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Korruptionsaffäre in der Türkei
Fast 350 Polizisten suspendiert

Die von einem Korruptionsskandal erschütterte türkische Regierung hat in Ankara fast 350 Polizisten suspendiert. Die Betroffenen sollen als Verkehrspolizisten in Reviere außerhalb der Stadt versetzt worden sein. Ihre Aufgaben übernehmen Polizeibeamte, die nicht aus der Hauptstadt kommen.

07.01.2014
    Die rund 350 Polizeibeamte sind Medienberichten zufolge über Nacht ihrer Ämter enthoben worden. Sie gehörten vor allem zu Abteilungen, die sich mit dem Kampf gegen Terrorismus, Schmuggel und Korruption beschäftigen, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Ihre Aufgaben seien etwa 250 Polizisten übertragen worden, die überwiegend nicht aus der Hauptstadt kämen, berichtete der Sender NTV. Dies wäre die größte Umstrukturierung innerhalb des Polizeiapparats seit Beginn der Korruptionsermittlungen Mitte Dezember, durch die die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan stark in Bedrängnis geriet. Insgesamt sind seitdem mehr als tausend Polizeibeamte ausgetauscht worden.
    Hinter den Kulissen tobt ein Machtkampf
    Mit den Veränderungen reagiert die Regierung auf die Tatsache, dass sie von den Korruptionsermittlungen nicht vorab informiert wurde. Laut Medienberichten tobt hinter den Kulissen ein Machtkampf zwischen Erdogans regierender Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Diese soll besonders in Justiz und Polizei über Einfluss verfügen. Erdogan sieht hinter dem Skandal eine Verschwörung, um seine Regierung kurz vor den Kommunalwahlen am 30. März zu schwächen. Am Wochenende warf er der Justiz einen Putschversuch vor.
    Istanbuler Staatsanwälte hatten im Dezember mehrere Dutzend Verdächtige festnehmen lassen, darunter ranghohe Politiker und Wirtschaftsführer aus dem Umfeld Erdogans. Auch gegen die Söhne von drei Ministern wurden Ermittlungen eingeleitet, woraufhin Erdogan im Zuge einer Kabinettsumbildung die Minister austauschte. Bei dem Skandal geht es unter anderem um die Bestechung von Politikern, um illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit dem Iran zu verheimlichen, sowie um illegale Bauvorhaben.
    Neue Vorwürfe gegen Ex-Minister
    In Ankara veröffentlichte der Oppositionspolitiker Levent Tüzel am Dienstag zwei parlamentarische Anfragen an Erdogan, die sich mit neuen Korruptionsvorwürfen gegen ehemalige Minister befassen. Laut Tüzel stehen die ehemalige Familienministerin Fatma Sahin und Ex-Europaminister Egeman Bagis im Verdacht, in ihren früheren Tätigkeitsbereichen Aufträge unter Umgehung der Vorschriften an ausgewählte Firmen vergeben sowie Verwandten, Bekannten und AKP-Anhängern illegal Posten verschafft zu haben.