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Krebserkrankung eines Klägers
Nach Glyphosat-Urteil: Luxemburgs Regierung will Verbot

Ende 2018 erkannte ein Luxemburger Gericht das Krebsleiden eines Klägers als Berufskrankheit an und stufte glyphosathaltige Herbizide als Risikofaktor ein. Luxemburgs Regierung war bereits 2017 gegen die EU-weite Zulassungsverlängerung für Glyphosat, jetzt greift sie zum Verbot.

Von Tonia Koch | 05.04.2019
Ein Landwirt bringt das Pflanzenschutzmittel Glyphosat auf einem Feld aus.
Ein Landwirt bringt das Pflanzenschutzmittel Glyphosat auf einem Feld aus. (Sven Simon)
Jean-Jacques Schonkert ist Rechtsanwalt im Großherzogtum Luxemburg und er hat vor dem Sozialgericht des Landes einen Punktsieg gelandet. Denn es ist ihm gelungen, dass das Gericht die Krebserkrankung seines Mandanten, als Berufskrankheit anerkannt hat.
"Meine Behauptung war, dieser Krebs ist in direktem Zusammenhang mit seiner Arbeit, er hat über einen längeren Zeitraum ungeschützt mit Glyphosat gewerkelt."
Weil der Kläger den direkten kausalen Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und dem berufsbedingten Einsatz des glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittels nicht nachweisen konnte, entschied das Sozialgericht zunächst gegen ihn, erst in zweiter Instanz wendete sich das Blatt zugunsten des Klägers. Jean-Jacques Schonkert.
"Es genügt, dass das Risiko besteht, dass es eventuell dadurch bedingt wird."
Meilenstein in der luxemburgischen Rechtsprechung
Für den Rechtsanwalt, ein Meilenstein in der luxemburgischen Rechtsprechung.
"Diese direkte Kausalität wurde jahrzehntelang angewendet und die wurde jetzt nuanciert, weil eben da dieser Druck von außen war, ich habe dem Gericht auch die Akten aus Amerika vorgelegt. Und ich muss sagen, allen Respekt für den Luxemburger Richter, denn er hat Verantwortung genommen, weil, er hätte sich auch hinter der jahrzehntelangen Jurisprudenz verstecken können, was er nicht gemacht hat. Ich glaube da sind wir Vorreiter."
Wäre es in seinem Fall nicht um Glyphosat, sondern um ein anderes Unkrautvernichtungsmittel gegangen, ist sich Schonkert nicht sicher, ob bei den Richtern die gleiche Sensibilität vorgeherrscht hätte. Glyphosat sei – trotz gültiger Zulassung - mit einer Art Malus versehen. Auch die grüne Umweltministerin Luxemburgs, Carole Dieschbourg, ist überzeugt, dass Urteile, die insbesondere in den USA bislang zu Glyphosat gesprochen wurden und wohl noch werden, ihre Wirkung nicht verfehlen.
"Ich glaube, dass so ein Urteil ein Anlass ist für die Politik, erneut einen Anlauf zu nehmen, gemeinsam mit der Landwirtschaft den Ausstieg aus Pestiziden zu planen."
Glyphosat auf nationaler Ebene verbieten
Luxemburgs Regierung hat bereits entschieden, bis Ende 2020 die Anwendung von Glyphosat auf nationaler Ebene komplett zu verbieten. Bislang war dies nur auf öffentlichen Flächen der Fall. Und das bedeutet, dass die Regierung bei einer Reihe von Anwendern, angefangen von Privathaushalten, über die Bahn bis hin zu den Landwirten Überzeugungsarbeit leisten muss.
"Die jungen Bauern sind bereit, neue Wege zu gehen, aber ich erwarte nicht, dass wir bereits alle Bauern jetzt schon auf unserer Seite hätten."
Die luxemburgischen Bemühungen, Glyphosat auf europäischer Ebene zu Fall zu bringen, waren im November 2017 nicht zuletzt am damaligen deutschen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gescheitert. Der CSU-Politiker hatte trotz anderslautender Absprachen in der Regierungskoalition in Brüssel dafür gestimmt, die EU-Zulassung für Glyphosat um weitere fünf Jahre zu verlängern. Aber nur eine Enthaltung Deutschlands hätte den Glyphosatgegnern, darunter neben Luxemburg unter anderem auch Frankreich, Belgien, Österreich und Italien zum Erfolg verholfen. Carole Dieschbourg.
"Wir haben den letzten Kampf verloren, Deutschland war damals eingeknickt, leider Gottes, aber wir kämpfen weiter."
Auch für Rechtsanwalt Schonkert ist das Thema Glyphosat noch nicht beendet. Er hat Klage gegen Unbekannt eingereicht. Denn nicht nur die verschiedenen Hersteller glyphosathaltiger Herbizide müssten zur Rechenschaft gezogen werden, so sich der Verdacht erhärtet, dass dieses Gift tatsächlich krank macht, sondern auch all diejenigen, die die Produkte auf dem europäischen Markt vertreiben. Ob es zu einem Strafprozess kommt, ist noch nicht sicher, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dauern noch an.