Mittwoch, 15. Mai 2024

Archiv


Kopilot Computer zieht die Notbremse

Technik. – Am Dienstagabend verleiht Bundespräsident Johannes Rau in Berlin den Deutschen Zukunftspreis 2002. Der mit 250.000 Euro dotierte Preis wird seit 1997 alljährlich für herausragende technische und wissenschaftliche Innovationen vergeben, die von einer Reihe von Institutionen, darunter die Max-Planck- und die Fraunhofer-Gesellschaft sowie große Wirtschaftsverbände, für die Ehrung vorgeschlagen werden. Zu den vier nominierten Kandidaten in diesem Jahr gehört auch ''Protector'': Mit Radar schaut das System LKW-Fahrern über die Schulter und bewahrt dabei stets den Überblick.

03.12.2002
    Wenn es hart auf hart kommt, dann tritt "Protector" schon mal fest auf das Bremspedal, wenn ihm der Fahrer nicht zuvorkommt – etwa dann, wenn das Radarsystem ein wesentlich langsameres oder gar stehendes Objekt vor sich ausmacht und eine angemessene Reaktion ausbleibt. In solchen Situation geschehen bislang noch immer oft schwere Unfälle mit vielen Opfern, wenn etwa ein übermüdeter Brummifahrer in den Sekundenschlaf verfallen ist und auf einen Stau auffährt. Das von Daimler-Chrysler entwickelte Sicherheitssystem für Lastkraftwagen soll quasi der künftige Schutzheilige der Fernfahrer im Informationszeitalter werden, so seine Väter, darunter der Projektsprecher Jürgen Trost: "Das System Protector ist mit einem Radarsensor ausgerüstet, der zehnmal in der Sekunde die Verkehrssituation vor dem Fahrzeug beobachtet. Nimmt der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug dramatisch ab, wird zunächst der Fahrer gewarnt. Unterbleibt dessen Eingriff, warnt Protector die Umwelt und löst im Zweifelsfall auch die Notbremsung aus."

    Protectors Augen bestehen aus drei Radarkeulen, die ständig 150 Meter der Straße vor dem LKW auch bei Nebel ausleuchten. "Im Grundsatz sendet das System elektromagnetische Wellen aus, die an Fahrzeugen reflektiert werden und von dem Radarsensor empfangen werden", erklärt Entwicklungsingenieur Ingo Scherhaufer. In Sekundenbruchteilen verarbeitet ein Rechner die ständig anfallenden Radardaten und klassifiziert sie: "Anhand eines Vergleiches von der Eigengeschwindigkeit und der Differenzgeschwindigkeit zu dem Hindernis kann Protector sehr gut unterscheiden, ob es sich um ein stehendes oder ein sich bewegendes Objekt handelt." Die so gewonnenen Informationen über die Objekte projiziert das System auf die vor ihm liegende Fahrspur und zieht daraus seine Schlussfolgerungen. Erkennt Protector etwa einen mit 70 Stundenkilometern auf der Autobahn schleichenden Kleinkraftwagen, berechnet er aus dem Abgleich von Abstand und Annäherungsgeschwindigkeit der beiden Fahrzeuge, ob daraus eine kritische Situation entstehen kann.

    Doch im krisengeschüttelten Speditionsgewerbe wird stets mit spitzem Bleistift gerechnet. Weil die Kosten für das Sicherheitssystem etwa zwischen 2000 und 3000 Euro betragen, werden viele Unternehmen sich diesen Luxus nicht ohne Anreiz anschaffen. Dazu Jürgen Trost: "Deshalb stehen wir in Diskussionen mit den öffentlichen Händen sowie mit der Europäischen Kommission. Ein Nachlass bei Steuern oder Maut könnte helfen, den Straßenverkehr in kurzer Zeit sehr viel sicherer zu machen." Dass Protector viele Menschenleben zu retten helfen könnte, belegen nahezu eine Million absolvierte Kilometer der Pilotfahrzeuge bei Partnerspeditionen.

    [Quelle: Peter Welchering]