschul-Graduiertenzentrums:
    "Wenn der Professor von hier einen Professor von der Uni kennt, ist eine persönliche Empfehlung am besten: Dieser Person traue ich das zu."
    Gelingen kooperativer Promotionen nicht dem Zufall überlassen
    Um im Promotionsverfahren als Betreuer, Gutachter und Prüfer gut zusammenarbeiten zu können, sollten sich die beiden Professoren von Uni und Hochschule verstehen. Dass sie eine gemeinsame Sprache sprechen, hält Mahrt für wichtig, um auch mal eine Krise überwinden zu können.
    Die Promotion im Blick - Dr. Nina Mahrt (links) vom Graduiertenzentrum der Hochschule Koblenz mit Doktorandin Sabine Schmeißer
    Die Promotion im Blick - Dr. Nina Mahrt (links) vom Graduiertenzentrum der Hochschule Koblenz mit Doktorandin Sabine Schmeißer (Deutschlandradio / Anke Petermann)
    Seit 2011 überlässt die Uni Koblenz-Landau das Gelingen kooperativer Promotionen nicht mehr dem Zufall, sondern berät und begleitet die Interessenten mit Infoveranstaltungen sowie fachspezifischen, aber auch übergreifenden Kursen. "ZuGewinn" heißt dieses Angebot. Das Projekt hilft auch eigenständig promovierende FH-Absolventen, sich methodisch weiterzubilden und zu vernetzen, "mit Tandem-Partnerschaften, durch Workshops", sagt Kathrin Ruhl, Geschäftsführerin des Interdisziplinären Promotionszentrums der Uni Koblenz-Landau.
    Nina Mahrt, die Kollegin von der Hochschule Koblenz, lobt: "Das Projekt ZuGewinn ist deshalb ganz schön, weil die Universität Koblenz-Landau damit überhaupt mal zeigt, dass es diese kooperativen Promotionen gibt und dass sie sich um FH Absolventen bemühen. Zugewinn ist ein Vorreiter-Projekt und leider das einzige in Deutschland."
    Graudiertenschule starten im Frühjahr
    Beide Promotions-Expertinnen von Uni und Hochschule beobachten, dass die Politik kooperative Promotionen aus der Nische holen will. Das SPD-geführte Wissenschaftsministerium von Rheinland-Pfalz institutionalisiert sie bis 2020 in sechs speziellen Forschungskollegs – im Zuge eines Wettbewerbs. Peter Quirmbach, Professor für Technische Chemie an der Uni Koblenz-Landau, hat gemeinsam mit einem Fachkollegen von der Hochschule Koblenz den Zuschlag für eine dieser beiden ersten Graduiertenschulen bekommen. Im Frühjahr geht sie an den Start - mit sechs Doktoranden. Davor sammelte Quirmbach Erfahrungen in einem kooperativen Master-Studiengang. Am Telefon lässt der Uni-Professor durchblicken, dass er stolz ist, die Exzellenz von Fachhochschülern mit zu heben.
    "Mittlerweile habe ich über zehn dieser Doktoranden mit am Start. Nicht nur ich allein, sondern auch mit Kollegen der Hochschule, so dass wir uns auch die Betreuungsarbeit teilen. Wir machen das im Team. Unsere Promotionsordnung sieht das so vor."