Das Berichtsgebiet des jeweils anderen kennen zu lernen, trieb die beiden Korrespondenten zu ihrem Tausch an. Gesine Dornblüth sagt, sie habe wissen wollen, inwiefern die Gesellschaft antirussisch ist. Von russischer Seite werde immer suggeriert, dass die Russischsprechenden in der Ukraine verteidigt werden müssten. Das habe sie nun aber anders erlebt, da die meisten ohnehin zweisprachig seien und es keine Einheitlichkeit in der Aussprache gebe.
Florian Kellermann interessierte besonders, wie die russische Propaganda bei den Menschen ankommt. Es habe ihn "entsetzt, wie kritiklos sie übernommen wird". In einer Talkshow werde beispielsweise die Theorie verbreitet, dass die USA die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erpressen. Diese werde dann am nächsten Morgen als genuine Meinung beispielsweise von einem Taxifahrer weitergegeben. Der Kalte Krieg sei in vielen Köpfen angekommen, es gehe wieder darum, ob Russland oder die USA vorherrschende Macht seien, so Kellermann. Wo sich Widerstand gegen den Staat rege, zum Beispiel gegen Bauprojekte, werde die Schuld nicht bei Putin gesucht. Die Bürger würden sich dafür schämen, dass sie Kritik am Staat üben müssen.
Kellermanns Bilanz: "Moskau ist eine spannende Stadt und ein Universum mit 15 Millionen Einwohnern." Angenehmer sei das Leben aber in Warschau oder Kiew. Gesine Dornblüth sagte, Kiew sei eine Reise wert und eine absolut europäische Stadt. Das Klima in der Gesellschaft sei gut und für eine Zeit ein guter Ausgleich zu Moskau.