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Kretschmer: Mit dem Landesvorsitzenden kann man werben

Wie in Nordrhein-Westfalen soll auch in Sachsen die CDU Gespräche mit dem dortigen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich gegen Geld angeboten haben. Michael Kretschmer, Generalsekretär der Sachsen-CDU, sagt, es wurde nicht mit dem Ministerpräsidenten Tillich geworben, sondern mit dem Parteivorsitzenden.

Michael Kretschmer im Gespräch mit Friedbert Meurer | 01.03.2010
    Friedbert Meurer: In Berlin streiten sich Union und FDP in diesen Tagen um Kurs und Stil in der Koalition und in Nordrhein-Westfalen hat die Landes-CDU drei Monate vor der Landtagswahl eine handfeste Sponsoring-Affäre ausgelöst. Heute zitiert der "Spiegel" aus ähnlichen Verträgen, die es bei der sächsischen CDU geben soll. Sie bietet angeblich Ministerpräsident Stanislaw Tillich ebenfalls gegen Geld als Gesprächspartner an. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt gestern Abend nun in der ARD klar:

    O-Ton Angela Merkel: Ich glaube, dass es darauf ankommt, dass man nicht die Ämter verwechselt. Natürlich haben wir auch überall Sponsoring, das ist ja auch legal, aber ich darf – und das ist, glaube ich, auch jetzt den Betroffenen klar -, nicht das Amt des Ministerpräsidenten vermischen mit dem Sponsoring und den Eindruck erwecken, als würde mit diesem Amt geworben. Das geht nicht.

    Meurer: Die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Heute Abend nun veranstaltet die sächsische CDU einen Kongress mit dem Titel "Denkfabrik Sachsen" und dort wird Sponsoring angeboten bei Präsentationsstufe zwei. Zum Beispiel für 1900 Euro gibt es danach ein Anrecht auf ein Foto mit Ministerpräsident Tillich und bei Stufe drei – die kostet immerhin 3900 Euro – auch ein kurzes Gespräch mit dem Regierungschef. Am Telefon begrüße ich nun Michael Kretschmer, er ist der Generalsekretär der sächsischen CDU. Guten Morgen, Herr Kretschmer.

    Michael Kretschmer: Guten Morgen.

    Meurer: Muss Ihnen die Kanzlerin erklären, dass man nicht den Ministerpräsidenten als Gesprächspartner feilbieten darf?

    Kretschmer: Nein. Die Kanzlerin hat wie immer Recht und da haben wir auch sehr genau drauf geachtet. Wenn das der Maßstab ist – und das ist er ja auch -, ob rechtlich alles in Ordnung ist, dann hätte es in Sachsen überhaupt keine Aufregung geben dürfen. Wir haben explizit – und das habe ich auch absichtlich gemacht und auch darauf geachtet – immer nur den Landesvorsitzenden Stanislaw Tillich erwähnt, weil beispielsweise genau dieser Punkt ja in der Vergangenheit auch an anderen Stellen schon mal Thema war und kritisiert worden ist. Es ist vollkommen klar: hier muss man trennen zwischen dem Amt und dem Mandat, und mit dem Landesvorsitzenden kann man selbstverständlich oder muss man ja auch werben, das ist er ja nun mal.

    Meurer: Also Sie behaupten, in den Verträgen wird der Landesvorsitzende Stanislaw Tillich angeboten und kein Wort, dass er auch Ministerpräsident ist?

    Kretschmer: Es gibt ein Gespräch mit dem Landesvorsitzenden Stanislaw Tillich und wenn da gesagt wird, es wird dort mit dem Ministerpräsidenten geworben, dann ist das schlichtweg falsch.

    Meurer: Aber jeder weiß, dass er Ministerpräsident ist?

    Kretschmer: Ja, natürlich. Aber ich meine, die Frage ist ja, ob man jetzt mit dem Ministerpräsidenten wirbt, oder mit dem Landesvorsitzenden. Das ist natürlich ein Unterschied. Ich kenne die Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen nicht. Das, was ich über die Medien erfahren habe, ist, dass dort geworben wurde mit einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten. Dann ist das etwas anderes!

    Meurer: Aber ich gebe die Verträge, oder der "Spiegel" gibt die Verträge korrekt wieder, Herr Kretschmer, wenn er sagt, also bei der einen Präsentationsstufe ist ein Gespräch mit Stanislaw Tillich inklusiv und bei der anderen eben nicht?

    Kretschmer: Jetzt ist natürlich immer nur die Frage, welches Detail man jetzt von einem Vertrag zitiert. Richtig ist folgendes: Wir haben eine Praxis, dass wir jeden Informationsstand besuchen, guten Tag sagen, ein Foto machen, das dauert dann eineinhalb Minuten, und wir haben diese vier Präsentationsstufen, bei denen die ersten zwei eine reine Verwendung des Logos, also des Firmennamens ist. Da gibt es also keinen Stand. Und die anderen beiden Stufen sind ein Stand, und dann gehen wir selbstverständlich vorbei – das wird man heute Abend auch sehen -, sagen den Ausstellern guten Tag, bedanken uns auch dafür, dass sie da sind. Von daher: der Eindruck, man könnte jetzt also mit mehr Geld ein Gespräch kaufen oder ein längeres Gespräch, ist schlichtweg falsch.

    Meurer: Aber das steht doch drin mit dem kurzen Gespräch. Es steht drin: in der Präsentationsstufe drei ein kurzes Gespräch. Sie sagen, nicht mit dem Ministerpräsidenten, sondern mit der identischen Person, dem Landesvorsitzenden.

    Kretschmer: Ja, aber die Frage ist ja, ob man jetzt für mehr Geld ein längeres Gespräch kaufen kann, und das was ich auch in den vergangenen Wochen gehört habe, ist ja die Frage, ob man ein exklusives Gespräch hinter verschlossenen Türen... noch einmal: wir machen einen Rundgang, und den wird es heute Abend auch geben, sagen den Ausstellern guten Tag. Das ist das, was ein kurzes Gespräch sagen soll. Das wissen diejenigen, die auch schon einige Male dabei waren, auch.

    Meurer: Also das kurze Gespräch – Entschuldigung, Herr Kretschmer -, das steht in dem Vertrag drin, ein kurzes Gespräch?

    Kretschmer: Es steht ein kurzes Gespräch mit dem Landesvorsitzenden drin. Das ist ja das, was auch kritisiert worden ist, wo ich jetzt auch gesagt habe, wir werden das in Zukunft rausnehmen, weil ich diese Skandalisierung, die jetzt schon eine ganze Zeit lang läuft, natürlich nicht möchte. Ich möchte ein Sponsoring haben, wo es diese Fragen nicht gibt. Auf der anderen Seite muss ich noch einmal sagen: wir haben das rechtlich geprüft und werden das auch noch einmal machen, angesichts dieser Debatte. Ich bin mir sehr sicher, dass das rechtlich alles in Ordnung ist.

    Meurer: Dann könnten Sie es doch weiter so handhaben?

    Kretschmer: Ja, aber ich meine, Sie wissen ja, in der Politik ist es auch so, dass man allein den Anschein vermeiden muss und man nicht nur von dem abhängig ist, was rechtlich korrekt ist, sondern eben auch von Missinterpretationen, die versucht werden, auch bösartig zu machen. Ich meine, hier geht es doch in der Tat darum, wenn man sagt, Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, das ist eine öffentliche Person, genauso wie das Foto. Man hat jeder Zeit die Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Alleine heute Abend findet die Veranstaltung statt, jeder der Fragen hat könnte heute Abend vorbei kommen, sich das anschauen und sich eine eigene Meinung bilden. Stattdessen sind wir hier Verdächtigungen ausgesetzt, die wir nur zurückweisen können. Noch einmal: jeder der da war kennt die Praxis und weiß, was damit auch gemeint ist.

    Meurer: Sie sagen, Herr Kretschmer, Sie trennen sauber zwischen Partei und Ministerpräsident in Sachsen. Jetzt gibt es noch einen zweiten Vorgang, nämlich der Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident einen Brief geschrieben an die Bediensteten der Staatskanzlei, an die Landesbediensteten, und jetzt zitiere ich einmal, jedenfalls das Zitat, was mir vorliegt: "Wir haben die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil Sie in der Verwaltung unsere politischen Ideen umsetzen. Ich danke Ihnen ganz persönlich für Ihren Anteil am erfolgreichen Wahljahr 2009." Ist das eine klare Verquickung, wenn der Ministerpräsident sich für seinen Wahlerfolg bedankt, den Wahlerfolg der CDU?

    Kretschmer: Gut, er hat da als Ministerpräsident geschrieben und hat einen Weihnachtsbrief gemacht, hat sich bedankt für die Arbeit der Landesbediensteten. Ich glaube, dass auch da jedem klar ist: er ist der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen und seiner Staatsregierung, und diese wäre nicht im Amt, wenn nicht auch vernünftig gearbeitet worden wäre.

    Meurer: Aber viele, zumindest einige Staatsbedienstete sagen, ich bin nicht dafür da, Wahlkampf für die CDU zu machen, und es gibt ja auch einige Proteste jetzt.

    Kretschmer: Nein. Das ist auch damit nicht gemeint. Es ist in Sachsen auch hinlänglich ausgewertet worden. Ich glaube, dass die überwiegende Zahl der Leute genau weiß, was damit gemeint ist, nämlich ein herzliches Dankeschön an die Landesbediensteten, die ordentlich gearbeitet haben, und es ist ja auch häufig so, dass gerade die immer wieder kritisiert werden und mit Hohn und Spott überzogen werden. Wenn einmal im Jahr dann der oberste Dienstherr sagt, danke für das, was Sie getan haben, halte ich das für mehr als in Ordnung.

    Meurer: Herr Kretschmer, in Düsseldorf gab es einen Rücktritt des Landesgeschäftsführers. Schließen Sie den aus bei Ihnen in Dresden, also Ihren eigenen Rücktritt?

    Kretschmer: Ja, und zwar deswegen, weil die Dinge – wir werden sie noch einmal rechtlich prüfen – in Sachsen in Ordnung sind. Ich kenne den Vergleich jetzt zu Nordrhein-Westfalen nur durch die Medien, muss feststellen die letzten 48 Stunden, ich habe vieles erklärt, ich bin keinem Gespräch aus dem Weg gegangen. Das was ich lese, sind zum Teil wirklich falsche Fakten, und von daher äußere ich mich jetzt auch nicht mehr zu Nordrhein-Westfalen, weil ich mir mittlerweile auch nicht mehr sicher bin, ob ich da den aktuellen Stand habe. Noch einmal: das was wir in Sachsen gemacht haben und heute Abend auch passiert, ist in Ordnung. Jeder kann heute Abend auch vorbei kommen und sich das angucken, 18 Uhr auf dem Flughafen in Dresden.

    Meurer: Michael Kretschmer, Generalsekretär der sächsischen CDU, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Herr Kretschmer, besten Dank und auf Wiederhören!

    Kretschmer: Auf Wiederhören.