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Krim-Krise
Einblicke in Putins Weltsicht

Lange hat Wladimir Putin geschwiegen, nun äußerte sich der russische Präsident erstmals zum Krim-Konflikt: Truppen will er vorerst nicht in die Ukraine verlegen. Das Recht dazu behalte sich Russland aber vor. Zugleich warnte Putin vor Sanktionen gegen sein Land.

Von Gesine Dornblüth | 04.03.2014
    Wladimir Putin bei seiner Pressekonferenz.
    Wladimir Putin bei der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz. (picture alliance / dpa / Alexey Nikolsky)
    Einiges, was Wladimir Putin sagte, war geeignet, die erhitzten Gemüter ein wenig zu beruhigen. Vorerst werde er keine Truppen in die Ukraine schicken: "Bisher besteht keine Notwendigkeit. Aber es ist möglich. Wenn uns die Menschen im Osten der Ukraine um Hilfe bitten – die schriftliche Bitte des legitimen Präsidenten, Janukowitsch, haben wir schon. Dann werden wir von unserem Recht Gebrauch machen, alle Mittel zum Schutz dieser Bürger einzusetzen. Und wir halten das für völlig legitim."
    Auch das Vorgehen Russlands auf der Krim sei rechtens gewesen, so Putin. Die Uniformierten ohne Abzeichen, die dort Gebäude besetzt hätten, seien Angehörige der lokalen Selbstverteidigungskräfte gewesen: "Wir haben dort lediglich den Schutz unserer militärischen Anlagen verstärkt. Denn sie wurden ständig bedroht. Kämpfer der nationalistischen Bewegungen waren unterwegs auf die Krim. Wir haben richtig und rechtzeitig gehandelt."
    Putin erinnert an Afghanistan, Irak und Libyen
    An die Adresse seiner Kritiker unter anderem in Washington sagte Putin: "Uns wirft man oft vor, wir würden rechtswidrig handeln. Dann muss ich daran erinnern, dass die USA in Afghanistan, im Irak, in Libyen entweder ganz ohne ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates gehandelt haben - oder das Mandat verkehrt ausgelegt haben."
    Jede Drohung gegen Russland sei kontraproduktiv, sagte Putin. Wer Sanktionen verhänge, müsse an die Folgen denken. Den Schaden trügen beide Seiten davon. Angesprochen auf den Boykott des G-8-Gipfels im russischen Sotschi, reagierte er kurz angebunden: "Wir bereiten uns auf den Gipfel vor und sind bereit, unsere Kollegen zu empfangen. Wenn sie nicht kommen wollen, dann müssen sie nicht."
    Die Übergangsregierung in Kiew bezeichnete Putin erwartungsgemäß als illegitim. Und einmal mehr ließ er durchblicken, dass Russland eigentlich keinen Konflikt mit der Ukraine, sondern mit dem Westen hat. Der nämlich habe, so Putin, den Umsturz in Kiew gefördert und so das Chaos in der Ukraine verursacht: "Unsere westlichen Partner machen das nicht zum ersten Mal in der Ukraine. Ich habe manchmal den Eindruck, sie sitzen dort in Amerika zusammen wie Labormitarbeiter und machen Experimente wie mit Ratten. Ohne die Folgen abzusehen."
    Vorläufig kein Geld aus Moskau
    Gleichzeitig ließ Putin die Tür zu Gesprächen mit dem Westen offen. Nach einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es in Berlin geheißen, der russische Präsident habe der Einrichtung einer internationalen Kontaktgruppe zugestimmt. Putin dazu heute: "Ich habe gesagt, dass wir speziell ausgebildetes Personal haben, das sich kompetent mit dieser Frage auseinandersetzen und mit den deutschen Kollegen diskutieren soll. Insgesamt ist das möglich."
    Putin sprach auch über russische Finanzhilfen für die Ukraine. Im Dezember hatte Russland beschlossen, ukrainische Staatsanleihen im Wert von insgesamt 15 Mrd. US-Dollar zu erwerben. Putin sagte heute, Russland habe seine Finanzhilfen auf Bitten der internationalen Partner auf Eis gelegt. Sie hätten Russland gebeten, sich lieber an den möglichen Krediten des IWF zu beteiligen, da diese Kredite an Reformen in der Ukraine geknüpft seien. Vorläufig wird also kein Geld aus Moskau fließen. Der staatliche Gaskonzern Gazprom hat zudem gleichfalls heute angekündigt, den Preis für russische Gaslieferungen in die Ukraine von April an wieder heraufzusetzen.