
Es war absehbar, dass die zurückliegenden Reformen im Gesundheitswesen - und da ist von der Pflegeversicherung noch gar keine Rede - zu neuen Kostensteigerungen führen werden. Über Jahre hinweg hatten die Krankenkassen Überschüsse angehäuft und Rücklagen gebildet, die bereits über das gesetzlich vertretbare Maß hinausreichten.
2018 belief sich der Überschuss aller Kassen noch auf zwei Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hat sich das Bild erstmals seit vier Jahren wieder gewandelt und die Kassen berichten nach einer Abfrage der "Frankfurter Allgenmeinen Zeitung" erstmals wieder von einem Defizit von rund 1,6 Milliarden Euro, das sich unterschiedlich auf die einzelnen Träger verteilt.
Kein Kommentar vom Ministerium
Die Angaben beruhen auf den vorläufigen Erhebungen der Verbände unter ihren Mitgliedskassen, wie die "FAZ" weiter schreibt. Deshalb will das Bundesgesundheitsministerium diese vorläufige Erhebung auch noch nicht kommentieren:
"Bitte haben Sie Verständnis, dass wir die Zahlen nicht kommentieren. Das sind eigene Erhebungen der "FAZ". Wir werden das wie üblich im Rahmen einer Pressemitteilung Anfang März veröffentlichen und auch entsprechend einordnen. Insofern bitte ich Sie da noch um ein wenig Geduld", sagt Ministeriumssprecher Oliver Ewald.
Nicht viel anders lautet die Aussage des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen. Auch hier will man vor einer Stellungnahme die exakten Zahlen abwarten. Aber jenseits dieser exakten Zahlen dürfte die Tendenz eindeutig sein. Als wesentlicher Kostentreiber gelten die stark gestiegenen Leistungsausgaben, bei denen Zuwächse zwischen 3,6 und 5,6 Prozent verzeichnet werden. Dabei wird offenbar ein besonderer Ausgabenanstieg bei Medikamenten und Heilmitteln registriert.
Dem Milliardendefizit stehen Rücklagen gegenüber
Ulrike Elsner, die Vorsitzende des Ersatzkassenverbands VDEK, erklärte gegenüber der Zeitung: Die Zahlen würden zeigen, dass man in den nächsten Jahren das politische Augenmerk wieder stärker auf die Ausgabenentwicklung legen müsse.
Festzustellen bleibt aber auch, dass die Defizite zum Teil auch politisch gewollt waren, damit die Krankenkassen ihre erheblichen Reserven von zuletzt gut 21 Milliarden Euro abschmelzen. Gesundheitsminister Jens Spahn hat deshalb bereits mehrfach von einem "unechten Defizit" gesprochen.
Denn die Krankenkassen seien keine Sparkassen und "Beitragsgelder auch keine Spareinlagen", hatte Spahn Ende des vergangenen Jahres erklärt. Die Mindestreserve beläuft sich derzeit auf den vierfachen Betrag des gesetzlich vorgeschriebenen Volumens. Mit bevorstehenden Beitragssteigerungen ist daher erst einmal nicht zu rechen. Allenfalls werden einzelne Kassen die Zusatzbeiträge anpassen müssen.