Dienstag, 19. März 2024

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Krise der EU
"Europa macht es seinen Bürgern nicht leicht"

Finanzkrise, Migrationskrise, Brexit - in der EU häuften sich die Krisen, sagte der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm im Dlf. Dennoch sei nicht damit zu rechnen, dass die EU "auseinanderfliege". Denn die Zahl der Probleme, die man nicht mehr im nationalen Rahmen lösen könne, wachse.

Dieter Grimm im Gespräch mit Michael Köhler | 19.04.2019
Menschen gehen auf einem Arm mit EU-Flagge zum ausgestreckten Finger (Illustration).
Viele Europäer hätten nicht den Eindruck, sie könnten Einfluss nehmen auf die Politik der Europäischen Union, so Dieter Grimm (imago / Gary Waters )
"Ich kann mich nicht erinnern, dass sich so viele Krisen in der Europäischen Union gehäuft haben", sagt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm. Das sei schon bedenklich: Die Finanzkrise sei noch nicht gelöst, die Ursachen nach wie vor nicht beseitigt. Die Migrationskrise habe sich etwas abgeschwächt, aber auch sie sei nicht gelöst. Zum ersten Mal wolle ein wichtiges Mitglied austreten und schließlich gebe es an den Rändern der EU Staaten, die sich von der Demokratie wegbewegen.
All dies stelle eine außergewöhnlich schwierige Situation dar - dennoch müsse man nicht damit rechnen, dass die EU demnächst "auseinanderfliegt".
"Europas Reichtum ist seine Vielfalt"
Europa mache es seinen Bürgern nicht leicht, sich mit ihm zu identifizieren - viele Europäer hätten nicht den Eindruck, sie könnten Einfluss nehmen auf die Politik der Europäischen Union. Auch gebe es eine neue Rückwendung zum Nationalismus.
"Die Zahl der Probleme, die man nicht mehr im nationalen Rahmen lösen kann, wächst", sagte der Jurist. Deshalb sei es sinnvoll, dass genau diese Aufgaben nach Europa abgegeben würden, beispielsweise der Bereich der Sicherheit. Aber nicht alle Bereiche sollten in die Zuständigkeit Europas abgegeben werden: Europas Reichtum sei seine Vielfalt - die solle nicht immer weiter harmonisiert werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.