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Krisengeschüttelter Sport im Saarland
Neue Spitze für den Landessportverband

Der saarländische Landessportverband hat einen neuen Aufsichtsrat gewählt. Die Vorsitzenden sollen auch Präsident und Vizepräsidentin des Verbandes werden. Die personelle Neuaufstellung war wegen eines Millionen-Defizits und Untreue-Ermittlungen gegen die ehemalige Verbandsspitze nötig geworden.

Von Tonia Koch | 26.01.2020
Das Logo des Landessportverbandes für das Saarland.
Der Landessportverband für das Saarland hat eine neue Aufsichtsratsspitze gewählt (imago)
Ein Bergsteiger und eine Breitensportlerin mit Schwerpunkt Leichtathletik werden künftig den Landessportverband im Saarland führen. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die Delegierten für den Unternehmer Heinz König und für Margit Jungmann, die Vorsitzende des Weltverbandes der Leichtathletik-Senioren. Ihre Aufgabe wird es nun sein, den LSVS, wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen.
"Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, wieder die Stärke des Sportes herauszuarbeiten, die Gemeinsamkeit, dass wir wieder eine positive Stimmung bekommen in unserem Verband innerhalb der Sportarten", sagte Jungmann. König ergänzte: "Ich bin angetreten, weil mir am Saarsport liegt und weil ich eine Vorstellung davon habe, wie wir damit umgehen sollten."
Im vergangenen Jahr ein Sanierungsfall
Als erstes auf der Agenda steht die Bestellung zweier hauptamtlicher Vorstände, die das operative Geschäft des Verbandes führen sollen. Diese Struktur soll künftig sicherstellen, dass wirtschaftliche Erfordernisse mit sportfachlichen Notwendigkeiten in Einklang gebracht werden. Denn von wirtschaftlicher Kompetenz besaßen die früheren, ehrenamtlich tätigen Präsidiumsmitglieder, die Millionen hin- und herschoben, ganz offensichtlich zu wenig.
Noch im Frühjahr des vergangen Jahres galt der LSVS als Sanierungsfall. Daran erinnerte heute Adrian Zöhler, der amtierende Präsident des Übergangspräsidiums: "Im Mai letzten Jahres konnten wir einen lebenotwendigen Kredit über 13,9 Millionen Euro von der Bank erhalten, dieser Kredit war kein Selbstläufer."
Der Präsident des Landessportverband für das Saarland (LSVS), Adrian Zöhler
Adrian Zöhler ist übergangsweise LSVS-Präsident. (imago sportfotodienst)
Zähe Verhandlungen und harte Einschnitte waren nötig, um die Zahlungsfähigkeit der Sportorganisation zu gewährleisten. Der Verband musste sich von fast der Hälfte seiner Mitarbeiter trennen. Und mit Beginn dieses Jahres hat er auch interne Organisationsabläufe neu gefasst. Die bislang existierenden Geschäftsstellen, von denen die jeweiligen Fachverbände entweder allein oder in Gruppen unterstützt wurden, hat der LSVS aufgelöst, um Geld und Personal zu sparen. Es wurde eine Anlaufstelle geschaffen, die sich von Aerobic bis Wasserball um alles kümmern soll. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres zeichnete sich jedoch ab, dass nicht alle Sportfachverbände dieses Konzept mittragen. Sie gingen deshalb zu Hunderten auf die Straße.
Der LSVS blieb jedoch dabei und so ist auch der Ärger über die Leistungs-Kürzungen und den damit einhergehenden Kompetenzverlust in sportfachlichen Fragen geblieben. Monika Schwarz, Vizepräsidentin des saarländischen Leichtathletikbundes sagt:
"Im Deutschen Leichtathletikverband sind wir jetzt der erste und einzige Landes-Leichtathletikverband, der keine Geschäftsstelle hat, das ist ein absolutes Unding für den deutschen Verband, die brauchen Ansprechpartner."
Eine Grundform an Organisation, ausgerichtet auf die spezifischen Erfordernisse der jeweiligen Sportart, müsse gewährleitet sein, betont Schwarz: "Wir befürchten, und das ist wirklich berechtigte Furcht, dass wir den Status als Bundesstützpunkt Leichtathletik verlieren werden."
Schadenersatzansprüche gegen ehemalige Präsidiumsmitglieder?
Anfang Februar werden die Leichtathleten entscheiden, ob sie sich mit einer eigenen Geschäftsstelle neu aufstellen und damit dem Beispiel der Tischtennisspieler folgen. Werner Laub, Präsident des saarländischen Tischtennisbundes sagt:
"Wir haben gerade im Spitzenstart einen Status erreicht wo wir an Olympia denken, mit Patrick Franziska. Und deshalb war auch im Präsidium relativ schnell klar, dass wir eine eigenständige Geschäftsstelle machen, die die lebensnotwendige Kernfunktionen des Verbandes sicher stellen."
Sehr bald werden sich Aufsichtsrat und Vorstände des LSVS auch darum kümmern müssen, gegenüber ihren ehemaligen Präsidiumsmitgliedern Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Strafrechtlich ist die Sache ausgestanden. Gegen die Zahlung hoher Geldsummen, jeweils zwischen 15 und 100.000 Euro, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen eine Reihe ehemaliger Sportfunktionäre eingestellt. Aber der LSVS hat als Körperschaft des Öffentlichen Rechts nichts zu verschenken und wird seine finanziellen Ansprüche gegenüber den Betroffenen geltend machen müssen.