Birke hat bei einem Bombenangriff ein Ohr verloren. Seinen Kameraden Patrick traf es tödlich. Jetzt ist Birke zurück in Europa und kann, wie so viele Heimkehrer aus Einsätzen der modernen, "Friedensmissionen" genannten Kriege, an die Normalität nicht mehr anknüpfen. Die traumatische Erfahrung hat seine Persönlichkeit verändert, alles, auch sein Leben vor dem Einsatz, scheint ihm unwirklich geworden zu sein. Und weder seinen Angehörigen noch flüchtigen Bekannten ist das Erlebte vermittelbar.
"Auf einmal fragt mich jeder, wie es mir geht, aber die Antwort scheint sie alle zu langweilen. Eigentlich direkt nachdem sie mich ‚Wie geht’s?‘ gefragt haben werden sie anscheinend taub, obwohl doch eigentlich ich derjenige bin, der nichts mehr hört. Also auf einer Seite. Hier, auf dieser. Man erwartet von mir, dass ich eine Geschichte draus mache, aus meiner Gemütsverfassung, dass ich eine Geschichte draus mache mit einem Happy End in Sichtweite."
Nach Geschichten wird gefragt, also genau nach dieser narrativen Form, die immer schon in das Chaos des Lebens die Ordnung der Sprache einführte, nachträglich selbst disparateste Ereignisse in die schöne Logik einer Biografie, einer Lebensgeschichte bringt. Ohne Geschichten und ohne die Sprache ist die Erinnerung nicht zu ertragen. Birke aber, so schildert es das Stück des holländischen Autors zunächst als langes Solo, kann für das Erlebte keine Worte finden, seine Sprache scheitert in ihrer Funktion das individuelle Leid für andere zu verallgemeinern. Thorsten Hierse spielt den jungen NATO-Soldaten, aus dem die Worte immer wieder unvermittelt herausbrechen wie unkontrollierbares Aufschreien. Unter den rohen schwarz gestrichenen Brettern, die die Bühne im kleinen Spielraum bedecken wird später Sand sichtbar, Sand von dem der Ex-Soldat behauptet, er rinne ihm statt Blut durch die Adern.
Mit einer zweiten Figur, dem älteren Bouwman, soll das traumatische Erleben von Birkes blutigem Einsatz in Afghanistan eine historische Dimension bekommen. Vor gleißenden Scheinwerfern bauscht sich der dünne Stoff eines Fallschirms, schließlich entwindet sich ihm ein etwas selbstmitleidiger Jörg Pose und erzählt vom trojanischen Krieg, dem Urmuster und Archetyp für die abendländische Erzählung vom Krieg. Eine Erzählung, die für das Trauma und das anonyme Leid der nicht prominenten Kämpfer keine Worte hat. Außerdem ist dieser Bouwman selbst Soldat und wie sich herausstellt, Vater von Birkes gefallenem Kameraden. Auch er kann in der Normalität nicht mehr Fuß fassen. Trägt Birke an Patricks Tod eine Mitschuld? Was ist es, das nach Kriegseinsätzen die Versöhnung unmöglich macht, das Ende der unerträglichen Selbstvorwürfe? Birkes Schilderungen machen deutlich: Der Krieg ist eine Erfahrung, die den Einzelnen aus seinem gesellschaftlichen Zusammenhang herausbricht und in den Zustand absoluter Einsamkeit versetzt.
"Du weißt nicht, wo sie stecken, aber irgendwo müssen sie ja sein. Und da ist niemand, der dir hilft, du bist da, um denen zu helfen, aber keine einzige Tür steht offen und niemand wartet im Innenhof auf dich, niemand, der sagt: ‚Schön, dass du da bist. Da ist das Arschloch. Hol ihn dir. Töte ihn.‘ Da ist nur der Wind, der zärtlich mit einem weißen, gespannten Tuch spielt."
Rik von den Bos konfrontiert den Heimkehrer nicht mit seinen Mitmenschen daheim, zeigt nicht die scheiternden Versuche der Verständigung von Soldaten und Zivilisten, sondern er entwickelt mit den beiden Protagonisten ein Paralleluniversum, in dem nur noch der Krieg und seine Schrecken zählen. Für Bouwman und Birke wird er nie mehr aufhören. Seine Zerstörungen enden nicht am Tag von Waffenstillstand und Friedensvereinbarung. Birke jedenfalls, der den blutigen Einsatz nicht verarbeiten kann, zieht am Ende Bouwmans Uniform an und kehrt an den Ort der Angst zurück. Eine psychoanalytische Volte: Bewältigung des Traumas durch Rückkehr an den Ort des Schreckens. Der Ausgang bleibt offen, das Happy End unwahrscheinlich.
"Auf einmal fragt mich jeder, wie es mir geht, aber die Antwort scheint sie alle zu langweilen. Eigentlich direkt nachdem sie mich ‚Wie geht’s?‘ gefragt haben werden sie anscheinend taub, obwohl doch eigentlich ich derjenige bin, der nichts mehr hört. Also auf einer Seite. Hier, auf dieser. Man erwartet von mir, dass ich eine Geschichte draus mache, aus meiner Gemütsverfassung, dass ich eine Geschichte draus mache mit einem Happy End in Sichtweite."
Nach Geschichten wird gefragt, also genau nach dieser narrativen Form, die immer schon in das Chaos des Lebens die Ordnung der Sprache einführte, nachträglich selbst disparateste Ereignisse in die schöne Logik einer Biografie, einer Lebensgeschichte bringt. Ohne Geschichten und ohne die Sprache ist die Erinnerung nicht zu ertragen. Birke aber, so schildert es das Stück des holländischen Autors zunächst als langes Solo, kann für das Erlebte keine Worte finden, seine Sprache scheitert in ihrer Funktion das individuelle Leid für andere zu verallgemeinern. Thorsten Hierse spielt den jungen NATO-Soldaten, aus dem die Worte immer wieder unvermittelt herausbrechen wie unkontrollierbares Aufschreien. Unter den rohen schwarz gestrichenen Brettern, die die Bühne im kleinen Spielraum bedecken wird später Sand sichtbar, Sand von dem der Ex-Soldat behauptet, er rinne ihm statt Blut durch die Adern.
Mit einer zweiten Figur, dem älteren Bouwman, soll das traumatische Erleben von Birkes blutigem Einsatz in Afghanistan eine historische Dimension bekommen. Vor gleißenden Scheinwerfern bauscht sich der dünne Stoff eines Fallschirms, schließlich entwindet sich ihm ein etwas selbstmitleidiger Jörg Pose und erzählt vom trojanischen Krieg, dem Urmuster und Archetyp für die abendländische Erzählung vom Krieg. Eine Erzählung, die für das Trauma und das anonyme Leid der nicht prominenten Kämpfer keine Worte hat. Außerdem ist dieser Bouwman selbst Soldat und wie sich herausstellt, Vater von Birkes gefallenem Kameraden. Auch er kann in der Normalität nicht mehr Fuß fassen. Trägt Birke an Patricks Tod eine Mitschuld? Was ist es, das nach Kriegseinsätzen die Versöhnung unmöglich macht, das Ende der unerträglichen Selbstvorwürfe? Birkes Schilderungen machen deutlich: Der Krieg ist eine Erfahrung, die den Einzelnen aus seinem gesellschaftlichen Zusammenhang herausbricht und in den Zustand absoluter Einsamkeit versetzt.
"Du weißt nicht, wo sie stecken, aber irgendwo müssen sie ja sein. Und da ist niemand, der dir hilft, du bist da, um denen zu helfen, aber keine einzige Tür steht offen und niemand wartet im Innenhof auf dich, niemand, der sagt: ‚Schön, dass du da bist. Da ist das Arschloch. Hol ihn dir. Töte ihn.‘ Da ist nur der Wind, der zärtlich mit einem weißen, gespannten Tuch spielt."
Rik von den Bos konfrontiert den Heimkehrer nicht mit seinen Mitmenschen daheim, zeigt nicht die scheiternden Versuche der Verständigung von Soldaten und Zivilisten, sondern er entwickelt mit den beiden Protagonisten ein Paralleluniversum, in dem nur noch der Krieg und seine Schrecken zählen. Für Bouwman und Birke wird er nie mehr aufhören. Seine Zerstörungen enden nicht am Tag von Waffenstillstand und Friedensvereinbarung. Birke jedenfalls, der den blutigen Einsatz nicht verarbeiten kann, zieht am Ende Bouwmans Uniform an und kehrt an den Ort der Angst zurück. Eine psychoanalytische Volte: Bewältigung des Traumas durch Rückkehr an den Ort des Schreckens. Der Ausgang bleibt offen, das Happy End unwahrscheinlich.