Sandra Schulz: Und mit großen Interesse werden die Entwicklungen auch im Kosovo verfolgt, dort bin ich nun verbunden mit Bujar Bukoshi, er sitzt für die LDK, die Partei der Kosovo-Albaner, im Parlament und führte einst die Exilregierung der Kosovo-Albaner.
Bujar Bukoshi: Guten Morgen!
Schulz: Herr Bukoshi, es wird ja seit Monaten spekuliert über eine Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Wann kommt sie?
Bukoshi: Das wird sehr bald passieren, wie bekannt, es gibt keinen Weg an der Unabhängigkeit Kosovos vorbei.
Schulz: Wollen Sie den Spekulationen nicht ein Ende bereiten und uns einen Termin nennen?
Bukoshi: Noch nicht, weil die politische Klasse Kosovos und die aktuelle Führung noch keine klare Haltung hat.
Schulz: Der Vorwurf aus Serbien und auch aus Russland lautet ja, dass die Unabhängigkeitserklärung gegen das Völkerrecht verstoßen würde.
Bukoshi: Das stimmt aus unserer Perspektive überhaupt nicht. Übrigens, Kosovo hat mit den serbischen Wahlen nichts, aber gar nichts zu tun. Kosovo hat genauso wenig mit den Wahlen zu tun, die in Deutschland oder Ungarn oder in Kenia stattfinden oder stattfinden werden.
Schulz: Das heißt also, die Beobachtung der Wahlen, der Stichwahlen in Serbien, sehen Sie relativ gelassen?
Bukoshi: Wir sind gelassen, und heute habe ich einen Witz sozusagen gehört, Serbien ist bereit, die Unabhängigkeit Kosovos anzuerkennen unter einer Bedingung: dass die Unabhängigkeit am 29. Februar des Schaltjahres 2008 erklärt wird, und um diese Suppe zu versalzen, hat man somit zumindest erreicht, dass die Albaner nur alle vier Jahre feiern können.
Schulz: Also, unabhängig von dem Datum, die Unabhängigkeit ist von Ihnen ja klar als Ziel erklärt, obwohl die Unabhängigkeitserklärung natürlich auch das Kosovo vor Schwierigkeiten stellen könnte. Es gibt bisher immer noch eine große Abhängigkeit von Serbien, was die Infrastruktur betrifft, die Telefonleitungen laufen über Serbien, die könnte Serbien schlichtweg kappen. Es gibt viele Kosovo-Albaner, die auf dem serbischen Gebiet arbeiten, die Arbeitslosigkeit im Kosovo liegt ja jetzt schon bei 50 Prozent und damit relativ hoch. Nehmen Sie nicht Risiken in Kauf?
Bukoshi: Ich möchte alle Versuche zurückweisen, die zwischen den inneren Verhältnissen in Serbien oder mit Serbien, Kosovo, zurückweisen. Es wird gesprochen, dass Serbien jetzt eine Blockade oder ein Embargo durchführen kann, was überhaupt nicht Kosovo schaden könnte, denn Kosovo ist kein geschlossenes Land nur mit Serbien, sondern wir haben andere Grenzen mit Mazedonien, mit Montenegro, Albanien. Damit können wir zurechtkommen, das ist kein Problem.
Schulz: Wie ginge es weiter nach einer Unabhängigkeitserklärung? Es besteht ja die Sorge zum Beispiel bei der Europäischen Union, dass die Region neu destabilisiert werden könnte. Welche Vorkehrungen werden von Ihrer Seite getroffen, um zum Beispiel eine neue Eskalation der Gewalt zu verhindern?
Bukoshi: Ich denke, es wird keine Gewalt ausbrechen, weil die Albaner diese Prüfung überstanden haben, acht Jahre sind vergangen seit der NATO-Intervention und Installierung der internationalen Verwaltung im Kosovo. Das ist nur eine Propaganda, dass diese Albaner so destruktiv wären. Wir wollen, dass auch Kosovo ein stinknormaler, langweiliger Ort wird, wie der Erweiterungskommissar Olli Rehn einmal gesagt hat.
Schulz: Europa ist ja noch gespalten, es gibt auch Staaten von den 27 Mitgliedsländern, die unentschlossen sind oder auch dagegen sind, eine Unabhängigkeitserklärung anzuerkennen.
Bukoshi: Ja.
Schulz: Welche Erwartungen haben Sie an Europa?
Bukoshi: Mittlerweile stelle ich fest, dass Europa, die Europäische Union, noch keine sehr klare Haltung hat, aber trotzdem: Die übergroße Mehrheit wird den Kosovo jetzt anerkennen oder akzeptieren, diese Realitäten. Und wenn wir Zypern noch eine Weile abwarten müssen, aber für uns ist es wichtig, dass die Hauptspieler Europas wie die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien und andere wichtige Faktoren den Ton zu diesem Prozess geben, und für den Rest werden wir Geduld haben abzuwarten.
Schulz: Mit welcher Reaktion von Serbien rechnen Sie?
Bukoshi: Mit keiner Reaktion. Vielleicht wird Serbien versuchen, mit dieser berühmten serbischen Unart, also diesem trotzigen Verhalten und retrograden politischen Denken, wie:, die Sache ist gelaufen. Es wäre gut für Serbien, die Realitäten anzuerkennen und gemeinsam, wie es von Europa angeboten wird, sogar diese Erweiterung das begrüße ich, dass Serbien auch diese Chance bekommt, auch ein stinknormaler langweiliger Ort auf dem Balkan zu werden.
Schulz: Wenn Sie sagen, das Kosovo soll ein stinknormaler Ort werden, ein langweiliger Ort - welche Vorstellungen haben Sie, wie es weitergehen soll nach einer Unabhängigkeitserklärung, einfach wirtschaftlich gesehen, mit Blick auf den Arbeitsmarkt, mit Blick auf die 50-prozentige Arbeitslosenquote?
Bukoshi: Ja, ich persönlich bin besorgt, was für ein Staat jetzt Kosovo sein wird nach der Unabhängigkeit, und ich mache mir keine Illusionen, dass es die Albaner selbst schaffen werden, sondern wir brauchen absolut immer noch, die großzügige Hilfe vom Westen, von der Europäischen Union, und ich freue mich sehr, dass, wenn die EU-Mission nach Kosovo kommen wird, auch mit einem Kontingent von Staatsanwälten und Richtern und Polizeispezialisten, damit wir einen Rechtsstaat im Kosovo haben und nicht einen Schurkenstaat. Das wäre dann katastrophal und sehr schlecht für die ganze Region und auch für Kosovo. Ich weiß, dass es einen Haufen von Problemen im Kosovo gibt wie Wirtschaftsprobleme, Wirtschaft ist runiert und alle andere Lebensbereiche befinden sich in einem katastrophalen Zustand. Diese UNMIK-Mission hat definitiv versagt, wenn wir von Wirtschaftsaspekten sprechen. Und jetzt hoffen wir, dass die europäische Mission anders und viel effektiver sein wird. Die albanische Gesellschaft ist wirklich bereit, einen eigenen, bescheidenen Beitrag zu leisten.
Schulz: Vielen Dank für diese Einschätzungen, Bujar Bukoshi war das, Abgeordneter für die LDK, für die Kosovo-Albaner in Pristina. Danke Ihnen.
Bukoshi: Ich bedanke mich auch.
Bujar Bukoshi: Guten Morgen!
Schulz: Herr Bukoshi, es wird ja seit Monaten spekuliert über eine Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Wann kommt sie?
Bukoshi: Das wird sehr bald passieren, wie bekannt, es gibt keinen Weg an der Unabhängigkeit Kosovos vorbei.
Schulz: Wollen Sie den Spekulationen nicht ein Ende bereiten und uns einen Termin nennen?
Bukoshi: Noch nicht, weil die politische Klasse Kosovos und die aktuelle Führung noch keine klare Haltung hat.
Schulz: Der Vorwurf aus Serbien und auch aus Russland lautet ja, dass die Unabhängigkeitserklärung gegen das Völkerrecht verstoßen würde.
Bukoshi: Das stimmt aus unserer Perspektive überhaupt nicht. Übrigens, Kosovo hat mit den serbischen Wahlen nichts, aber gar nichts zu tun. Kosovo hat genauso wenig mit den Wahlen zu tun, die in Deutschland oder Ungarn oder in Kenia stattfinden oder stattfinden werden.
Schulz: Das heißt also, die Beobachtung der Wahlen, der Stichwahlen in Serbien, sehen Sie relativ gelassen?
Bukoshi: Wir sind gelassen, und heute habe ich einen Witz sozusagen gehört, Serbien ist bereit, die Unabhängigkeit Kosovos anzuerkennen unter einer Bedingung: dass die Unabhängigkeit am 29. Februar des Schaltjahres 2008 erklärt wird, und um diese Suppe zu versalzen, hat man somit zumindest erreicht, dass die Albaner nur alle vier Jahre feiern können.
Schulz: Also, unabhängig von dem Datum, die Unabhängigkeit ist von Ihnen ja klar als Ziel erklärt, obwohl die Unabhängigkeitserklärung natürlich auch das Kosovo vor Schwierigkeiten stellen könnte. Es gibt bisher immer noch eine große Abhängigkeit von Serbien, was die Infrastruktur betrifft, die Telefonleitungen laufen über Serbien, die könnte Serbien schlichtweg kappen. Es gibt viele Kosovo-Albaner, die auf dem serbischen Gebiet arbeiten, die Arbeitslosigkeit im Kosovo liegt ja jetzt schon bei 50 Prozent und damit relativ hoch. Nehmen Sie nicht Risiken in Kauf?
Bukoshi: Ich möchte alle Versuche zurückweisen, die zwischen den inneren Verhältnissen in Serbien oder mit Serbien, Kosovo, zurückweisen. Es wird gesprochen, dass Serbien jetzt eine Blockade oder ein Embargo durchführen kann, was überhaupt nicht Kosovo schaden könnte, denn Kosovo ist kein geschlossenes Land nur mit Serbien, sondern wir haben andere Grenzen mit Mazedonien, mit Montenegro, Albanien. Damit können wir zurechtkommen, das ist kein Problem.
Schulz: Wie ginge es weiter nach einer Unabhängigkeitserklärung? Es besteht ja die Sorge zum Beispiel bei der Europäischen Union, dass die Region neu destabilisiert werden könnte. Welche Vorkehrungen werden von Ihrer Seite getroffen, um zum Beispiel eine neue Eskalation der Gewalt zu verhindern?
Bukoshi: Ich denke, es wird keine Gewalt ausbrechen, weil die Albaner diese Prüfung überstanden haben, acht Jahre sind vergangen seit der NATO-Intervention und Installierung der internationalen Verwaltung im Kosovo. Das ist nur eine Propaganda, dass diese Albaner so destruktiv wären. Wir wollen, dass auch Kosovo ein stinknormaler, langweiliger Ort wird, wie der Erweiterungskommissar Olli Rehn einmal gesagt hat.
Schulz: Europa ist ja noch gespalten, es gibt auch Staaten von den 27 Mitgliedsländern, die unentschlossen sind oder auch dagegen sind, eine Unabhängigkeitserklärung anzuerkennen.
Bukoshi: Ja.
Schulz: Welche Erwartungen haben Sie an Europa?
Bukoshi: Mittlerweile stelle ich fest, dass Europa, die Europäische Union, noch keine sehr klare Haltung hat, aber trotzdem: Die übergroße Mehrheit wird den Kosovo jetzt anerkennen oder akzeptieren, diese Realitäten. Und wenn wir Zypern noch eine Weile abwarten müssen, aber für uns ist es wichtig, dass die Hauptspieler Europas wie die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien und andere wichtige Faktoren den Ton zu diesem Prozess geben, und für den Rest werden wir Geduld haben abzuwarten.
Schulz: Mit welcher Reaktion von Serbien rechnen Sie?
Bukoshi: Mit keiner Reaktion. Vielleicht wird Serbien versuchen, mit dieser berühmten serbischen Unart, also diesem trotzigen Verhalten und retrograden politischen Denken, wie:, die Sache ist gelaufen. Es wäre gut für Serbien, die Realitäten anzuerkennen und gemeinsam, wie es von Europa angeboten wird, sogar diese Erweiterung das begrüße ich, dass Serbien auch diese Chance bekommt, auch ein stinknormaler langweiliger Ort auf dem Balkan zu werden.
Schulz: Wenn Sie sagen, das Kosovo soll ein stinknormaler Ort werden, ein langweiliger Ort - welche Vorstellungen haben Sie, wie es weitergehen soll nach einer Unabhängigkeitserklärung, einfach wirtschaftlich gesehen, mit Blick auf den Arbeitsmarkt, mit Blick auf die 50-prozentige Arbeitslosenquote?
Bukoshi: Ja, ich persönlich bin besorgt, was für ein Staat jetzt Kosovo sein wird nach der Unabhängigkeit, und ich mache mir keine Illusionen, dass es die Albaner selbst schaffen werden, sondern wir brauchen absolut immer noch, die großzügige Hilfe vom Westen, von der Europäischen Union, und ich freue mich sehr, dass, wenn die EU-Mission nach Kosovo kommen wird, auch mit einem Kontingent von Staatsanwälten und Richtern und Polizeispezialisten, damit wir einen Rechtsstaat im Kosovo haben und nicht einen Schurkenstaat. Das wäre dann katastrophal und sehr schlecht für die ganze Region und auch für Kosovo. Ich weiß, dass es einen Haufen von Problemen im Kosovo gibt wie Wirtschaftsprobleme, Wirtschaft ist runiert und alle andere Lebensbereiche befinden sich in einem katastrophalen Zustand. Diese UNMIK-Mission hat definitiv versagt, wenn wir von Wirtschaftsaspekten sprechen. Und jetzt hoffen wir, dass die europäische Mission anders und viel effektiver sein wird. Die albanische Gesellschaft ist wirklich bereit, einen eigenen, bescheidenen Beitrag zu leisten.
Schulz: Vielen Dank für diese Einschätzungen, Bujar Bukoshi war das, Abgeordneter für die LDK, für die Kosovo-Albaner in Pristina. Danke Ihnen.
Bukoshi: Ich bedanke mich auch.