Ein gutbürgerliches Wohnhaus in Berlin-Schmargendorf, an der Grenze zum Villenviertel Grunewald. Viel Grün, aber auch viel Verkehr an einer vierspurigen Hauptstraße. Im vierten Stock des Eckhauses wohnt seit Jahrzehnten der Komponist Aribert Reimann.
Flügeltüren, hohe Decken, Schreibtische und Bücherregale in den Wohnräumen. Ein Keyboard neben dem Schreibtisch im mittleren Zimmer, im Eckzimmer ein Flügel. Von hier führt eine weiße Wendeltreppe ins Dachgeschoss. Dort oben arbeitet Aribert Reimann zurzeit an einer neuen Oper, deren Titel er nicht verraten wird, weil die Aufführungsrechte noch nicht geklärt sind.
"Ja, das ist also hier der Grunewald. Ganz am Ende sieht man irgendwann den Grunewaldturm. Das heißt, man sieht ihn jetzt nicht, weil alles grün ist. Aber wenn da ganz hinten die Bäume leer sind, dann kann man den Grunewaldturm im Winter ein bisschen ausmachen. Und hier sieht man auf der anderen Seite, den Funkturm und auf den SFB und das ICC. Ja, und hier fühle ich mich eigentlich seit 30 Jahren sehr wohl."
Ein großer Schreibtisch steht hier in der, Dachkammer kann man gar nicht sagen, es ist schon ein großes, sehr helles Zimmer und sie haben den Grunewald zur Linken, sie schauen gar nicht direkt auf den Grunewald, wenn sie vor dem Notenpapier sitzen.
"Ja, den habe ich zur Linken, und wenn ich sitze, sehe ich natürlich nur Himmel und nicht den Funkturm. Aber es ist halt doch sehr schön. Grün ist es immer, auch im Winter, denn es sind so viele Kiefern vor dem Haus, dass diese grüne Sommerillusion auch im Winter bleibt. Es ist hier sehr ruhig. Man hört nichts von der Straße. Ich habe das alles schalldicht abschirmen lassen, auch die Fensterscheiben, und man kann sich hier unglaublich gut konzentrieren und es fällt mir daher auch schwer, woanders oder unterwegs zu komponieren, was ich natürlich auch gelegentlich getan habe, wenn ich länger an einem Ort bin. Wenn ich nur kurz bin, das ist dann im Endstadium eines Stückes, wo man ein paar Wochen weiter machen muss, auch wenn man ein paar Tage verreist. Aber hier ist eben alles zu Hause, es ist alles zusammen, und an diesem Zeichentisch fühle ich mich am wohlsten."
Auf diesem Zeichentisch eine ganze Batterie von Bleistiften, von grünen Bleistiften, ich kann die Marke gar nicht erkennen, gibt es ein von Ihnen ...
"Die übliche Faber-Castell 3 B, nicht zu dünn, nicht zu hart und auch nicht zu weich. Und mit einer elektrischen Anspitzmaschine. Wenn ich die jetzt anmache, dann gibt es ein Geräusch, und diese Maschine hat mir vor endlosen Jahren mal, das war noch in den 60er-Jahren Richard Rodney Bennett geschenkt, der englische Komponist und Filmkomponist, der ja zu viele Filmen die Musik geschrieben hat, zum Beispiel Mord im Orientexpress, und der hat mir die geschenkt, der war mal ein paar Tage bei mir. Und der hat mir dann gesagt, du musst die haben, ich habe die auch. Du glaubst gar nicht, wie oft ich am Tag dann den Bleistift in diese Maschine stecke. Du wirst viel, viel mehr komponieren, weil du immer wieder Lust hast und du hast einen gespitzten Bleistift. Und da ist was dran."
Das ist die Frage, die sich jetzt aufdrängt: Hat das funktioniert, sind sie produktiver, seit sie diese Bleistiftspitzmaschine haben?
"Es ist sehr komisch. Man schreibt, und plötzlich stellt man fest, ach Gott, jetzt wird der zu weich. Der Gang dann zum üblichen Anspitzer, der dann ist dann ja ziemlich blöd. Man macht einfach so und schon geht es weiter. Dieses Ding habe ich nun auch schon über 40 Jahre, und so hat mich das auch hierher begleitet nach meinem letzten Umzug, der aber auch schon über 45 Jahre zurückliegt."
Auf dem Schreibtisch, in der Komponistenwerkstatt, also in ihrer Komponistenwerkstatt, sieht man einige Plüschtiere, Maskottchen, Glücksbringer. Was haben sie hier versammelt?
"Ach Gott, das ist ein bisschen unordentlich hier. Das heißt, ordentlich ist alles, womit die Arbeit zu tun hat, und so ein paar kleine Dingerchen, die stehen hier. Das sind eben zwei Geschenke von einem Menschen, der mir sehr lieb ist und mir sehr viel wert ist, und die stehen eben da und beobachten, und die müssen immer ihren richtigen Platz haben. Zum Beispiel der, der schaut mich dann immer an. Und was habe ich hier noch? Das sind zwei Hälften. Hier links, wo ich den Blick auf den Wald habe, da komponiere ich auf der Seite, und da, das ist im Moment nicht weiter benutzt, das was ich komponiere habe, da wird demnächst die Partitur ausgeschrieben. Sodass ich also hier die eine Arbeitsfläche habe und dann dort das Partiturschreiben beginnt, was ich dann meistens abends bis in die Nacht mache, sodass alles hier oben mehr oder weniger stattfindet."
Hier liegen dutzendweise Bleistifte auf ihrem Schreibtisch, aber es liegen auch ganz verschiedene Arten Notenpapier hier. Gibt es da ein Notenpapier, das sie bevorzugen? Ich sehe transparentes Notenpapier, vor ihnen direkt liegt Notenpapier mit zwanzig Systemen, in das sie offenbar das Particell schreiben. Welches Papier ist für welche Phase der Arbeit nötig?
"Das ist das ganz normale, alte Starpapier, zwanzig Systeme, das finde ich immer für ein Particell sehr schön, denn die Abstände sind groß genug, um dazwischen eben viele Noten unterzukriegen oder auch den Text. Das ist Bleistift und das harte Papier, das normale. Und dann schreibe ich die Partitur auf Transparentpapier. Das bekomme ich dann von meinem Verlag zugeschickt. Das hat den großen Vorteil, beim Particell kann ich radieren, wenn ich mit Bleistift schreibe, ist ja kein Problem. Aber beim Transparentpapier, da kann ich mit einer Rasierklinge ganz wunderbar das ausradieren, wenn ich mich verschrieben habe oder etwas ändere. Das kommt ja immer wieder vor, und das sieht man dann nicht in der Kopie, das ist dann ganz wunderbar. Diese Transparente schicke ich dann per Rolle an den Verlag in Mainz und da wird das kopiert. Gott sei Dank gibt es das noch, denn ich habe keine Lust mich umzustellen und auch noch über den Computer die Noten zu schreiben. Und da schreibe ich dann mit Tinte. Das ist eine spezielle Tinte und ein spezieller Federhalter, ein Isograph, der eine bestimmte Feder hat und mit der kann man wunderbar Noten schreiben."
Der gleiche Stift, mit dem auch Architekten früher am Reißbrett geschrieben haben.
"Ja, das ist ein Rapidograph, und der geht bei Noten für mich aber nicht, denn da muss man große Linien ziehen und bei uns ist das ja kleinkariert und da fängt der an zu tropfen. Und der Isograph ist einfach nach wie vor optimal."
Wie viel ist davon Inspiration, wie viel ist Handwerk, wie viel ist auch schlicht Erfahrung? Es ist ja bei Weitem nicht die erste Oper, die sie schreiben.
"Man muss eine Vorstellung haben. Und wenn man die nicht hat, dann braucht man gar nicht anzufangen. Ich muss lange vorher wissen, abgesehen davon, wie fange ich an. Das dauert manchmal sehr lange. Manchmal hat man einen Anfang und dann ist man gar nicht damit zufrieden. Gerade bei diesem Stück hat es auch schon einen anderen Anfang gegeben, den ich dann schlecht fand und dann habe ich wieder neu angefangen. Und dann muss man sich mit dem anfreunden. Das ist dann die Grundvorstellung oder die Grundinspiration, wenn man das so sagen will, gewesen, und dann hilft einem natürlich das Handwerk des Arbeitens, des Komponierens überhaupt. Denn das findet ja doch auf dem Papier statt. Wenn ich eine klangliche Vorstellung habe, muss ich aber das, was ich höre, erstmal organisieren, und das Organisieren ist natürlich strengstes Handwerk, das ist ganz klar. Das ist ein entscheidender Schritt, und dann ist es auch, man kommt in der Komposition an eine bestimmte Stelle und ist froh, dass man angekommen ist an der Stelle, wo man hin wollte. Und dann stellt sich sehr oft die Frage, aber wie komme ich davon wieder weg, ohne dass es einen Bruch gibt. Es muss organisch sein. Das Hinkommen war organisch und das Zurückgehen, das Weiterentwickeln, das muss genauso organisch verlaufen, und das ist manchmal das Allerschwierigste.""
Wir sind hier im Komponierzimmer ihrer Privatwohnung, eine Berliner bürgerliche Altbauwohnung, man hat einen sehr idyllischen Blick auf den Grunewald, es ist sehr ruhig hier. Das passt ja fast gar nicht zusammen mit ihrer Musik. Wenn man an Troades denkt, an Lear mit den großen dramatischen Ausbrüchen, die man gerade wieder an der Staatsoper in Hamburg hören konnte. Es gibt sehr brutale Stoffe, es gibt auch sehr brutale Musik von ihnen mit sehr dramatischer Wucht, und dann sitzt man hier in dieser idyllischen Komponierstube und kann sich durchaus wundern, dass das hier aufs Papier gekommen ist. Wo kommt das alles her?
"Das kommt aus mir. Ich kann das ja nur aufschreiben, das was an Dröhnen in meinem Kopf oder in mir vor sich geht, wenn es ganz ruhig ist. Ich würde ja von jedem Außenklang abgelenkt, das geht ja gar nicht. Es gibt ja auch einige, die können in einem Café komponieren oder sonst wo, das wäre mir ganz unmöglich. Nur in der Stille kann sich ja dieses Dröhnen entfalten, und dann kann ich auch diesem Dröhnen nachgehen und das aufschreiben, aber das kommt ja alles aus mir heraus. Und alles andere wäre eine fürchterliche Störung von außen und dann könnte ich gar nicht weiterkomponieren."
Flügeltüren, hohe Decken, Schreibtische und Bücherregale in den Wohnräumen. Ein Keyboard neben dem Schreibtisch im mittleren Zimmer, im Eckzimmer ein Flügel. Von hier führt eine weiße Wendeltreppe ins Dachgeschoss. Dort oben arbeitet Aribert Reimann zurzeit an einer neuen Oper, deren Titel er nicht verraten wird, weil die Aufführungsrechte noch nicht geklärt sind.
"Ja, das ist also hier der Grunewald. Ganz am Ende sieht man irgendwann den Grunewaldturm. Das heißt, man sieht ihn jetzt nicht, weil alles grün ist. Aber wenn da ganz hinten die Bäume leer sind, dann kann man den Grunewaldturm im Winter ein bisschen ausmachen. Und hier sieht man auf der anderen Seite, den Funkturm und auf den SFB und das ICC. Ja, und hier fühle ich mich eigentlich seit 30 Jahren sehr wohl."
Ein großer Schreibtisch steht hier in der, Dachkammer kann man gar nicht sagen, es ist schon ein großes, sehr helles Zimmer und sie haben den Grunewald zur Linken, sie schauen gar nicht direkt auf den Grunewald, wenn sie vor dem Notenpapier sitzen.
"Ja, den habe ich zur Linken, und wenn ich sitze, sehe ich natürlich nur Himmel und nicht den Funkturm. Aber es ist halt doch sehr schön. Grün ist es immer, auch im Winter, denn es sind so viele Kiefern vor dem Haus, dass diese grüne Sommerillusion auch im Winter bleibt. Es ist hier sehr ruhig. Man hört nichts von der Straße. Ich habe das alles schalldicht abschirmen lassen, auch die Fensterscheiben, und man kann sich hier unglaublich gut konzentrieren und es fällt mir daher auch schwer, woanders oder unterwegs zu komponieren, was ich natürlich auch gelegentlich getan habe, wenn ich länger an einem Ort bin. Wenn ich nur kurz bin, das ist dann im Endstadium eines Stückes, wo man ein paar Wochen weiter machen muss, auch wenn man ein paar Tage verreist. Aber hier ist eben alles zu Hause, es ist alles zusammen, und an diesem Zeichentisch fühle ich mich am wohlsten."
Auf diesem Zeichentisch eine ganze Batterie von Bleistiften, von grünen Bleistiften, ich kann die Marke gar nicht erkennen, gibt es ein von Ihnen ...
"Die übliche Faber-Castell 3 B, nicht zu dünn, nicht zu hart und auch nicht zu weich. Und mit einer elektrischen Anspitzmaschine. Wenn ich die jetzt anmache, dann gibt es ein Geräusch, und diese Maschine hat mir vor endlosen Jahren mal, das war noch in den 60er-Jahren Richard Rodney Bennett geschenkt, der englische Komponist und Filmkomponist, der ja zu viele Filmen die Musik geschrieben hat, zum Beispiel Mord im Orientexpress, und der hat mir die geschenkt, der war mal ein paar Tage bei mir. Und der hat mir dann gesagt, du musst die haben, ich habe die auch. Du glaubst gar nicht, wie oft ich am Tag dann den Bleistift in diese Maschine stecke. Du wirst viel, viel mehr komponieren, weil du immer wieder Lust hast und du hast einen gespitzten Bleistift. Und da ist was dran."
Das ist die Frage, die sich jetzt aufdrängt: Hat das funktioniert, sind sie produktiver, seit sie diese Bleistiftspitzmaschine haben?
"Es ist sehr komisch. Man schreibt, und plötzlich stellt man fest, ach Gott, jetzt wird der zu weich. Der Gang dann zum üblichen Anspitzer, der dann ist dann ja ziemlich blöd. Man macht einfach so und schon geht es weiter. Dieses Ding habe ich nun auch schon über 40 Jahre, und so hat mich das auch hierher begleitet nach meinem letzten Umzug, der aber auch schon über 45 Jahre zurückliegt."
Auf dem Schreibtisch, in der Komponistenwerkstatt, also in ihrer Komponistenwerkstatt, sieht man einige Plüschtiere, Maskottchen, Glücksbringer. Was haben sie hier versammelt?
"Ach Gott, das ist ein bisschen unordentlich hier. Das heißt, ordentlich ist alles, womit die Arbeit zu tun hat, und so ein paar kleine Dingerchen, die stehen hier. Das sind eben zwei Geschenke von einem Menschen, der mir sehr lieb ist und mir sehr viel wert ist, und die stehen eben da und beobachten, und die müssen immer ihren richtigen Platz haben. Zum Beispiel der, der schaut mich dann immer an. Und was habe ich hier noch? Das sind zwei Hälften. Hier links, wo ich den Blick auf den Wald habe, da komponiere ich auf der Seite, und da, das ist im Moment nicht weiter benutzt, das was ich komponiere habe, da wird demnächst die Partitur ausgeschrieben. Sodass ich also hier die eine Arbeitsfläche habe und dann dort das Partiturschreiben beginnt, was ich dann meistens abends bis in die Nacht mache, sodass alles hier oben mehr oder weniger stattfindet."
Hier liegen dutzendweise Bleistifte auf ihrem Schreibtisch, aber es liegen auch ganz verschiedene Arten Notenpapier hier. Gibt es da ein Notenpapier, das sie bevorzugen? Ich sehe transparentes Notenpapier, vor ihnen direkt liegt Notenpapier mit zwanzig Systemen, in das sie offenbar das Particell schreiben. Welches Papier ist für welche Phase der Arbeit nötig?
"Das ist das ganz normale, alte Starpapier, zwanzig Systeme, das finde ich immer für ein Particell sehr schön, denn die Abstände sind groß genug, um dazwischen eben viele Noten unterzukriegen oder auch den Text. Das ist Bleistift und das harte Papier, das normale. Und dann schreibe ich die Partitur auf Transparentpapier. Das bekomme ich dann von meinem Verlag zugeschickt. Das hat den großen Vorteil, beim Particell kann ich radieren, wenn ich mit Bleistift schreibe, ist ja kein Problem. Aber beim Transparentpapier, da kann ich mit einer Rasierklinge ganz wunderbar das ausradieren, wenn ich mich verschrieben habe oder etwas ändere. Das kommt ja immer wieder vor, und das sieht man dann nicht in der Kopie, das ist dann ganz wunderbar. Diese Transparente schicke ich dann per Rolle an den Verlag in Mainz und da wird das kopiert. Gott sei Dank gibt es das noch, denn ich habe keine Lust mich umzustellen und auch noch über den Computer die Noten zu schreiben. Und da schreibe ich dann mit Tinte. Das ist eine spezielle Tinte und ein spezieller Federhalter, ein Isograph, der eine bestimmte Feder hat und mit der kann man wunderbar Noten schreiben."
Der gleiche Stift, mit dem auch Architekten früher am Reißbrett geschrieben haben.
"Ja, das ist ein Rapidograph, und der geht bei Noten für mich aber nicht, denn da muss man große Linien ziehen und bei uns ist das ja kleinkariert und da fängt der an zu tropfen. Und der Isograph ist einfach nach wie vor optimal."
Wie viel ist davon Inspiration, wie viel ist Handwerk, wie viel ist auch schlicht Erfahrung? Es ist ja bei Weitem nicht die erste Oper, die sie schreiben.
"Man muss eine Vorstellung haben. Und wenn man die nicht hat, dann braucht man gar nicht anzufangen. Ich muss lange vorher wissen, abgesehen davon, wie fange ich an. Das dauert manchmal sehr lange. Manchmal hat man einen Anfang und dann ist man gar nicht damit zufrieden. Gerade bei diesem Stück hat es auch schon einen anderen Anfang gegeben, den ich dann schlecht fand und dann habe ich wieder neu angefangen. Und dann muss man sich mit dem anfreunden. Das ist dann die Grundvorstellung oder die Grundinspiration, wenn man das so sagen will, gewesen, und dann hilft einem natürlich das Handwerk des Arbeitens, des Komponierens überhaupt. Denn das findet ja doch auf dem Papier statt. Wenn ich eine klangliche Vorstellung habe, muss ich aber das, was ich höre, erstmal organisieren, und das Organisieren ist natürlich strengstes Handwerk, das ist ganz klar. Das ist ein entscheidender Schritt, und dann ist es auch, man kommt in der Komposition an eine bestimmte Stelle und ist froh, dass man angekommen ist an der Stelle, wo man hin wollte. Und dann stellt sich sehr oft die Frage, aber wie komme ich davon wieder weg, ohne dass es einen Bruch gibt. Es muss organisch sein. Das Hinkommen war organisch und das Zurückgehen, das Weiterentwickeln, das muss genauso organisch verlaufen, und das ist manchmal das Allerschwierigste.""
Wir sind hier im Komponierzimmer ihrer Privatwohnung, eine Berliner bürgerliche Altbauwohnung, man hat einen sehr idyllischen Blick auf den Grunewald, es ist sehr ruhig hier. Das passt ja fast gar nicht zusammen mit ihrer Musik. Wenn man an Troades denkt, an Lear mit den großen dramatischen Ausbrüchen, die man gerade wieder an der Staatsoper in Hamburg hören konnte. Es gibt sehr brutale Stoffe, es gibt auch sehr brutale Musik von ihnen mit sehr dramatischer Wucht, und dann sitzt man hier in dieser idyllischen Komponierstube und kann sich durchaus wundern, dass das hier aufs Papier gekommen ist. Wo kommt das alles her?
"Das kommt aus mir. Ich kann das ja nur aufschreiben, das was an Dröhnen in meinem Kopf oder in mir vor sich geht, wenn es ganz ruhig ist. Ich würde ja von jedem Außenklang abgelenkt, das geht ja gar nicht. Es gibt ja auch einige, die können in einem Café komponieren oder sonst wo, das wäre mir ganz unmöglich. Nur in der Stille kann sich ja dieses Dröhnen entfalten, und dann kann ich auch diesem Dröhnen nachgehen und das aufschreiben, aber das kommt ja alles aus mir heraus. Und alles andere wäre eine fürchterliche Störung von außen und dann könnte ich gar nicht weiterkomponieren."